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NahostkonfliktRingen um Gaza und Geiseln

Israelische Opferfamilien fordern eine staatliche Untersuchung des 7. Oktobers. Arabische Länder präsentieren einen Gaza-Plan.

Fastenbrechen in Rafah, während Donald Trump davon träumt, den Gazastreifen in eine „Riviera des Nahen Ostens“ zu verwandeln Foto: Abdel Kareem Hana/ap

Berlin taz | Es sind unwürdige Szenen, die sich am Montagabend in der Knesset in Jerusalem abspielen. Israelische Sicherheitsangestellte schlagen auf Familienangehörige von Geiseln und auf Hinterbliebene von Opfern des 7. Oktober ein. Auf einem Video ist zu sehen, wie ein Wachmann einen Mann zu Boden ringt und ihn mit dem Unterarm an der Kehle des Mannes zur Seite zieht.

Die Familienangehörigen wollten an einer von der Opposition angestoßenen Debatte über die Aufarbeitung des 7. Oktobers teilnehmen und dabei ihre Forderung nach einer staatlichen Untersuchungskommission des schwarzen Tages vertreten. Daran wurden sie zunächst mit Gewalt gehindert. Schon lange fordert ein großer Teil der israelischen Zivilbevölkerung eine unabhängige Untersuchung zum 7. Oktober in Form einer staatlichen Untersuchungskommission. Netanjahu hat bisher eine solche Untersuchung verhindert. Sie könnte ihm, so Analyst*innen, großen Schaden zufügen.

Die Familienmitglieder von Geiseln und am 7. Oktober Getöteten wurden schließlich doch auf die Tribüne gelassen. Während Netanjahus Rede drehten sie dem Premier den Rücken zu, andere hielten Fotos ihrer Angehörigen hoch. Neben einer staatlichen Untersuchungskommission fordern sie die Rückkehr aller Geiseln.

Für die meisten von ihnen ist klar, dass Letzteres nur gelingen kann, wenn die Verhandlungen über die zweite Phase des Waffenstillstandsabkommens aufgenommen werden. Netanjahu blockiert dies bislang. Diese schwierig zu verhandelnde Phase sah ursprünglich einen vollständigen Rückzug der israelischen Truppen aus Gaza und im Gegenzug die Freilassung der 59 noch in Gaza verbliebenen Geiseln vor, 32 von ihnen hat Israel bereits für tot erklärt.

Netanjahu blockiert bislang

Um auf eine Aufnahme der Verhandlungen zu drängen und einen Vorschlag für die Zukunft Gazas vorzulegen, treffen sich am Dienstag arabische Länder auf einem Gipfel in Kairo. Dabei wollen sie auch einen Gegenvorschlag zu US-Präsident Donald Trumps Gaza-Riviera-Plan vorstellen, der in großen Teilen der Welt für Entsetzen gesorgt hat.

Ein Entwurf des ägyptischen Alternativplans, der zuvor kursierte, aber nicht offiziell bestätigt ist, sieht vor, dass die Hamas entmachtet wird und übergangsweise Gremien aus arabischen, muslimischen und westlichen Staaten den Gazastreifen kontrollieren.

Die große Frage ist, wie die Hamas und Netanjahu auf den Vorschlag aus Kairo reagieren werden und welche Position US-Präsident Donald Trump dazu bezieht. Der Druck durch die Geiselfamilien allein wird kaum ausreichen, um Netanjahu zum Einlenken zu bewegen; viele seiner Koalitionspartner streben die Besiedlung Gazas an. Um den Druck auf die Hamas zu erhöhen, hat Israel Hilfstransporte für den zerstörten Küstenstreifen gestoppt. Netanjahus Sprecher, Omer Dostri, sagte am Dienstagmorgen im Armeeradio, Israel gebe den Vermittlern und der Hamas noch einige Tage Zeit. Dann werde in Betracht gezogen, die Kämpfe im Gazastreifen wieder aufzunehmen.

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