Nachkolorierte Kriegsbilder in der ARD: Farbexperiment ohne große Wirkung
Eine Dokumentation will zeigen, wie "Der Krieg" wirklich aussah - und hat die bekannten Schwarzweiß-Bilder einfach mal nachkoloriert. Das Ergebnis ist verblüffend unspektakulär (21.00 Uhr, ARD).
"Die Röte des Rots von Technicolor", so lautet der schönste Buchtitel des Filmemachers und Filmtheoretikers Hartmut Bitomsky. Der historische Übergang vom Schwarzweiß- zum Farbfilm war kaum weniger grundlegend als jener vom Stumm- zum Tonfilm.
Ins Fernsehen findet die Farbe in Deutschland erst 1967, ganze dreizehn Jahre später als in den USA. Im kollektiven Gedächnis bleibt das Bild, als Vizekanzler Willy Brandt bei der Internationalen Funkausstellung in Berlin ein wenig zu spät auf den roten Startknopf drückt. Die Menschen haben sich bald daran gewöhnt, Schwarzweißfilme haben es heute schwer, sind Nischenprogramm für die cinephile Randgruppe.
Eine große Ausnahme gibt es: Das Geschichtsfernsehen, Dokumentationen, die auf Archivbilder angewiesen sind, aus Zeiten, in denen es noch kein oder kaum farbiges Filmmaterial gab. Besser als nichts, besser als nachgestellte Szenen, Reenactment. Aber immer auch ein wenig unbefriedigend.
Wohl deshalb sind die beiden französischen Filmemacher Isabelle Clarke und Daniel Costelle auf die Idee gekommen, die - wie es im Pressematerial heißt - "bisher unbekannten" Bilddokumente über den Zweiten Weltkrieg, die sie "in mehr als 100 Archiven in 17 Ländern" zusammengesucht haben, einer nachträglichen Behandlung zu unterziehen. So erfährt der geneigte Zuschauer zu Beginn jedes der drei Teile ihrer Dokumentation aus dem Off: "Die meisten Bilder dieses Krieges sind schwarzweiß. Für diesen Film aber wurden sie koloriert. Um zu zeigen, wie es wirklich aussah. Wie die Menschen diesen Krieg damals erlebten." Das ist natürlich ein reichlich unbescheidenes Versprechen - Clark und Costelle können es nicht einlösen.
An die theoretische Grundsatzfrage, inwieweit Authentizität überhaupt durch Mittel der Manipulation erreichbar ist, muss hier gar nicht gerührt werden. Denn: Das visuelle Ergebnis der - auch im digitalen Zeitalter immer noch aufwändigen - Prozedur ist nicht etwa naturgetreuer als Schwarzweißbilder. Es lässt vielmehr an die ersten Gehversuche des Farbfilms denken, an Techni-, Agfacolor oder das bald ausgebleichte Eastman-Color-Material: schön bunt, aber dabei eben nicht wirklich wirklicher als Schwarzweiß. Hätten sich Clarke und Costelle also getrost sparen können.
Was nicht heißt, dass man sich ihren Dreiteiler sparen muss. Das beschriebene Farbexperiment nutzt nichts, stört aber auch nicht weiter.
Das Dilemma der Dokumentaristen liegt auf der Hand: Filme über den Krieg sind so wichtig wie zahlreich. Was aber soll man noch anders machen? An Verlauf und Ausgang lässt sich nichts ändern. Neue Tatsachen sind schwer beizubringen, Neubewertungen riskant. Der Ansatz über die Ästhetik, den Clarke und Costelle gewählt haben, war das allerdings auch.
Immerhin scheitern sie auf hohem Niveau, inhaltlich lässt sich gegen ihre Doku nichts Grundsätzliches einwenden: Sie erzählen, was war, wie es war, chronologisch, benennen Täter und Opfer, Heldengeschichten gibt es keine.
Den Holocaust und seine bedrückenden Bilder klammern sie nicht aus, eine Mitverantwortung des Vichy-Regimes konstatieren die französischen Filmemacher ohne Umschweife. Ihr Hauptaugenmerk gilt aber den Schlachtfeldern. Ihr Faible für Zahlen, die jeweils passende Musik (Bambusflöten für Japan) und ein betont lakonisches Erzählpathos: Geschmacksache.
So puristisch wie Michael Kloft (Spiegel-TV) sind sie nicht, so populistisch wie Guido Knopp (ZDF) auch nicht. Hitlers Schäferhund hat natürlich seinen Auftritt - aber nur ganz kurz.
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