Nächste Runde in der Gerechtigkeitsdebatte: Managerknete ist kaum zu deckeln
Die Gehälter von Managern zu begrenzen, ist so gut wie unmöglich. Die SPD tut ihr Bestes. Steuerexperten sehen die Vorhaben der Sozialdemokraten jedoch kritisch.
Sechzig Millionen Euro soll Porsche-Chef Wendelin Wiedeking im vergangenen Jahr verdient haben. Das ist 1.000-mal so viel wie das Durchschnittseinkommen in der Autoindustrie. Der Staat zahlt bei Wiedeking kräftig mit. Ein Viertel seines Gehalts - rund 15 Millionen Euro - haben die deutschen Steuerzahler finanziert. Denn Unternehmen können gezahlte Gehälter steuerlich unbegrenzt als Betriebsausgaben absetzen. Das will die SPD nun ändern - und so indirekt die Gehälter von Topmanagern begrenzen.
Am Montag stimmte das SPD-Präsidium einstimmig den Eckpunkten einer SPD-Arbeitsgruppe zu, die Vorschläge zur Begrenzung von Managergehältern ausgearbeitet hat. "Wir wollen die Gesetze so konkretisieren, dass die Bezahlung von Managern angemessener und transparenter wird als bisher", erläuterte Joachim Poß, SPD-Fraktionsvize im Bundestag. Topmanager in England und Deutschland verdienen europaweit am meisten, hat die Beratungsfirma Kienbaum ermittelt. Die SPD will nun im Einkommensteuergesetz eine Obergrenze festlegen, bis zu der ein Unternehmen Vorstandsgehälter und Abfindungen geltend machen kann: Maximal eine Million Euro jährlich sollen demnach pro Manager als Betriebsausgaben absetzbar sein. Alles, was darüber hinausgeht, sollen Unternehmen nur noch zur Hälfte gewinnmindernd anrechnen dürfen.
Steuerexperten sehen das SPD-Vorhaben jedoch kritisch. "Der Vorschlag, Vorstandsgehälter auf diese Weise zu begrenzen, ist völlig untauglich", sagte Johanna Hey, Direktorin des Instituts für Steuerrecht an der Universität Köln, der taz. Eine Sonderbehandlung für Vorstandsgehälter passe nicht ins Steuersystem und sei nicht verfassungskonform. "Der Vorschlag bestraft letztlich die Aktionäre eines Unternehmens, die man ja eigentlich schützen will."
Auch Stefan Bach, Finanzexperte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, übt Kritik: "Steuersystematisch ist es sehr schwierig, wo man da die Grenzen zieht", sagte Bach der taz. Beide Experten finden es wirksamer, die Aktionärsrechte zu stärken, um ausufernde Managergehälter zu begrenzen - so wie es zurzeit in den USA geschieht. Im US-Kongress wird jetzt ein Gesetz verhandelt, dass Aktionären künftig Mitsprache bei Managerbezügen garantiert. Der Druck von Aktionären hat inzwischen dafür gesorgt, dass in 100 Aktiengesellschaften darüber abgestimmt wird, ob die Hauptversammlungen die Gehälter ihres Toppersonals begrenzen - so wie es bereits beim Computerhersteller Apple geschieht.
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