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Nato-Luftangriffe auf JugoslawienSagt Sorry fürs Uran!

Zwanzig Jahre nach dem Kosovokrieg kritisieren AktivistInnen den Einsatz radioaktiver Munition. Von der Regierung fordern sie Konsequenzen.

Der erste Kampfeinsatz der Bundeswehr: Dieser Tornado startete 1999 in Richtung Serbien Foto: dpa

Berlin taz | Zwanzig Jahre nach Beginn des Nato-Kriegs gegen das damalige Jugoslawien fordern Friedensorganisationen, den Einsatz von Uranmunition aufzuarbeiten. Die Internationale Koalition zur Ächtung von Uranwaffen (ICBUW) und fünf weitere Gruppen fordern in einem gemeinsamen Aufruf, dass „sich die Nato und einzelne Nato-Staaten zu ihrer politischen und humanitären Verantwortung für die DU-Verwüstung bekennen“. DU ist die Abkürzung für „depleted uranium“, abgereichertes Uran also.

Ab März 1999 flogen die Nato-Staaten zehn Wochen lang Luftangriffe auf Jugoslawien, um Menschenrechtsverletzungen gegen die albanische Bevölkerung im Kosovo zu stoppen. Auch die Bundeswehr beteiligte sich an den Bombardements. Während die deutsche Luftwaffe konventionelle Munition verwendete, setzen die Nato-Alliierten insgesamt zehn Tonnen Uranmunition ein.

Der Vorteil dieser Munition ist ihre Durchschlagskraft. Wegen der hohen Dichte des abgereicherten Urans kann sie außergewöhnlich tief in Panzerung eindringen. Die Munition ist aber umstritten: Verschiedene Studien legen nahe, dass sie langfristig die Gesundheit der Bevölkerung in betroffenen Region gefährdet. Serbische MedizinerInnen geben an, dass seit dem Krieg deutlich mehr Menschen im Land an Krebs erkrankten als zuvor. Eindeutig nachgewiesen ist der Zusammenhang zwischen Uranmunition und Krankheiten allerdings nicht.

Trotzdem fordern die Friedensorganisationen Konsequenzen. „Die Nato hat das Vorsorgeprinzip missachtet: Wenn unsicher ist, ob beim Einsatz der Munition langfristige Schäden möglich sind, sollte man ihn unterlassen“, sagte ICBUW-Sprecher Manfred Mohr. Seine Organisation fordert die Bundesregierung auf, UN-Resolutionen gegen Uranmunition zu unterstützen, statt sich wie bisher zu enthalten. In betroffenen Regionen solle Deutschland medizinisch helfen und die Dekontaminierung unterstützen.

Aus dem Auswärtigen Amt heißt es, die Bundesregierung habe die letzte UN-Resolution gegen Uranmunition nicht unterstützt, da diese den Forschungsstand nicht ausreichend widerspiegle. Studien internationaler Organisationen, die keine eindeutigen Belege für die Gesundheitsgefährdung erbrachten, seien nicht angemessen berücksichtigt. Ein Sprecher verwies zudem auf das deutsche Engagement in der Konfliktnachsorge auf dem Balkan. Dazu gehöre Hilfe bei der Zerstörung konventioneller Munition sowie der Räumung von Landminen und Blindgängern.

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10 Kommentare

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  • Ich erinnere mich, dass die TAZ zu den journalistischen Unterstützungsbataillonen des Angriffskrieges gehörten. Insofern wäre es so etwas wie aktive Reue, wenn Sie sich des Themas intensiver annehmen würden.

  • Die Folgen für die Zivilbevölkerung sind sicher richtig geschildert. Aber leider sind die Kriegsfolgen immer von denen zu tragen. Gewissenlose Politiker, Generäle und deren Lakaien und andere Profiteure kommen nie für die Folgen auf.

    Eine andere Frage ist die Berechtigung für die Teilnahme an diesem Angriff auf eine äußerst aggressive und menschenverachtende Politik auf dem Balkan. Im Endeffekt haben die NATO-Angriffe deutlich mehr Leben gerettet als sie auch in der Folge an Opfern gekostet haben. Oder haben die Kritiker schon die Genozide dort vergessen? Dürfen wir die damaligen Alliierten des Zweiten Weltkrieges dafür verantwortlich machen, dass sie mit aller Macht (und manchmal mit von gerechtem Zorn motiviert) das widerliche Nazitum endlich beendet haben?Sicher haben sie manchmal zu nicht ganz gerechtfertigten Mitteln gegriffen ... Glücklicherweise gab es damals noch keine sog. angereicherten Geschosse!

  • Welcher noch gesunde Menschenverstand benötigt erst eine Studie um zu verstehen, dass Munition mit abgereichertem Uran gefährlich ist? Es ist eine perverse Art um Atommüll loszuwerden.

  • DEUTSCHLAND UND BESONDERS DEUTSCHLAND und die NATO sollten Sorry sagen für den völkerrechtswidrigen Krieg. Es geht nicht nur um das "Uran"! Es geht darum, dass Deutschland an einem völkerrechtswidrigen Krieg teilgenommen hat. Die NATO, und dabei ganz vorne dabei Deutschland, griff die Bundesrepublik Jugoslawien an, ohne dafür ein UN-Mandat zu haben..Dafür heißt es SORRY-Sagen!

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @Wilfried Bergmann:

      Und haben einen weiteren Völkermord verhindert. Völkermord ist schlimmer als Krieg und um ihn zu verhindern/beenden ist Gewalteinsatz legitim.

      • @83379 (Profil gelöscht):

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        • 8G
          83379 (Profil gelöscht)
          @Schöneberg:

          Achso nachdem die Serben sich durch Bosnien geschlachtet hatten sollte man ihnen noch das Schicksal der Kosovaren anvertrauen. Nur weil der Hufeisenplan falsch war heißt das nicht, dass es im Kosovo keine Massaker gegeben hätte. Das Uranmunition wirklich so schädlich ist ist nie abschließend geklärt worden, ich habe meine Zweifel, weil die Missbildungen genauso gut durch Vergiftung des Grundwassers und Bodens durch konventionelle Munition erklärt werden kann. Letztlich läge dann die Verantwortung dafür trotzdem bei der serbischen Führung, die diesen Krieg gegen die nicht serbischen Minderheiten gestartet hat. Ich mache ja auch nicht die Briten für Dresden verantwortlich sondern die Nazi-Führung.

  • 8G
    83421 (Profil gelöscht)

    Warum werden die Studien nicht benannt? Wenig glaubwuerdig, das Uran ist nicht an- sondern abgereichert.

    • @83421 (Profil gelöscht):

      Atmen Sie mal den Staub dieser Geschosse kräftig ein. Ich glaube danach ist Ihnen herzliches egal, ob das Gift nun an- oder abgereichert ist.

      • @Schöneberg:

        *ist es Ihnen herzlich egal