Nächste Runde im Partygate: Es wird weiter gefeiert
Eine Woche nach Ende der Untersuchung zu Feiern im britischen Regierungssitz im Corona-Lockdown reißt ein Foto neue Wunden.
Die Fotos entstanden auf einer Abschiedsparty von Boris Johnsons damaligem Kommunikationschef am 13. November 2020. Zu dieser Zeit durften sich nach Pandemievorschfriften nur zwei Menschen aus verschiedenen Haushalten in Innenräumen treffen. Dass es diese Abschiedsfeier gab, ist seit langem bekannt – die Fotos davon aber sind neu. Jetzt hat sie der Fernsehsender ITV veröffentlicht – und schon stehen neue Fragen zu den Feiern im britischen Regierungsviertel während des Lockdowns im Raum. Partygate ist wieder da.
Eine umgerechnet eine halbe Million Euro teure polizeiliche Untersuchung zum Thema Partygate wurde erst letzte Woche abgeschlossen. Ihr Endresultat: 126 nachträglich verhängte Bußgeldstrafen an 83 Personen wegen der Teilnahme an acht verschiedenen Feiern. Die Veröffentlichung der vollständigen Ergebnisse des hintergründigen Untersuchungsberichts durch die hochgestellte Beamtin Sue Gray mit weiteren Einzelheiten steht unmittelbar bevor.
Boris Johnson hatte für eine andere Party, seine Geburtstagsfeier am 19. Juni 2020, ein Bußgeld erhalten, nicht aber für jene am 13. November des gleichen Jahres. Oppositionskräfte verlangen nun Antworten von der Polizei, denn mindestens eine andere Person, die auf der Feier im November zugegen war, hatte ein Bußgeld zahlen müssen. Die stellvertretende Parteichefin der Liberaldemokrat:innen, Daisy Cooper, schrieb noch am Montagabend dem Geschäftsführer der unabhängigen Aufsichtsbehörde der Polizei (IOPC).
Johnson hatte den Umtrunk für ein Arbeitstreffen gehalten
Obendrein war Johnson im Parlament im Dezember letzten Jahres direkt zu Feiern am 13. November befragt worden. Seine Antwort lautete, es habe keine Feiern gegeben. Die Fotos beweisen das Gegenteil. Eine solche Falschaussage bedeutet nach den losen Verhaltensregeln des britischen Parlaments eigentlich den Rücktritt.
Johnsons Ausrede bisher war, dass er dachte, dass diese Treffen als Arbeitstreffen galten. Damit definiert er allem Anschein nach Feiern mit Alkohol in Büroräumen der Regierung als Arbeit.
Angela Rayner, Labours stellvertretende Parteiführerin, sagte, Johnson habe Schande über sein Amt gebracht, weil er die Regeln gebrochen hat, die er selber ausgerufen hatte, „während das britische Volk zur Pandemie große Opfer auf sich nahm.“ Allerdings läuft gegen Rayner selbst gerade eine Untersuchung wegen möglichen Bruchs der Coronaregeln im vergangenen Jahr, genau wie gegen Parteichef Keir Starmer. Der verkündete bereits, er würde zurücktreten, falls ihn die Polizei für schuldig hält,
Auch auf konservativer Seite hat die Veröffentlichung der Fotos wieder zu offener Kritik an Boris Johnson geführt. In den letzten Monaten hatten sich Stimmen gegen Johnson nicht zuletzt wegen des Ukrainekriegs etwas beruhigt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Ärzteschaft in Deutschland
Die Götter in Weiß und ihre Lobby
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid