Nachwirkungen der Flutkatastrophe: NRW-CDU droht Wüsterloo
Nach dem Rücktritt von Landesumweltministerin Ursula Heinen-Esser ist Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst stark angeschlagen.
Mitte Juli 2021 hatten Starkregenfälle zu dramatischen Überschwemmungen in NRW und Rheinland-Pfalz geführt. In den beiden Bundesländern verloren mehr als 180 Menschen ihr Leben. Von Anfang an stand die schwarz-gelbe NRW-Landesregierung in der Kritik, erst die aufziehende Gefahr durch das Tief „Bernd“ nicht rechtzeitig erkannt und dann nicht adäquat reagiert zu haben. Der Düsseldorfer Landtag hat einen Untersuchungsauschuss zur Aufarbeitung eingesetzt.
Sein befremdlich wirkendes Lachen bei einem Besuch im Flutgebiet war für den damaligen Ministerpräsidenten Armin Laschet der Anfang vom Ende seiner Kanzlerambitionen. Nun könnte dessen Nachfolger Wüst über das Verhalten von Landesumweltministerin Heinen-Esser in den Katastrophentagen stolpern. Denn diese war nur kurz für eine Krisenkabinettssitzung am 16. Juli 2021 aus ihrem Feriendomizil auf Mallorca nach Düsseldorf gejettet.
Sie flog jedoch umgehend zurück – angeblich, um ihre 15-jährige Tochter und deren Freund:innen zu betreuen und deren Rückflug zu organisieren. Im Landtagsuntersuchungsausschuss räumte sie im Februar ein, „während der ersten Tage der Flutkatastrophe“ auf den Balearen gewesen zu sein. Sie habe aber „in diesen vier Tagen umfänglich meine Amtsgeschäfte wahrgenommen“.
Doch das war gepfuscht. Denn am Donnerstag musste Heinen-Esser zugeben, deutlich länger auf Malle geblieben zu sein, nämlich bis zum 25. Juli 2021. Zwei Tage vor ihrer Rückreise veranstaltete sie noch eine Geburtstagsparty für ihren Ehemann, einen wohlhabenden Rechtsanwalt und früheren Kölner CDU-Ratsherrn. An der Feier nahmen auch ihre christdemokratischen Kabinettskolleg:innen Ina Scharrenbach und Stephan Holthoff-Pförtner sowie die damalige Integrationsstaatssekretärin und heutige Bundestagsabgeordnete Serap Güler teil.
Insbesondere für Heimatministerin Scharrenbach könnte es nun ebenfalls eng werden. „In der akuten Notlage war ihr die Insel wichtiger als die Heimat“, teilt SPD-Landes- und Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty bereits kräftig aus. Man müsse „die Frage stellen, ob sie noch über die notwendige Integrität verfügt, weiter im Amt zu bleiben“. Er sei nicht dieser Meinung.
SPD-Herausforderer Kutschaty liefert sich mit CDU-Ministerpräsident Wüst bislang ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Doch das könnte sich jetzt ändern. Für Letzteren ist mit dem Rücktritt Heinen-Essers der unangenehme Fall jedenfalls noch nicht erledigt. Im Gegenteil.
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