Nationales Luftreinhalteprogramm: Kein Plan für saubere Luft
Die Bundesregierung muss ihr Programm für gesündere Luft nachschärfen. Ein Erfolg für die Umwelthilfe, die geklagt hatte. Der Bund will sich wehren.
Die Regierung habe das Programm mit veralteten Daten unterlegt, bemängelten die Richter. So müsse etwa der Stopp der Kaufprämien für E-Autos, die Änderungen an der EU-Abgasrichtlinie Euro 7 sowie die weitere Genehmigung für Holzpellet-Heizungen berücksichtigt werden – diese Änderungen erhöhen den Ausstoß von Schadstoffen. „Ausgehend von diesen Prognosefehlern ist die Bundesregierung zu einer entsprechenden Änderung des Luftreinhalteprogramms verpflichtet“, so das Gericht.
Jürgen Resch, DUH-Geschäftsführer
Das Umweltministerium wollte daraus allerdings keine Pflicht zu verschärften Vorgaben zur Luftqualität herauslesen. „Eine Nichteinhaltung der europäischen Reduktionspflichten wurde nicht festgestellt und zusätzliche Maßnahmen wurden ebenfalls nicht verlangt“, erklärte eine Sprecherin. Das Gericht ließ eine Berufung vor dem Bundesverwaltungsgericht zu.
DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch widersprach: Die Auflistung der Mängel und Unsicherheiten in den Prognosen, zu denen auch der für 2030 angepeilte Kohleausstieg gehört, zwinge die Regierung zu Nachschärfungen. „Das ist ein großer Tag für saubere Luft in Deutschland“, sagte Resch. Erstmals sei die Regierung für ihre zu schwachen Maßnahmen verurteilt worden. „Die Versprechungen sind Schall und Rauch“. Resch forderte erneut ein Tempolimit, um die Emissionen zu begrenzen.
Feinstaub aus Industrie, Pkw-Kraftstoff und Reifenabrieb
Die EU-Richtlinie verlangt von den Staaten konkrete Vorgaben für einen geringeren Ausstoß an Schadstoffen. Dabei geht es um Ammoniak, Schwefel- und Stickoxide sowie Feinstaub. Die Richtlinie sieht für jeden Schadstoff prozentuale Reduzierungen bis 2030 im Vergleich zu 2005 vor. Allein durch Feinstaub starben laut Europäischer Umweltagentur (EEA) 2021 in Deutschland rund 68.000 Menschen vorzeitig.
Feinstaub entsteht durch Industrieprozesse, aber auch durch Diesel- und Benzin-Pkw sowie Reifenabrieb. Die Richtlinie hatte Deutschland verpflichtet, alle vier Jahre Luftreinhalte-Pläne zu erarbeiten, um die Schadstoffe gemäß der EU-Vorgaben zu reduzieren. Bereits gegen den Plan von 2019 hatte die DUH geklagt, da er unzureichend sei. Ein zweiter Plan wurde erst im Mai von der Regierung vorgelegt.
Zurückgewiesen hat das Gericht Forderungen der DUH, nach denen die Regierung einen Reduktionspfad von 2025 bis 2029 mit stetig verschärften Grenzwerten vorlegen müsse.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin