Nachhaltige Entwicklungsziele der UNO: Noch 15 Jahre bis zur guten Welt
Die Millenniumsziele der UNO werden nicht erreicht. Nun hat der Staatenbund seine neuen „nachhaltigen Entwicklungsziele“ verabschiedet.
13.b ist Teil eines Papiers, das nichts Geringeres als eine wesentlich bessere Welt als heute verspricht, und zwar bis zum Jahr 2030. Am Sonntag verabschiedeten Vertreter der 193 Staaten der Vereinten Nationen diese neuen, jetzt „nachhaltig“ genannten Entwicklungsziele der Weltgemeinschaft, 17 an der Zahl, aufgeteilt in 169 Unterziele. Die Agenda bricht mit der alten Logik von Entwicklungspolitik – hier die reichen Lehrmeister aus dem Norden, dort die Schüler aus dem armen Süden.
Laut der Ziele müssen alle Staaten anders handeln und wirtschaften, um etwa Armut und Hunger zu beseitigen oder die Klimakrise zu lösen. Es geht um Grundlegendes wie Zugang zu sauberem Wasser und einer vernünftigen Toilette, genauso wie um nachhaltigen Konsum oder einen fairen Welthandel.
„Wir brechen gemeinsam zu dieser großen Reise auf und versprechen, dass niemand zurückbleiben soll“, heißt es etwas pathetisch in der Präambel. Die Inselstaaten haben es es übrigens nicht in 13.b geschafft, dafür in viele andere Ziele.
Können derartige Forderungen auf 29 Seiten die Welt verändern? Was bringt dieses Werk, das Ende September während der Feierlichkeiten zum 70. Geburtstag der Vereinten Nationen im Beisein der Staats- und Regierungschefs der Welt verabschiedet formal abgesegnet werden soll?
Millenniumsziele fast und ungleich geschafft
Bereits im Jahr 2000 hatten die UN die Vorgänger der jetzigen Agenda, die sogenannten Millennium-Entwicklungsziele, verabschiedet. Sie versprachen etwa, bis 2015 die Zahl der Hungernden zu halbieren oder die weltweite Kindersterblichkeit um zwei Drittel zu senken. Beides ist fast geschafft worden.
Allein der in den Zielen propagierte Kampf gegen Tuberkulose hat laut UN 37 Millionen Menschen das Leben gerettet. Allerdings sind die Erfolge extrem ungleich verteilt: In Subsahara-Afrika leben weiterhin fast 40 Prozent der Menschen in extremer Armut, hauptsächlich in Ostasien sind dank des Wirtschaftswachstum Hunderte Millionen Menschen aus extremer Armut befreit worden – jedoch bei gleichzeitig gravierenden ökologischen Problemen.
Entwicklungsorganisationenkritisierten oft die Widersprüche in den alten Zielen: Was bringt eine neue Fabrik, die Menschen ein höheres Einkommen als 1,25 Dollar beschert (was sie per Definition aus der Armut befreit), wenn für den Bau der Fabrik Bauern von ihren Ländern vertrieben werden?
Die neuen Entwicklungsziele versuchen solche Widersprüche zu lösen. Wachstum ja, nur eben „nachhaltig“, mehr Welthandel, nur eben „fair“, mehr Energie für alle, nur wahlweise „modern“ oder „erneuerbar“.
Dass darin Widersprüche eher formuliert als gelöst werden, darauf machte kürzlich etwa Klaus Töpfer aufmerksam, Exekutivdirektor des Institute for Advanced Sustainability Studies in Potsdam: „Die 17 SDGs sind dadurch eben nicht konsistent. Sie stellen viel mehr Anspruch an Biomasse und Böden, als wir tatsächlich zur Verfügung haben“, sagt er. SDGs steht für Sustainable Development Goals, nachhaltige Entwicklungsziele.
Weltweit motivieren und inspirieren
Zudem werden die Ziele keinerlei juristisch bindende Wirkung haben. Sie sind im Prinzip eine globale Absichtserklärung. Wäre das anders, hätten sie sofort massive Auswirkung, wenn sie am 1. Januar 2016 in Kraft treten. Ein Ziel ist etwa, dass sämtliche Exportsubventionen in der Landwirtschaft abgeschafft werden sollen – was besonders afrikanischen Ländern helfen würde, die unter mit Milliarden Euro bezuschussten Agrarimporten aus der EU leiden.
Einzig: Die EU wird einen Teufel tun, ihre Subventionen abzubauen. Momentan passiert in Brüssel in Sachen neuer Entwicklungsziele nicht viel, außer dass der zuständige EU-Kommissar Frans Timmermans seine Generaldirektionen Berichte erstellen lässt, was für Auswirkungen eine Umsetzung hätte.
Den ersten Härtetest jedenfalls haben die reichen Länder kürzlich nicht bestanden: Auf einer UN-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung in Addis Abeba haben die Industrieländer eine wirkliche Neuordnung bei den globalen Finanzströmen verhindert. Was die Ziele deshalb vorerst vor allem sind: eine Art globaler Maßstab für eine gerechtere Welt, der sogar weltweit statistisch erfasst wird – und in jedem einzelnen Land immer wieder eingefordert werden kann und muss.
Das World Ressources Institute, ein Thinktank in Washington, brachte es kürzlich so auf den Punkt: Die nachhaltigen Entwicklungsziele werden ohne Zweifel weltweit motivieren und inspirieren. „Aber ein warmer Wind wird uns nicht bis 2030 tragen.“
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