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Nachtleben auf dem KirchentagEin Fass Bier als Absacker

Von "Kultur" bis "Arschfotos". Die Abendgestaltung auf dem evangelischen Laientreffen hat viele Facetten. Was Protestanten tun, wenn es dunkel wird in Dresden.

Nächtliches Fußbad in der Elbe: Kirchentagsteilnehmerinnen in Dresden Bild: dpa

Auf der Suche nach der Party. Ein Drittel der Kirchentagsbesucher ist jünger als 30 Jahre. Da muss doch auch nach Sonnenuntergang was gehen. Es ist Freitagnacht in Dresden und bestes Wetter. Immerhin sind hier 120.000 Menschen, fast doppelt so viele wie bei Rock am Ring. Die wollen bestimmt flirten, feiern und sächsisches Bier probieren.

Ich bin am Elbufer. Eine Gruppe Helferinnen steht vor einem Kirchentagszelt. Sie sind etwa Mitte zwanzig, reden und lachen. Bald aber wird brav ins Bett gegangen, denn sie haben: "acht Stunden gearbeitet und sind einfach zu fertig". Morgen hätten sie zwar Spätschicht, müssten dann aber bis vier Uhr morgens abbauen. In der freien Zeit würden sie sich dann noch ein paar Veranstaltungen anschauen. "Ey, ich will gleich erst mal duschen", wirft eine noch ein. Duschen und Kultur also. Vorbildlich.

Vor einem Supermarkt treffe ich zwei gut ausgestattete junge Männer. Festivalbänder ums Handgelenk, ein Fass Bier und Sangria im Arm. "Nee, wir wollen uns nicht abschießen. Wir gehen gleich zu Nina Hagen, trinken einen Absacker und dann ab ins Bett", sagt der Fassträger. Ein Fass Bier als Absacker? Na, es sei ja nicht nur für sie alleine. Christen teilen.

Es ist zu ruhig, das kann doch nicht alles gewesen sein. Ich frage eine ortskundige Freundin, wo denn hier die ganzen Menschen abends hingehen. "Du musst in die Neustadt. Da war's gestern so voll, dass sie die Bahnen umleiten mussten." Da seien auch total viele wild feiernde Leute vom Kirchentag. Alternativ, jung, hip: die Neustadt ist der Gegenentwurf zum bürgerlichen Dresden. Das klingt gut, ich fahre hin.

In der Neustadt mischen sich Besucher und Einheimische. An einer Kreuzung spielt eine Trommelcombo. Hunderte Menschen stehen herum, einige tanzen. "Ich find gut, dass es hier mal ein paar andere Leute gibt", sagt Kirchentagsbesucherin Julia aus Hamburg. Sie ist mit einem Freund unterwegs, den sie gerade auf dem "Markt der Möglichkeiten" kennen gelernt hat. "Mal schauen, was noch so geht", sagt sie und grinst zu ihm rüber.

Markt der Möglichkeiten

Halb zwei. Im Biergarten "Katys Garage" ging auf jeden Fall schon einiges. An einem Kirchentagsschild neben dem Eingang hängt ein einsamer BH. Von der Besitzerin keine Spur. Ich frage Axel, einen Altpunk, der sich gerade eine Zigarette dreht. "Die haben irgendein Trinkspiel gespielt", sagt er. Dabei müsse der BH wohl dort gelandet sein. Die neben dem Schild sitzenden Pfadfinder streiten jegliche Verbindung zu dem Wäschestück vehement ab. Sie seien nur "auf ein paar Bier hier." Auf dem Tisch stehen zehn Halbe. "Nee wirklich, so wild los wollen wir heute nicht", sie müssten schließlich morgen arbeiten.

Das Markt-der-Möglichkeiten-Paar steht knutschend an der Kreuzung. Viele haben schon deutlich mehr als "ein paar Bier" getrunken. Die Stimmung ist gut, aber kaum jemand scheint so richtig feiern zu wollen. Ich gehe an einer Fotokabine vorbei. Es drängen sich drei Kirchentagsbesucher hinein, andere stehen davor. Drinnen ruft jemand: "Kommt und jetzt Arschfotos!" Geht doch.

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8 Kommentare

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  • M
    Muse

    Was sollen die Helfer denn anderes machen als feiern? Abends mit 200 Leuten in einer Schule Fernsehn und dann um 10 ins Bett? Dann doch lieber 5 halbe trinken und dabei nett unterhalten... Und in Dresden waren nicht die Helfer das schlimmste, viel eher die ortsansässige Jugend, wobei "Arschfotos" bei denen das geringste übel sind.

  • N
    njorgorg

    @Michael

    wer jemals auf einem ganz "normalen" Festival war, wird die "Orgien" der Kirchentage wohl eher belächeln.

    Abgesehen davon ist ein Kirchentag nie rein politischer Natur, sondern eine Zusammenkunft von Gläubigen. Ich gehöre zwar nicht zu denen, die meinen, das gehöre getrennt, aber wo Christen sich treffen, steht für die meisten erstmal das Gemeinschaft erleben im Mittelpunkt.

    Und warum dann nicht Ficken für den Weltfrieden? Da könnte so mancher im letzten Jahrhundert hängen gebliebener Konservativer noch seine geistige Erlösung erfahren...

  • M
    Michael

    Also, ich als nicht-trinkender, nicht-rauchender, Drogen ablehnender, un-promiskutiver und sehr starker Agnostiker, aber wahrlich nicht langweilig lebender Mittzwanziger frage mich immer, was man bei solchen Berichten über solche Kirchentage denn bitte anderes denken soll, als dass es sich dabei um die reinsten Orgien handelt? Ist "Ficken für den Frieden" plötzlich das neue Motto der jungen Christen geworden? Entschlossenheit im Umgang mit real existierenden Problemen wie Welthunger, Frieden, Klimawandel, Homophobie, Rassismus etc. sieht da für mich doch etwas anders aus. Es wirkt eher so, als ob die Bereitschaft sich dieser Probleme auf so einem Treffen anzunehmen eher wie die Mottos der Love Parade (etwa: "One World One Future") nur als Aufhänger für ungehaltende Feierei fernab der Eltern dienen.

  • J
    JBingo

    "Immerhin sind hier 120.000 Menschen, fast doppelt so viele wie bei Rock am Ring."

     

    Soll das ein Scherz sein? Die Rechnung stimmt erst, wenn Sie noch über 60 000 Leute zum Kirchentag mobilisieren. Viel Erfolg dabei.

  • V
    vic

    Iieehh, sind die lieb.

  • R
    rick

    naja, die bahnen werden am albertplatz immer mal umgeleitet, die trommelspieler sitzen am wochenende fast täglich gegenüber vom café neustadt und ständig fallen partywütige leute am wochenende ins viertel ein und trinken nur mal zehn halbe. netter kleiner bericht aber nicht mit viel substanz und auch nicht besonders viel kirchentagshintergrund..

  • G
    grifter

    Wo ein Fass Bier geöffnet wird , da dürfte die Margot

    nicht fern sein. Prost !

  • A
    Alex (2)

    Und wieder einer dieser Beiträge, die bei mir unter die Rubrik "wtf?" fallen. Ist jemand so nett und erklärt mir, was genau dieser Artikel mir sagen will? Christen sind auch nur Menschen?