Boris Johnson und Partygate: Liefern, was das Volk verlangt
Premier Johnson will nach Partygate nicht zurücktreten und verweist auf „Prioritäten des Volkes“. Das möchte seinen Abgang.
N ach dem Untersuchungsbericht, der die Regierungsspitze für Partys am Regierungssitz während des Lockdowns verantwortlich macht, hat sich Boris Johnson wieder für Partygate entschuldigt. Er versicherte aber, er bleibe im Amt, denn er müsse „die Prioritäten des britischen Volkes“ erfüllen. Versteht denn Johnson überhaupt, was derzeit diese angeblichen Prioritäten des britischen Volkes sind?
Der Wunsch des Labourabgeordneten Tanmanjeet Singh Dhesi war es beispielsweise, während der Lockdowns seine sterbende Großmutter noch einmal zu besuchen. Im Unterhaus konfrontierte er Johnson – nicht zum ersten Mal – mit der Tatsache, dass er sich an Lockdownregeln gehalten hatte und seine Großmutter nicht ein letztes Mal sehen konnte.
Während viele ihren Angehörigen nicht auf Wiedersehen sagen konnten und die Queen zur Beerdigung Prinz Phillips allein in der Kapelle sitzen musste, veranstalteten Angestellte in 10 Downing Street Saufpartys. Diese fanden sogar jeden Freitag unter dem Kürzel WTF statt. Laut Johnson waren diese Feiern, so weit er wusste, lediglich Arbeitstreffen, auf denen er als Premier bei Gelegenheit „hart arbeitenden“ Angestellten dankte.
Nachwahlen im Juli
Noch zögern konservative Hinterbänkler:innen mit einem Urteil, das Johnsons Parteiführung beenden könnte. Spätestens weitere schlechte Ergebnisse in Wahlen könnten dies jedoch ändern. Im Juli gibt es Nachwahlen, ausgelöst, weil ein Tory Pornos in der Versammlung des House of Commons glotzte und der andere inzwischen wegen eines sexuellen Übergriffs auf einen Jungen im Knast sitzt (WTF!).
Doch wenn es um das Erfüllen von Prioritäten geht, könnte es auch schneller gehen. Laut YouGov ist der Abgang Johnsons die Priorität unter 59 Prozent aller befragten Brit:innen, und das schon seit Längerem. Jetzt muss Johnson nur noch sein Versprechen halten und liefern, was das Volk verlangt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier