Nachruf auf Popstar Alan Rankine: Bilderstürmer und Wegbereiter

Der schottische Musiker, Produzent und Lehrer Alan Rankine ist gestorben. Mit der Band the Associates erlangte er in den frühen 1980ern Weltruhm.

Begnadeter Gitarrist: Alan Rankine mit Akustischer Gitarre, 2015

Alan Rankine im Dokumentarfilm „Big Gold Dream“, 2015 Foto: Capital Image/ddp

Zeiten des Wandels. Fotos in Popmagazinen der frühen Achtziger vermitteln den Eindruck, dass um 1960 viele Kinder das Licht der Welt erblickten, die einfach zu hübsch waren, um ihre Liebe zur Musik mit zottelig langen Haaren und in schluffigen Späthippie-Klamotten zu verschwenden.

Der 1958 in der schottischen Kleinstadt Bridge of Allan geborene Alan Rankine glänzte zunächst als Tennisspieler, dann hinderte ihn Lampenfieber an der Teilnahme am Wimbledon Junioren-Turnier und bald tauschte er den Schläger gegen die Gitarre, wohlgemerkt fern davon, ein Poser zu sein.

Bereits als Jugendlicher beeindruckte Rankine mit seinen instrumentalen Fähigkeiten und verdiente Geld in Bands der Cabaretszene. Auf der Suche nach einem neuen Sänger erinnerte sich Rankine an einen Typen, den er zuvor singen gehört hatte: den Glasgower Billy MacKenzie.

Erstmal die Matte ab

Alan Rankine war von dessen Stimm­umfang und seinem Auftreten beeindruckt, bald machten sie gemeinsam Musik. Doch um etwas wirklich Neues zu gestalten, musste sich Rankine in einer Nacht die Haare schneiden lassen, während Hippie-Hasser MacKenzie seinen Fellmantel zerstörte.

Und ja: Nun sah auch er aus wie ein Vogue-Covermodel. Ihre Band The Asscociates legte ab 1979 verzerrte Gitarrenklänge über Synthesizer-Flächen, Rankine schuf treibende Rhythmen wie auch vertrackte Songstrukturen. Nur er vermochte MacKenzies Operettenstimme angemessen zu inszenieren, und beide entwickelten eine Pop-Dramatik, welche ihnen 1982 mit der Mini-Oper „Party fears two“ über den Niedergang eines Partyschrecks einen Top-Ten-Hit bescherte. Nach zwei weiteren, sich gut verkaufenden Singles und dem im letzten Jahr in einer opulenten Edition wiederveröffentlichten Album „Sulk“ gingen die beiden getrennte Wege.

Wie andere aus der umtriebigen, von Bands wie Aztec Camera und Orange Juice geprägten schottischen Popzene der frühen Achtziger, zog es Alan Rankine in die kreative Parallelwelt des belgischen Labels Les Disques du Crépuscule: In Brüssel spielte er mit Pleasure Ground zwei elegant euphorische Singles ein, produzierte Paul Haig und den US-Künstler Winston Tong und „außer Haus“ die Cocteau Twins.

Introvertiert und cool

Er spielte in der Band der ebenfalls so introvertiert cool wirkenden Anna Domino und veröffentlichte Soloalben. In den 1990ern folgte Rankine dem Ruf des Stow-College nach Glasgow. Nun begann seine Karriere als Musikdozent. Durch seine Ini­tiative gründete sich dort 1992 das von Studierenden geführte Label Electric Honey, das die Karrieren von Bands wie Belle and Sebastian und Biffy Clyro anschob. 1997 war er als Komponist an einem Hit der Boyband 911 beteiligt. Anfang jenes Jahres war Billy Mackenzie aus dem Leben geschieden, eine angedachte Wiedervereinigung der Associates blieb unerfüllt.

Einiges deutet darauf hin, dass Alan Rankine bis zuletzt an einem Comeback arbeitete. Am Dienstag vermeldeten seine Söhne Callum und Hamish, dass ihr Vater, nachdem er die Weihnachtstage im Kreis der Familie verbrachte, im Alter von 64 Jahren friedlich eingeschlafen sei. Die vielen, bestürzten Beileidsbekundungen von Wegbegleitern, Fans und Studierenden bezeugen die enorme Wertschätzung für seine Musik, wie auch für den Menschen Alan Rankine, ein so eigensinniger wie freundlicher Zeitgenosse und inspirierender Lehrer.

In Zeiten des Wandels war er mit seinem Talent zur Stelle und schuf Bleibendes. Ein potenzieller Star und doch wohl eher für die feinsinnige, moderne Popmusik seiner Zeit gemacht, die den Kult einem allzu grellen Rampenlicht vorzog.

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