piwik no script img

Nachrichten zur CoronakriseUnion kritisiert Triage-Entwurf

CDU und CSU beklagen, nach dem Gesetzentwurf der Ampel für Triage-Situationen drohten Menschen mit Behinderung benachteiligt zu werden. Die Corona-Infektionszahlen steigen wieder.

Covid-Patient in einer Intensivstation in Trier im jahr 2021 Foto: Oliver Dietze/dpa

Union unzufrieden mit Triage-Entwurf

Die Union im Bundestag ist unzufrieden mit dem Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zur sogenannten Triage in der Pandemie. Die Vorlage lasse erkennen, „dass die Triage-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nur höchst unwillig umgesetzt wird“, erklärten die Bundestagsabgeordneten Tino Sorge und Hubert Hüppe (beide CDU). „Eine wirkliche Beteiligung der Menschen mit Behinderung ist nicht vorgesehen.“

Der Referentenentwurf berücksichtige für die Zukunft nur die pandemiebedingte Triage in Krankenhaus-Intensivstationen, erklärten die beiden Unionspolitiker. Außen vor bleiben dabei weiterhin alle anderen denkbaren Triage-Situationen wie etwa eine Naturkatastrophe, ein Krieg oder ein Terroranschlag. „In solchen Situationen besteht aber genauso die Gefahr, dass Menschen mit Behinderungen diskriminiert werden“, erklärten der Gesundheitsexperte Sorge und der Berichterstatter für Menschen mit Behinderungen, Hüppe.

„Auch der neue Entwurf gibt dem Staat keine Handhabe zu erfahren, ob Triagen überhaupt stattfinden“, hieß es in der Erklärung weiter. Dies würde eine Pflicht zur Meldung – zum Beispiel an das Gesundheitsamt – erfordern. Nur dann könnten die Behörden die Triagen auch kontrollieren. Nach wie vor verzichte der Entwurf auch darauf, Verstöße – etwa gegen das Mehraugenprinzip, gegen die Erfordernis, einen Facharzt hinzuziehen, oder gegen die Dokumentationspflicht – mit Sanktionen zu belegen.

In dem AFP am Dienstag bekannt gewordenen Gesetzentwurf heißt es, niemand dürfe bei einem solchen Selektionsverfahren „wegen einer Behinderung, der Gebrechlichkeit, des Alters, der ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung benachteiligt werden“.

Lauterbach sieht den Entwurf im Einklang mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Dieses hatte der Regierung im Dezember vergangenen Jahres auferlegt, unverzüglich Vorkehrungen zum Schutz behinderter Menschen bei der pandemiebedingten Triage zu treffen. Andernfalls sei zu befürchten, dass diese bei der Zuteilung intensivmedizinischer Behandlungsressourcen benachteiligt würden.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Der nun von Lauterbach vorgestellte Entwurf sieht vor, dass eine Behandlung, die einmal begonnen wurde, nicht wegen eines neuen Patienten abgebrochen werden darf. Damit erteilt Lauterbach der so genannten „Ex-Post-Triage“ eine Absage, wie sie Berichten zufolge sein ursprünglicher Gesetzentwurf zunächst vorgesehen hatte.

Unter Triage verstehen Mediziner ein System der Kategorisierung von Patienten, bei dem die hoffnungslosesten Fälle nicht mehr behandelt werden; das System kommt zum Tragen, wenn die Behandlungskapazitäten begrenzt sind und Ärzte eine Auswahl darüber treffen müssen, wen sie behandeln.

Lauterbach: „Sommerwelle ist Realität“

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) äußert sich besorgt zum derzeitigen Anstieg der Corona-Infektionszahlen. „Die angekündigte Sommerwelle ist leider Realität geworden. Das bedeutet auch für die nächsten Wochen wenig Entspannung“, sagt Lauterbach der Zeitung „Rheinische Post“.

Weil die aktuelle Virusvariante sehr leicht übertragbar sei und fast alle Vorsichtsmaßnahmen ausgelaufen seien, verpuffe in diesem Jahr der Sommereffekt. „Älteren und Vorerkrankten empfehle ich daher dringend, sich noch mal impfen zu lassen. Das verhindert nicht unbedingt eine Infektion, aber es verhindert schwere Krankheitsverläufe.“

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

In Deutschland erhielten laut Bundesgesundheitsministerium bislang 5,2 Millionen Menschen eine zweite Auffrischungsimpfung. Dies entspricht 6,3 Prozent der Bevölkerung. (afp)

Fast 100.000 Neuinfektionen gemeldet

Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldet 92.344 Neuinfektionen binnen 24 Stunden. Das sind 7.689 mehr als am Mittwoch vor einer Woche, als 84.655 Fälle gemeldet wurden. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz steigt auf 472,4 von 447,3 am Vortag.

112 weitere Personen starben im Zusammenhang mit dem Virus. Damit erhöht sich die Zahl der gemeldeten Todesfälle auf 140.026. (rtr)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Es wird immer Kritik hageln, wenn man versucht, die Quadratur des Kreises in ein Gesetz zu zwängen.

    Wenn in einer extremen Notsituation die Ressourcen nicht für alle ausreichen, werden natürlich Menschen mit Behinderungen und Alte den kürzeren ziehen. Das wird kein Gesetz der Welt ändern können. und sollte es meiner Meinung nach auch nicht.

    Man sollte lieber zusehen, dass man die Kapazitäten schafft, um einer Triage auszuweichen im Katastrophenfall, aber das wäre von den heutigen Entscheidungsträgern wohl zuviel verlangt.

  • Die Wirksamkeit von 2. bis 3. Boostern wird derzeit nur auf 6 Wochen belegt. Ob sie vor den aktuellen Subvarianten von Omikron schützen ist noch nicht untersucht. Bekannt ist aber, dass 2 oder 3-fach Geimpfte mit einer Omikroninfektion vom Winter oder Frühjahr sich erneut mit den Sommer Subtypen anstecken. So simple es auch ist. Am besten schützt man sich und andere nach wie vor mit Masken in Innenräumen. Viele besonders Gefährdete können dann auch wieder raus wenn alle die Dinger eben drinnen wieder aufsetzen.

  • Bitte belegen Sie Ihre Aussagen mit seriösen Quellen. Danke, die Moderation

  • Nun ist sie da, die Sommerwelle und trifft auf übervolle Züge, Flughäfen und Strände, auf ausgelassene Feiern, nachgehölte Jubiläen und feiert dank Kubicki (hat er einen Beratervertrag mit einer Pharmafirma) jetzt selbst im Sommer eine -von den Virologen schon erwartete- Rückkehr. Nur die Kreuzfahrt-Branche lahmt noch etwas. Es sind für die vielen schwimmenden Kasernen, die dringend finanziert werden müssen, immer noch zu wenige, so dass fast alle Reedereien trotz der vielen verschwiegenen Ansteckungen Sonderangebote machen müssen: Doch ernsthaft: Wer läßt sich schon tagelang einsperren und kämpft um einen der wenigen freien Deckchairs und lässt sich nebenbei über seine Kreditkarte ausnehmen wie eine Weihnachtsgans, nach diesem Winter, wo man/frau zu Hause auch schon eingebunkert abwarten musste. Zum Glück hat die Bundesliga gerade Pause, sonst würden demnächst noch mehr Männer im besten Schaffensalter den Produktionsprozess fernbleiben müssen, wo doch gerade die Pensionierungswelle so große Lücken reißt.

    • @Dietmar Rauter:

      Kreuzfahrten braucht es wegen mir gar keine zu geben. Da bin ich bei Ihnen.

      Ansonsten gibt es noch genau eine letzte Herausforderung, die uns noch vom Zustand vor 2020 trennt.

      Wir müssen das mittlerweile auf ein Normalmaß zurückgegangene medizinische Gefahrenpotential wieder akzeptieren lernen. Und das trotz der (in Deutschland) weiterhin hohen medialen Präsenz der seit Pandemiebeginn erhobenen "Zahlen".

      Wären Grippefälle in 2017 und 2018 schon so dokumentiert worden wie jetzt, hätten wir mit dem momentanen Modus operandi da schon Pandemiemodus gehabt.

      Wäre direkt Omikron als erste Corona-Variante entstanden, hätte es wiederum wohl nie einen Pandemiemodus gegeben.