Nationaler Diskriminierungsmonitor: Rassismus erhöht Armutsrisiko
Von Rassismus betroffene Menschen haben laut einer Studie ein höheres Armutsrisiko – auch bei einem hohen Bildungsabschluss oder Vollzeitarbeit.
Der Monitor wird seit 2020 vom Bundestag finanziert, um die Forschung zu Rassismus in Deutschland zu institutionalisieren. Ein Bericht zu Diskriminierung im Gesundheitswesen erschien im Herbst 2023. Der Monitor wird vom Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) durchgeführt.
Die Autor:innen untersuchten verschiedene Merkmale, die Einfluss auf die Armutsgefährdung haben können, wie Bildungs- und Arbeitsmarktchancen sowie Gesundheitszustand und Wohnsituation. Erhoben wurden die Daten von 13.000 Personen. Die Einordnung als asiatische, muslimische und Schwarze Person erfolgte als Selbstidentifikation der Befragten.
Als armutsgefährdet gilt, wer weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens in Deutschland zur Verfügung hat. Diese Armutsgefährdung liegt bei Frauen, die nicht rassistisch markiert sind, bei 10 Prozent und bei Männern bei 9 Prozent. Rassistisch markiert bedeutet, dass sich die Personen als Schwarz, muslimisch oder asiatisch identifiziert haben. Bei muslimischen Personen ist sie fast vierfach höher: Bei muslimischen Frauen sind es 38 Prozent und bei Männern 41 Prozent.
Hoher Bildungsabschluss schützt nur bedingt
Wenn eine Person in Vollzeit arbeitet oder einen hohen Bildungsabschluss hat, verringert sich das Armutsrisiko. Es liegt bei rassistisch markierten Personen aber trotzdem deutlich höher. Zerrin Salikutluk, Leiterin des Monitors, sieht hier Handlungsbedarf: „Qualifikationen, die im Ausland erworben wurden, müssen in Deutschland besser anerkannt werden.“
Der Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft senkt laut der Studie das Armutsrisiko. Laut dem Monitor sind Schwarze Menschen zu 37 Prozent armutsgefährdet, wenn sie keinen deutschen Pass haben. Im Vergleich betrifft dies 17 Prozent der Schwarzen Frauen und 18 Prozent der Schwarzen Männer, wenn sie die deutsche Staatsbürgerschaft haben.
Der Bericht fordert auch politische Konsequenzen ein. „Obwohl die Armuts- und Reichtumsanalysen der Bundesregierung den Faktor Migrationshintergrund berücksichtigen, spielte die Bedeutung von Rassismus für das Armutsrisiko bisher keine Rolle“, heißt es dort.
Die Studie ist als Langzeitstudie angelegt. Sie will immer wieder untersuchen, wie sich die Armutsgefährdung von rassistisch markierten Menschen in Deutschland verändert. „Rassismus muss als Variable in alle Forschungsberichte zu Armut aufgenommen werden“, forderte Naika Foroutan, Direktorin des DeZIM.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
James Bond
Schluss mit Empfindsamkeit und Selbstzweifeln!
Nachhaltige Elektronik
Ein blauer Engel für die faire Maus