UN-Resolution gegen Uranmunition: Deutschland sind die Risiken egal
Ob Uranmunition Krankheiten verursacht, ist umstritten. Einer UN-Resolution, die neue Studien dazu fordert, stimmte Deutschland nicht zu.
Ist das nicht ein bisschen schwach für eine Bundesregierung, die die Abrüstung im Koalitionsvertrag als „prioritäres Ziel deutscher Außenpolitik“ bezeichnet? Oder hatte sie für ihre Enthaltung vielleicht doch gute Gründe?
Uranmunition eignet sich hervorragend zur Bekämpfung von gepanzerten Fahrzeugen. Das abgereicherte Uran, aus dem die Munition besteht, hat eine sehr hohe Dichte und kann schon deshalb tief in Panzerungen eindringen. Der Uranstaub, der sich dabei bildet, entzündet sich bei Kontakt mit der Luft automatisch, so dass die Ziele nach dem Einschuss oft explodieren.
Die Bundeswehr hat keine Uranwaffenvorräte, 21 andere Staaten dagegen schon, darunter die USA, Russland und Ägypten. Eingesetzt wurde Uranmunition unter anderem im Kosovokrieg und im Irakkrieg. Auch im Kampf gegen den IS in Syrien haben die USA die Munition bereits eingesetzt. Dabei sind die Folgen für Umwelt und Menschen unklar. Viele Experten befürchten langfristige Gesundheitsschäden.
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Agnieszka Brugger hat die Bundesregierung gefragt, warum sie die Resolution trotzdem nicht unterstützt hat. In der Antwort auf die parlamentarische Frage verweist das Auswärtige Amt jetzt auf den Forschungsstand: Studien unter anderem im Auftrag der UN, der Nato und der EU hätten keine Belege dafür erbracht, dass die Munition Krankheiten verursache. Sie hätten vielmehr ergeben, dass „Rückstände abgereicherten Urans in der Umwelt kein radiologisches Risiko für die Bevölkerung vor Ort darstellen“.
Tatsächlich ist umstritten, wie riskant Uranmunition ist. Kritiker verweisen auf die Radioaktivität und die chemische Giftigkeit des Urans. Eine Studie zu Krankheiten unter britischen Golfkriegsveteranen nennt Uranwaffen als möglichen Auslöser. Eine andere Studie belegt, dass im irakischen Falludscha die Krebsrate stieg, nachdem in der Region Uranwaffen eingesetzt wurden. Eindeutige Beweise für den Zusammenhang zwischen Munition und Krankheiten gibt es aber nicht.
In der UN-Resolution wird das aber auch gar nicht behauptet. In der Präambel wird sogar explizit auf den unsicheren Forschungsstand verwiesen. Anschließend werden die Mitgliedsstaaten aufgefordert, weitere Studien zum Thema zu fördern und Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Sie sollen beispielsweise mitteilen, wo genau sie in der Vergangenheit Uranmunition eingesetzt haben, damit mögliche Umweltbelastungen gemessen werden können.
Dem wollte die Bundesregierung aber nicht zustimmen. Die Grünen-Abgeordnete Brugger kritisiert das. „Es ist eben nicht zweifelsfrei ausgeräumt, dass durch Uranmunition keine bleibenden Schäden für Mensch und Umwelt entstehen“, sagt sie. „Im Sinne des Vorsorgeprinzips sollte die Bundesregierung mit der Mehrheit der anderen Staaten stimmen, um möglichen Risiken zu begegnen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen