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Nachfolge des 9-Euro-TicketsAnschluss gesucht

CSU-Chef Söder will nach der 9-Euro-Flatrate eine bundesweite 365-Euro-Jahreskarte einführen. Die Branche ist für ein 69-Euro-Monatsticket.

Im Juli und im August ist es noch möglich: Für 9 Euro mit dem Zug durch die Uckermark fahren Foto: IMAGO/Jürgen Ritter

Berlin taz | In die Diskussion über den Anschluss an das 9-Euro-Ticket für den ÖPNV kommt neue Dynamik. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat sich mit Blick auf die im Herbst nochmals steigenden Preise für ein günstiges Nachfolgemodell ausgesprochen. „Mein Vorschlag wäre ein 365-Euro-Jahresticket für den gesamten öffentlichen Personennahverkehr in ganz Deutschland“, sagte er der Bild am Sonntag. Konkrete Angaben, wie die Fahrkarte finanziert werden könnte, machte er nicht.

Das bundesweit im Nahverkehr geltende 9-Euro-Ticket für die Monate Juni, Juli und August ist Teil des Entlastungspakets, mit dem die Ampelregierung einen Teil der steigenden Energiekosten ausgleichen will. Das Projekt wird vom Bund mit 2,5 Milliarden Euro finanziert und ist ein enormer Erfolg. Im Juni kauften mehr als 20 Millionen Bür­ge­r:in­nen die Fahrkarte. Für Kun­d:in­nen mit Monats-, Job- oder Semesterticket gilt das Angebot automatisch.

Organisationen haben bereits Vorschläge vorgelegt, wie es ab September weitergehen kann. Der Verbraucherzentrale Bundesverband etwa will ein 29-Euro-Monatsticket, der ökologische Verkehrsclub (VCD) ein neues Tarifmodell, wonach Monatstickets in einem Großraum 75 Euro kosten.

Söders Vorschlag ist nicht neu. Unter anderem die Deutsche Umwelthilfe und die Linkspartei fordern ebenfalls eine bundesweit geltende 365-Euro-Jahresfahrkarte im Anschluss an das 9-Euro-Ticket. Auch die Hamburger CDU hat sich am Sonntag für ein 365-Euro-Ticket ausgesprochen, aber nur für die Hansestadt. Ursprünglich bezieht sich die Idee, einen Euro pro Tag für den ÖPNV zu zahlen, nicht auf eine bundesweite Flatrate, sondern auf eine Stadt oder einen überschaubaren Tarifbezirk. Die Stadt Wien ist Vorreiter dieses Modells – allerdings hat die österreichische Metropole vor der Einführung das Angebot drastisch vergrößert.

Branche gegen 365-Euro-Ticket

Auch in Deutschland gibt es immer wieder Vorstöße für ein 365-Euro-Ticket. Die Stadt Frankfurt zum Beispiel will prüfen, was so eine Fahrkarte kosten würde. Der frühere Berliner Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte einen entsprechenden Vorstoß gemacht – was der Branchenverband VDV seinerzeit brüsk zurückwies.

Die Nahverkehrsbranche lehnt das 365-Euro schon für einzelne Städte oder Tarifzonen ab, erst recht für die gesamte Bundesrepublik. Sie argumentiert, dass erst die ÖPNV-Infrastruktur stark ausgebaut werden muss, damit der zu erwartende Kun­d:in­nen­an­sturm bewältigt werden kann. Gerade ist der Verband der Verkehrsunternehmen (VDV) mit einem eigenen Vorschlag vorgeprescht: ein bundesweit geltendes Monatsticket für 69 Euro. Das 9-Euro-Ticket habe eine Situation geschaffen, hinter die „wir nicht mehr zurückgehen können“, sagte VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff. Ein Anschlussticket müsse „bundesweit gültig sein, entlastend wirken – und darf nicht in Konkurrenz zum Ausbau des Angebots im ÖPNV stehen“. Das 9-Euro-Ticket hat eine entlastende Wirkung von mitunter weit mehr als 100 Euro pro Monat, weil Kun­d:in­nen mit Monats-, Job- oder Semesterticket den Differenzbetrag zum regulären Preis erstattet bekommen.

Verkehrsminister will prüfen

Die Branche könnte das 69-Euro-Ticket bereits ab September anbieten. „Dafür brauchten wir allerdings sehr schnell den entsprechenden Auftrag seitens der Politik“, sagte Wolff. Für 2023 könnte die Branche Rabatte für Gruppen mit wenig Einkommen vorbereiten. In diesem Jahr wäre das 69-Euro-Ticket noch mit Mitteln des Corona-ÖPNV-Rettungsschirms finanzierbar. Danach würde es 2 Milliarden Euro im Jahr kosten.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) begrüßte, dass es Vorschläge für den Anschluss an das 9-Euro-Ticket gibt. „Wir werden all das genau prüfen und evaluieren, auch eigene Modelle durchrechnen und mit den Ländern beraten“, kündigte er an. „Wir müssen uns genau anschauen, zu welchem Preis man ein solches Ticket deutschlandweit anbieten könnte.“ Ziel sei es, den Tarifdschungel zu beseitigen und das ÖPNV-Angebot möglichst einfach und attraktiv zu gestalten. „Am Ende muss es natürlich auch in die Haushalte der Länder und des Bundes passen“, so Wissing.

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9 Kommentare

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  • MUT ZUR LÜCKE BIS WEIHNACHTEN



    hatter ja, der Wissing. Jetz willer bis Dezember "auswerten", und dann ... 365 -69 - 39 -weißderteufelwas ? Wäre doch weit sinnvoller. übern eigenen Schatten zu springen und den (eigenen) Sylter Porschefinanzminister unter Zuhilfenahme GRÜNER Argumente und argumentierender GRÜNER zuir 9-Euro -Verlängerung bis Dezember zu bewegen. Dann Finanzierung 365, ( Totalentlaubung des Tarifdschungels - igittwasfürnvergleich ), Abstoßung aller ausländischen Töchter und Beteiligungen der DB AG, dafür Initiierung einer Verkehrsgesellschaft der Länder, in die sie aus ihren Bankrotten gerettete (oder sogar enteignete?) ÖPNV-Töchter der nachbarlichen Staatsbahnen einbringen können, n paar GDLer und n paar Verkehrswissenschaftler in DB's Chefinnenetage, und drüberhinaus Bundeskohle zwecks subito veranderthalbfachter neuer Tariflöhne landesweit für Busfahrer und Lokführerinnen - die sind die wahren Träger unsrer Mobilitätskultur.

  • Warum bekommen SPD und Grüne nicht ihren Mund auf und sagen was sie wollen!?

    Die wichtigsten Protagonisten günstiger Tickets in der Vergangenheit sind merkwürdig und peinlich still. Das schadet der Sache!

  • Journalistisch betrachtet, finde ich es gut, zu der Tradition einer Berichterstattung zurückzukehren und zum Thema weitergehend Kommentarartikel zu schreiben.



    Das schien ja völlig aus der Mode zu kommen.

    Das ausgerechnet Herr Söder hier als Pausenclown agiert, ist natürlich der Witz des Tages, er ist weder sozial engagiert, noch Umweltfreund.



    Das Entlastungspaket der Ampel (nicht der CSU)



    hat in schweren Zeiten für ein bisschen gute Laune gesorgt. Die Erfahrung, dass Umweltschutz nicht nur gut für das Klima, sondern auch für die Stimmung sein kann, hat vielleicht auch Langzeitwirkung.



    Die Hauptaufgabe ist allerdings die Sanierung und der Ausbau der Infrastruktur.



    Das gilt insbesondere auch für den Frachtverkehr.



    Es sind für dieses Jahr ja schon diverse Bahnbaustellen angekündigt.



    Ein paar Millionen BahnsteigrumsteherInnen mehr lösen diese Problematik nicht.



    Herr Söder und die Verkehrsminister seiner Partei hätten in der Vergangenheit jahrelang Gelegenheit gehabt hier zu agieren (gebaut haben sie nur Mist).

    Nun Vorschläge aus dem Zuschauerraum (Bayern) reinzurufen sollten man und frau einfach ignorieren.



    Ich bin für kostenfreien Nahverkehr, seit ich die Scherben kenne.



    Der Zeitpunkt mit Corona , Gasausfall, Rettungspaketen, Sicherheitspolitik und Waffen für Nachbarländer scheint Volkswirtschaftlich betrachtet allerdings ungünstig .

    • @Philippo1000:

      Söder ist weder sozial engagiert, noch Umweltfreund - so nehme ich das auch wahr. Er ist politischer Opportunist. Er hat ein Gespür dafür, die Position einzunehmen, die wenig später Mehrheitsfähig wird und beim Wähler gut ankommt. Er dreht rechtzeitig sein Fähnchen nach dem Wind, eigentlich schon kurz bevor der Wind dreht...

      Es spricht wirklich viel für das bundesweite 365 EUR Ticket:



      1. ein eingängiger, symbolträchtiger Preis



      2. eine spürbare Entlastung der Bürger



      3. eine überfällige Entflechtung des Tarif-Wirrwarrs: allein die Arbeit der Tarifkommissionen, der Automaten- und App-Programmierer, die man da einsparen kann...



      4. Es ist dauerhaft leicht finanzierbar. Das gilt eigentlich auch für das 9-Euro-Ticket, aber die 365 Euros sind politisch wohl leichter durchzusetzen.

  • Eine Monatskarte in Halle (Saale) kostet bereits 69,90. Die 90 Cent Ersparnis bringen genau was? Wieder ein Vorschlag um das Auto weiter auf der "Spur" zu halten. Seid Jahrzehnten wird gesagt, dass das Angebot verbessert werden muss. Wie lang sollen man noch auf einen günstigen ÖPNV warten? Ja, die Infrastruktur muss ausgebaut werden. Straßen (Innerorts) die sich das Autos und der ÖPNV teil, müssen zu Gunsten des ÖPNV umgebaut werden.

    • @Stefan.P:

      Bei dem vorgeschlagenen 69 Euro Ticket geht es um ein bundesweites Ticket, nicht nur um Halle

    • @Stefan.P:

      Nu ja, Sardinenfahrt kostenlos, jederzeit nach Sylt oder Berchtesgaden, oder, realistischer mitm Regionalbähnle, immerhin nach Magdeburg oder Berlin: Und das für den Preis von 90 Cent unter Null. Isdochwas, oder ?



      69-Euro-Tickets wären aber als politisch gemeinte Globallösung natürlich zu teuer.

      PS: Warum heißt es Neu-Neuro-Ticket ? Is neu und nervt ....

  • Wenn Verbünde, diese bundesrepublikanischen Duodezfürstentümer des ausgehenden 20. Jahrhunderts, ihre Tarif-Autonomie verlieren, müssen wir aufpassen, dass sich nicht auch alles andere verliert, was diese an durchaus Positivem erreicht haben: REGIONALE PLANUNG z.B. Im Verein mit überzogenen EU-ropäischen Ausschreibungsregeln geht die eh schon verloren, regionale Unternehmen wie Stadtwerke mussten aus den Verkehrunternehmen aussteigen, damit letztere überhaupt an Ausschreibungen teilnehmen dürfen, und was über die Länder und deren Regionalisierungs-Bundeskohle-Töpfe finanziert wird, muss ja nun mal ausgeschrieben werden.



    Zusammen mit regionalpatriotischen Egoismen gerade der Landeshaupstädte contra andere Landes-Regionen entsteht so Absurdes: Ausgerechnet die Erfinder der Tram-Train, AVG/VBK in "König" Ludwigs Karlsruher Verbund KVV, Betreiber der mittlerweile weltweit nachgeahmten Zweisystem-Straßenbahnen und damit Retter mehrerer regionaler Bahnlinien (so K'he -Freudenstadt / -Heilbronn), kriegen nun eins ums andere diese Linien wieder weggenommen - und auf bislang ebenfalls AVG-Zweisystem-befahrenen DB--Hauptstrecken wird der um Karlsruhe, Rastatt, Bruchsal aufgebaute Regionalverkehr durch Linien des (ohzentralismusickhördirtrapsen) "Stuttgarter Sterns" ersetzt. Regie. Ein grüner Umweltminister, der den ÖPNV im Ländle sehr voranbringt (sehr, sehr !), aber: er is eben Reutlinger/Stuttgarter ....



    Nehmt den Verbünden ihre eigenen Tarifewabentageskartenkurzstreckenticketsschülerabos..., und es wird hinauslaufen auf Politik made in Landeshauptstadt. Auch große Verbünde wie die zwei hessischen, zuständig für fast das ganze Bundesland, werden so bald als Besteller, Fahrplan-Planer und Kommunizierer zu den Landkreisen und Kommunen nurmehr ein Nebenröllchen spielen. Die DB hat einen Großteil ihrer in den 90-ern erfundenen Regionalgesellschaften, mit denen sie Anschluss an kommunale Entscheidungsträger suchte, längst wieder eingestampft. Werden wissen warum ....

  • 6G
    656279 (Profil gelöscht)

    9 Euro war schon Ok, nicht vollkommen kostenlos, aber niederschwellig und eben tarifgebietsübergreifend. Wenn dann noch der massive Ausbau des ÖP(N)V als staatliche Aufgabe verstanden würde, dann hätte es etwas werden können.

    Aber so ... nichts weiter als die darauf angewiesenen Vielnutzer etwas günstiger zu stellen, das schafft keine neue Klientel. Knackend volle Busse und Bahnen nebst dann wohl notwendiger Maskenpflicht und gar drohendem neuen 3G für Ungeimpfte, auswärtig weiterhin nur geringe Taktzeiten (60 Minuten bis zeitweiser Kompletteinstellung) ebenso wenig.

    Da lernt man, weiss man eben, was der Schadstoffdiesel Gutes hat hat.