Nachwahlen in Pennsylvania: Knappe Mehrheit für Demokraten
Trumps Besuche im „Steel-Country“ haben dem Republikaner Rick Saccone offenbar nichts gebracht. Sein Gegner Conor Lamb hat die Nase vorn.
Auf der anderen Seiten schwiegen das Weiße Haus und die Republikanische Partei hartnäckig zu dem Wahlausgang. Ihr Kandidat in Pennsylvania, Rick Saccone, der sich selbst als „Trump bevor es Trump gab“ bezeichnet, erklärte in der Wahlnacht: „Es ist noch nicht vorbei. Ich kämpfe weiter.“ Bei seinem Abgang von der Bühne lief das Stück „Not afraid“ von Eminem. Der Musiker ist ein erklärter Trump-Gegner.
In den letzten Tagen vor dem Urnengang hatte die Republikanische Partei zusätzliche zehn Millionen Dollar in den Wahlkampf in der Provinz gepumpt und zahlreiche Prominente – darunter drei Mitglieder der Familie Trump – entsandt. Präsident Donald Trump flog am Samstagabend in Pittsburgh ein.
In einer mehr als einstündigen Kampfrede in dem „Steel-Country“, in dem die meisten Stahlwerke vor vier Jahrzehnten zugemacht haben, erklärte Trump: „Der Stahl kommt zurück“. Am Montag begleitete Trump-Sohn Donald Jr. den Kandidaten Rick Saccone bei seinen letzten Auftritten vor dem Urnengang.
Saccone steht im Kontext Pennsylvanias weit rechts
Trumps Strafzölle für Stahl und die Besuche seiner Familie, sowie die Hilfe von Republikanischer Partei und großen unternehmerischen Geldgebern haben Rick Saccone nicht genutzt. Der 60-jährige Provinzpolitiker steht selbst im Kontext seines ultra-konservativen Bundesstaates weit rechts. Unter anderem hat er sich als früherer Abgeordneter in Pennsylvania dafür eingesetzt, die Gewerkschaften finanziell auszuhungern. Saccone ist auch ein Verteidiger von Foltermethoden im „Krieg gegen den Terror“.
Der 33-jährige Lamb, ein Staatsanwalt und „moderater Demokrat“, versuchte Saccone auf seinem eigenen ideologischen Terrain zu schlagen. Während Saccone sich als ehemaliger Soldat der Air Force bewarb, empfahl Lamb sich als früheres Mitglied der Marines. Während Saccone das Recht auf Schusswaffenbesitz und seine gute Benotung durch die Schusswaffenlobby NRA in die Kampagne brachte, ließ Lamb sich beim Schießen mit einem Maschinengewehr für ein Wahlkampfvideo filmen. Und während Saccone das „Recht auf Leben“ von Föten verteidigte, erklärte Lamb, er sei zwar politisch für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch, aber „persönlich“ dagegen. Auch mit den jüngsten Steuersenkungen konnte Saccone nicht gegen den Demokraten punkten, denn Lamb hält die Steuerreform für richtig.
In dem Wahlkreis, wo die Slogans gegen das „Washingtoner Establishment“ besonders gut angekommen sind und wo Trump bei den Präsidentschaftswahlen beinahe 20 Prozent Vorsprung vor Hillary Clinton hatte, ging Lamb auch auf Distanz zu seiner eigenen Parteiführung. „Ich stehe nicht hinter Nancy Pelosi“ sagte er. Pelosi ist die langjährige Fraktionschefin der Partei im Repräsentantenhaus und eine Haßfigur der RepublikanerInnen.
Die Nachwahlen in Bezirk 18 waren nötig geworden, nachdem der bisherige Abgeordnete, der Republikaner Tim Murphy, als Heuchler in die Schlagzeilen gekommen war. Öffentlich war er ein rabiater Abtreibungsgegner und Politiker für „Familienwerte“. Doch privat hatte er versucht, eine Frau, mit der er eine außereheliche Beziehung hatte, zu einer Abtreibung zu drängen.
Buhlen um die weiße Mittelschicht
Mit seinem Werben um die weißen MittelschichtwählerInnen und gegen die selbsterklärte Trump-Kopie Rick Saccone war der Demokrat Lamb erfolgreich. Denn noch vor kurzem hätte es niemand für möglich gehalten, dass es ein Demokrat in einer Trump-Hochburg auch nur in die Nähe des Republikaners schaffen könnte. Besonders gut schnitt Lamb in den Vorstädten von Pittsburgh ab. In den ländlicheren Gebieten hingegen war der Republikaner stärker.
Falls Lambs' Wahlsieg offiziell bestätigt wird, bleibt er dennoch nur bis Jahresende im Amt. Denn bei den Halbzeitwahlen wird auch in Pennsylvania neu gewählt.
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