Nachwuchsmangel bei Uni-Informatikern: Lukrative Jobs in der Wirtschaft
Informatik-Fachbereiche senden „Alarmsignale“ aus. Die Zahl der Studierenden steigt zwar, doch die Zahl der Promotionen nimmt ab.
Die Vorsitzende des Gremiums, Dorothea Wagner, selbst Informatikerin am Karlsruhe-Institut für Technologie, sprach bei der Präsentation des Gutachtens vor Journalisten von einem „Alarmsignal“.
Der Grund für den Rückgang ist nicht unbedingt einem Desinteresse an der Informatik-Forschung geschuldet. Vielmehr werden immer mehr „High-Potentials“ vor Abschluss ihrer wissenschaftlichen Qualifikation an der Uni von der Industrie „weggekauft“. Mit den „damit verbundenen lukrativen Angeboten“ aus der Wirtschaft, so der Wissenschaftsrat, kann der öffentliche Forschungssektor nicht mithalten. Zudem ist die Ausstattung in den Forschungslabor der Digitalfirmen häufig um Klassen besser. Auf diesen Sog-Trend aus der Wirtschaft führt der Wissenschaftsrat (WR) – das ranghöchste Beratungsgremium für die Wissenschaftspolitik von Bund und Ländern – auch die anhaltend hohe Abbrecherquote unter den Informatikstudierenden zurück.
Zwar hat sich die studentische Nachfrage nach dem Informatikstudium an den 205 Universitäten und Fachhochschulen kontinierlich erhöht. Seit 2009 ist die Zahl der Informatikstudierenden von 130.000 auf 227.000 im Wintersemester 2018/19 angewachsen, jedes Jahr um mehr als 5 Prozent.
Das Problem der Hochschulen ist der Schwund. Schon seit Längerem liegt die Abbruchquote bei den Bachelorstudierenden der Informatik an Universitäten bei 45 Prozent. An den Fachhochschulen sind es etwa 40 Prozent. Als größte Hürde werden – weil der Abbruch meist in den ersten Fachsemestern geschieht – „ungenügende Studienvorbereitung und mangelhaftes Bewältigen der Studieneinstiegsphase“ angesehen.
Eine weitere Baustelle ist die „Feminisierung“. In den zehn Jahren hat sich der Studentinnen-Anteil nur schwach, von 16 auf 21 Prozent, gesteigert. Das liegt noch unter dem Frauenanteil in den Ingenieurwissenschaften von 24 Prozent. Noch geringer war der Zuwachs auf der höchsten Uni-Ebene, den Professuren. Nur 12 Prozent sind von Frauen besetzt. Daher sollten in der Informatik nach WR-Vorschlag spezielle Förderprogramme für Frauen aufgelegt werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Sport und Krieg in der Ukraine
Helden am Ball
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Nachhaltige Elektronik
Ein blauer Engel für die faire Maus
Bodycams bei Polizei und Feuerwehr
Ungeliebte Spielzeuge