Nachruf Günther Kaufmann: Im Schnittpunkt des Begehrens

Der Schauspieler Günther Kaufmann ist mit Fassbinder bekannt geworden. Eine Einbindung in künstlerisch so starke Projekte wie in der Fassbinder-Ära gelang ihm später nicht mehr.

Günther Kaufmann spielte nicht nur bei Fassbinder, er war auch im Dschungel-Camp. Bild: dapd

In einem seltsamen Fassbinder-Film, der erst 20 Jahre nach der Entstehung 1969 in die Kinos kam, spielte Günther Kaufmann „Whity“, die Titelfigur. Der Film entstand in der abgedrehten Westernkulisse von „Spiel mir das Lied vom Tod“: Whity ist der Sohn einer schwarzen Köchin und eines sadistischen weißen Familienvaters, er wird gedemütigt und schikaniert und steht trotz allem im Schnittpunkt des Begehrens.

Der Schauspieler und der Regisseur, der noch viele Filme mit ihm drehen sollte, waren beide damals noch jung, und dass ihr in München gegründetes Antiteater einmal Theater- und Filmgeschichte mit solch kruden Kolportagestoffen schreiben würde, war nicht vorhersehbar. Auch ihre Freundschaft stand unter dem Zeichen des Begehrens. Fassbinder soll sich in den Schauspieler verliebt haben, der dann, bei Fassbinders Hochzeit mit Ingrid Caven, Trauzeuge war.

Günther Kaufmann, 1947 als Sohn eines GIs geboren, wuchs im Nachkriegsmünchen auf. Damit war die Erfahrung der sozialen Diskriminierung vorprogrammiert, die er in einigen Fassbinder-Filmen in seine Rollen einbrachte. Er hat eine Autobiografie geschrieben („Der weiße Neger vom Hasenbergl) über seine Kindheit, die Zeit bei Fassbinder und eine persönliche Tragödie, die lange Rätsel aufgab: Er hatte den Mord an seinem Steuerberater gestanden, 2001 war das, und er saß für drei Jahre im Gefängnis.

Erst dann ergab eine Wiederaufnahme des Verfahrens, dass er mit seinem Geständnis seine an Krebs erkrankte Frau Alexandra, seine dritte Ehefrau, hatte schützten wollen. Das Unheimliche war und blieb, dass er die Rolle des Täters mit der ganzen Überzeugungskraft seines schauspielerischen Könnens gegeben hatte. Auch im Gefängnis spielte er übrigens Theater, mit der Gruppe aufBruch.

Kaufmann plante die Verfilmung seiner Geschichte. Es gab dafür schon den Titel „Die zweite Garnitur Gottes“, der wieder das Stigma der Zurücksetzung beinhaltet und doch selbstbewusst wendet.

Nach Fassbinders Tod hat der Schauspieler vor allem für das Fernsehen gearbeitet, er spielte in Krimiserien wie „Derrick“ und „Der Alte“ mit. Eine Einbindung in künstlerisch so starke Projekte wie in der Fassbinder-Ära gelang ihm nicht mehr. Zuletzt war Kaufmann im Kino zu sehen, im Film „Türkisch für Anfänger“ gab er einen Eingeborenen, in der Zeichentrickserie „Wickie und die starken Männer“ den schrecklichen Sven. 2009 hatte Kaufmann zu den Teilnehmern der vierten Staffel von „Ich bin ein Star – holt mich hier raus“ gehört. Ende dieser Woche starb er an Herzversagen.

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