Nachruf Rudolfine Steindling: Die clevere Rote Fini
Über Jahrzehnte hielt sie die deutsche Justiz auf Trab: Rudolfine Steindling soll 130 DDR-Millionen gewachen haben. Wie genau, ist bis zuletzt ihr Geheimnis geblieben.
Rudolfine Steindling, besser bekannt als die „Rote Fini“, ist tot und nimmt einige Geheimnisse mit ins Grab. Die Wienerin, die zuletzt in Tel Aviv lebte, hielt jahrzehntelang die deutsche Justiz auf Trab und führte sie wohl erfolgreich an der Nase herum. Denn bis zuletzt war nicht geklärt, wohin sie geschätzte 130 Millionen Euro an früherem DDR-Vermögen verschoben hatte.
1973 wurde der damals 38-jährigen Witwe eines jüdischen Holocaustüberlebenden die Leitung der von der DDR für Westgeschäfte gegründeten Novum GmbH übertragen, deren Hauptgesellschafter die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) war. Die damals noch relativ unbedeutende Handelsgesellschaft wurde bald Zentrum eines Firmenkonglomerats, über das die DDR die Geschäfte mit dem europäischen Ausland abwickelte. SED-Größen kamen dadurch auch privat an Devisen. Für ihre Dienste kassierte Fini ein Jahressalär im heutigen Gegenwert von 130.000 Euro.
Nach dem Ende der DDR gelang es ihr, 250 Millionen D-Mark auf Konten zu verschieben, bevor die BRD auf das DDR-Vermögen zugreifen konnte. Jahrelang wurde über die Frage prozessiert, ob die Gelder der SED zuzuschreiben seien oder der KPÖ, die mit rund 5.000 Mitgliedern und einem Wähleranteil von unter einem Prozent eine Nischenexistenz führt. Das Vermögen hätte sie über Nacht zum Player in der Innenpolitik machen können. Die deutsche Justiz entschied letztlich gegen sie. Das Vermögen wurde, soweit greifbar, beschlagnahmt.
130 Millionen Euro waren aber von Fini so geschickt gewaschen worden, dass der deutsche Fiskus immer noch fahndet. Er will sich an der inzwischen an die italienische Unicredit verkauften Bank Austria schadlos halten, die dabei eine Schlüsselrolle gespielt haben muss. Diese wurde dieses Jahr zu einer Entschädigungszahlung von 245 Millionen Euro verurteilt.
Fini muss jedenfalls über ein nahezu unerschöpfliches Privatvermögen verfügt haben, denn in Israel investierte sie nicht nur in den eigenen Chanel-und-Champagner-Lebensstil, sondern war auch Mäzenin für Kunst und alles Mögliche. Sie starb nach Angaben des ORF am Sonntag im Alter von 78 Jahren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Neue israelische Angriffe auf Damaskus