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Nachtflüge in Hannover-LangenhagenKein Ende in Sicht

Alina Götz
Kommentar von Alina Götz

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) soll sich zu weiteren Nachtflügen bekannt haben. Doch im Koalitionsvertrag steht etwas anderes.

Wo nachts geflogen wird, freuen sich Anwohnende in der Regel selten Foto: Boris Roessler/dpa

D er Geschäftsführer des Flughafens Hannover freut sich: Ein Ende der Nachtflüge sei nicht in Sicht, sagte Martin Roll der Deutschen Presse-Agentur. „Ministerpräsident Stephan Weil hat sich gerade noch einmal klar dazu bekannt, dass Hannover auch künftig der 24-Stunden-Airport des Nordens sein wird“, so Roll. Man plane also, weiter die ganze Nacht hindurch zu fliegen.

Wer den noch recht frischen niedersächsischen Koalitionsvertrag von Weils SPD und den Grünen kennt, wird da etwas stutzig. Denn darin steht: „Mit dem Flughafenbetreiber werden wir Gespräche über die Möglichkeit einer Verminderung von Nachtflügen aufnehmen.“ Diese Formulierung ist nicht besonders revolutionär, und auch nicht viel mehr als die vage Absichtserklärung: Wir prüfen das mal.

Aber sie zeigt doch eine Richtung der Koalition, eine sehr vernünftige sogar, wie eine weitere Formulierung im Vertrag ganz richtig aufzeigt: „Die klimaschädliche Wirkung des Luftverkehrs ist immens und muss maßgeblich reduziert werden.“

Nächtliche Starts und Landungen zu streichen und damit weniger Zeit insgesamt für Flugbewegungen zur Verfügung zu stellen, täte nicht nur dem Klima gut, sondern auch den An­woh­ne­r*in­nen.

In Hannover gilt im Gegensatz zu vielen anderen Standorten kein Nachtflugverbot. Es dürfen aber, wie auch in Nürnberg und Köln/Bonn, nur Flugzeuge starten, die einen gewissen Lärmwert nicht überschreiten.

Aussage ist irritierend

Die im Koalitionsvertrag zu erahnende Richtung spiegelt die zitierte Aussage von Weil leider nicht wieder. Im Gegenteil: Sie ist ein irritierendes Zeichen für Anwohner*innen, Nachtflug-Gegner*innen und Un­ter­stüt­ze­r*in­nen der Koalition. Zumindest im grünen Programm zur Wahl im vergangenen Oktober stand drin, die Nachtruhe ausweiten zu wollen. Im SPD-Programm fand sich dazu allerdings nichts.

Trotzdem haben sich beide Parteien ja darauf geeinigt, das Konzept Nachtflüge zu prüfen. Dass der Flughafen-Chef sich nun in der Öffentlichkeit brüstet und verkündet: „Zumindest der Landesvater mit seiner Richtlinienkompetenz hat sich deutlich positioniert“, ist aus Flughafen-Perspektive komplett nachvollziehbar, für die Regierung aber etwas peinlich.

Die Sprecherin von Weil konnte der taz am Dienstag zwar nicht bestätigen, ob und in welchem Kontext er diese Aussage getätigt hat. Denn Weil habe aktuell Urlaub.

So oder so sollte sich Weil nun dazu positionieren und mit seiner eigenen Partei und den Grünen klären, was genau das im Koalitionsvertrag Formulierte heißt. Und dies der Öffentlichkeit sowie dem Flughafen transparent kommunizieren – anstatt entweder erstere zu täuschen oder letztere in falscher Sicherheit zu wiegen.

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Alina Götz
Autorin
Seit 2024 freie Journalistin. Von 2019 bis 2023 erst Volontärin, dann Redakteurin und Chefin vom Dienst bei der taz Nord in Bremen. Hat mal Politik-, Kommunikations- und Medienwissenschaft sowie Komplexes Entscheiden an der Uni Bremen studiert. Schreibt gern über Verkehrs- und Klimapolitik, Sport, Justiz, Parlamentsgeschehen und Soziales.
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1 Kommentar

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  • Man muss keine Prophetin sein, um festzustellen, dass auch am Ende dieser Koalition in Hannover weiter nachts geflogen werden wird.



    Die SPD weiß aus jahrzehntelanger Regierungserfahrung, dass eine Regierung - ob nun im Bund oder im Land - nichts zu melden hat, wenn die Interessen von Kapitalisten berührt sind und schreib sowas erst garnicht mehr ins Wahlprogramm.



    Die Grünen wissen das genauso gut, haben nur noch nicht gelernt, wie sie mit den großen Sprüchen aufzuhören könnten. Noch müssen sie so tun, als wollten / könnten sie etwas verändern, um wenigstens noch von naiven Menschen als Alternative wahrgenommen zu werden. Nur so kommen sie an die ach so geliebten Regierungspöstchen und würden sogar einem AKW-Neubau zustimmen, wenn es ihrem persönlichen Wohlergehen hilft. Zu mehr taugt halt so eine Regierungsbeteiligung nicht; die Macht haben andere.