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Namibias erste PräsidentinNamibias Neue: Ndemupelila Netumbo Nandi-Ndaitwah

Erstmals ist in Namibia eine Frau an die Staatsspitze gewählt worden: Netumbo Nandi-Ndaitwah setzte sich in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl durch.

Namibias neue Präsidentin Netumbo Nandi-Ndaitwah Foto: Maksim Konstantinov/imago

Berlin/Windhoek taz | In Namibia hat Netumbo Nandi-Ndaitwah als erste Frau eine Präsidentschaftswahl gewonnen und damit Geschichte geschrieben. Die Spitzenkandidatin der seit der Unabhängigkeit 1990 regierenden South West Africa People’s Organisation (Swapo) hat laut dem amtlichen Ergebnis 638.560 Stimmen bekommen, 57,3 Prozent. Schönheitsfehler: Die Opposition erkennt die Wahl nicht an, nachdem sie Unregelmäßigkeiten bei der Stimmabgabe und -auszählung bemängelt hat, und zieht jetzt vor Gericht.

So ist die Wahlsiegerin bereits politisch geschwächt, bevor sie ihr Amt überhaupt aufnehmen kann. Nach ihrem Wahlsieg sagte Nandi-Ndaitwah in der Zentrale der Wahlkommission: „Ich möchte dem namibischen Volk danken, dass es der Swapo wieder einmal Vertrauen geschenkt hat, um weiterhin Führung zu bieten.“

Die 72-jährige Ndemupelila Natumbo Nandi-Ndaitwah, wie sie mit vollem Namen heißt, gehört zur alten Garde der Swapo. Geboren wurde sie am 29. Oktober 1952 in dem kleinen Dorf Onamutai im äußersten Norden Namibias als Tochter des anglikanischen Pfarrers – das 9. von 13 Kindern, in einer Zeit, als die weiße Herrschaft unter dem Besatzungsregime Apartheid-Südafrikas absolut war. Später durften die Bewohner des dicht besiedelten bäuerlichen Ovambolandes an der Grenze zu Angola, in dem sich Onamutai befindet, die Großfarmen im Besitz von teils deutschstämmigen Weißen nicht mehr betreten außer zu Arbeitszwecken. Die Erfahrung, Fremde im eigenen Land zu sein, hat sie wie die meisten Angehörigen der namibischen Ovambo für ihr Leben geprägt.

Die Fremde im eigenen Land

Ihr Aufstieg in der im Ovamboland entstandenen Swapo war vorprogrammiert. Sie schloss sich der 1960 gegründeten Befreiungsbewegung schon 1966 an, als die ersten bewaffneten Auseinandersetzungen mit Südafrikas Armee begannen. Da war sie erst 13 Jahre alt. Die lokalen Swapo-Kader trafen sich beim Pfarrer, weil er schattenspendende Bäume im Garten hatte.

Wenige Jahre später war die junge Miss Nandi Lehrerin an der St. Mary’s Mission School in der Kleinstadt Odibo, einer veritablen Kaderschmiede für die Swapo sowie für schwarze Geistliche. Sie stieg in der Swapo-Jugendorganisation auf und landete 1973 in Haft, und nach der Freilassung ging sie ins Exil – eine Zeit der Wanderjahre, wie sie so gut wie alle schwarzen Aktivisten aus Namibia und Südafrika in jener Zeit erlebten, sofern sie nicht hinter Gitter saßen.

Es folgten für Nandi ein Studienjahr in der Sowjetunion und Swapo-Vertretungsämter in Sambia und Tansania. Dort heiratete sie 1983 den späteren Guerillaanführer Epaphras Ndaitwah. Daher der Doppelname, der bis heute bleibt – und eine Doppelkarriere. Sie stieg nach der Unabhängigkeit Namibias 1990 in der Politik auf, er im Militär. Sie bekleidete diverse Ministerämter bis zur Außen- und Vizepremierministerin; er stieg im Militär auf und wurde sogar Armeechef. Er ist dieses Jahr in Rente gegangen, sie wurde nach dem Tod von Präsident Hage Geingob im Februar zur Swapo-Spitzenkandidatin für die nächsten Wahlen gekürt.

Es ist eine Laufbahn wie aus dem Bilderbuch einer Befreiungsbewegung, und manche in Namibia fürchten, die Swapo betreibe damit mehr Traditionspflege, als sich den Herausforderungen der Zukunft zuzuwenden. Einen Generationswechsel stellt ihre Wahl wahrlich nicht dar. Aber wie ihr bewusst einfach gehaltenes Siegesvideo vom Mittwoch unterstreicht: Kaum jemand scheint für diese Traditionspflege geeigneter zu sein als die unprätentiöse „NNN“.

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4 Kommentare

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  • Unsere Außenministerin hatte für ihre Amtszeit Feministische Außenpolitik versprochen. Nun könnte sie Namibia einen Besuch abstatten, um Frau Nandi zu beglückwünschen. Einfach mal feiern, dass in einer scheinbar politisch immer rückwärtsgewandteren Welt Frauen nicht notwendigerweise unter die Räder kommen, sondern immer noch in Ämter und Würden. Und gerade auch die Beziehungen zu diesem Land gehören gepflegt.

    • @Uwe Kulick:

      Die Regierung Namibias sind leider zwar nicht die Bösen, aber schon nahe dran, kommen sie doch aus der Mehrheitsbevölkerung und Establishment.

      • @FancyBeard:

        Ovambo stellen in Namibia mehr als 50% der Bevölkerung - problematisch daran ist lediglich deren enge politische Verzahnung mit der regierenden SWAPO bzw. die Ovambo garantierten der SWAPO seit der Unabhängigkeit 1990 immer deren Mehrheit. Man kann somit sicher von einer Ethnisierung des politischen Systems Namibias sprechen, das wird von den Oppositionsparteien dort ja auch kritisiert - u.a. spielt dabei der Konflikt um die deutschen Entschädigungszahlungen für die an den namibischen Minderheitenethnien der Herero und Nama verübten Genozid eine Rolle.



        Aber was bitte soll DARAN jetzt „böse“ oder schon „nahe dran“ sein? Könnte es nicht auch sein, dass das bewusste Nichtverstehen traditioneller afrikanischer Konzepte von Ethnizität und Demokratie einem eurozentrischem bzw. postkolonialem Diskurs entspringen?



        Mir ist dabei klar, dass ich mich mit solchen Fragen auf einem schmalen Brett befinde - und was wir mit Blick auf Namibia noch relativ unbefangen diskutieren können, können wir im Fall des Sudan beispielsweise nicht.

        • @Abdurchdiemitte:

          Ich bin total bei Ihnen, nehmen Sie meinen Kommentar bitte nicht zu ernst. Das sollte eine Überspitzung der Kritik an der Zusammenarbeit mit demokratisch gewählten Regierungen abseits der westlichen Welt durch Vertreter der "feministischen" Außenpolitik sein. Ernst meinte ich aber, dass feministische Außenpolitik sich selber als Außenpolitik für "Marginalisierte" betrachtet und nicht als Außenpolitik für Frauen. In der Szene verwendet man das Wort "Schwarz" im Bezug auf Menschen ja auch gerne mal ohne das die entsprechenden Leute auch schwarze Hautfarbe haben.