Nach neun Jahren Haft in Deutschland: Präsident der FDLR-Rebellen ist tot
Ignace Murwanashyaka war Führer der im Kongo kämpfenden ruandischen Hutu-Rebellen. Nun ist er schwerkrank in Mannheim gestorben.
Murwanashyaka war seit 2001 der politische Führer der FDLR, die in Jahr zuvor im Kongo von flüchtigen Verantwortlichen des Völkermordes an Ruandas Tutsi gegründet worden war, um vom Kongo aus gegen Ruandas heutige Regierung zu kämpfen. Er lebte als politischer Flüchtling in Deutschland, wo er studiert hatte, und war bereits jahrelang in der ruandischen Hutu-Exilszene aktiv gewesen.
Die ruandischen Hutu-Generäle im Kongo wählten Murwanashyaka als vom Völkermord unbelastetes politisches Aushängeschild für die internationale Gemeinschaft, um ihrem bewaffneten Kampf einen zivilen Anstrich zu geben.
Als Präsident – ein Amt, das er formal bis zu seinem Tod bekleidete – war Murwanashyaka formell der Oberbefehlshaber der FDLR-Kampftruppen im Kongo, die in den Wäldern der ostkongolesischen Kivu-Provinzen einen Quasi-Staat errichtet hatten und sich mit brutaler Gewalt an Zivilisten wehrten, wenn die Armeen Kongos oder Ruandas gegen sie vorgingen.
Jahrelang vor Gericht in Stuttgart
Sein realer Einfluss auf das Kriegsgeschehen bleibt allerdings umstritten und ist jahrelang Thema vor Gericht in Deutschland gewesen, ohne endgültige Klärung.
Denn wegen mutmaßlicher Vorgesetztenverantwortung für Verbrechen der FDLR an kongolesischen Zivilisten war Murwanashyaka im November 2009 in Deutschland festgenommen worden, ebenso sein Stellvertreter Straton Musoni. Zwischen 2011 und 2015 wurde ihm am Oberlandesgericht Stuttgart der Prozess gemacht. Es war der erste Prozess in Deutschland nach dem Völkerstrafgesetzbuch, das das Statut des Internationalen Strafgerichtshofs in deutsches Recht überführt.
Am 28. September 2015 verurteilte ihn das OLG Stuttgart zu 13 Jahren Haft wegen Rädelsführerschaft einer terroristischen Vereinigung im Ausland und Beihilfe zu Kriegsverbrechen – die Vorgesetztenverantwortung war vom Tisch. In der Revision hob der Bundesgerichtshof am 20. Dezember 2018 das Urteil teilweise auf und verwies das Verfahren an das OLG Stuttgart zurück.
Die Bundesrichter bestätigten zwar die Feststellungen der ersten Instanz zum Geschehen im Kongo und auch die Verurteilung wegen Rädelsführerschaft, sahen aber den Vorwurf der Beihilfe als unzureichend erwiesen an und werteten zudem die Verbrechen der FDLR als Verbrechen gegen die Menschlichkeit, nicht nur als Kriegsverbrechen.
Ein neuer Prozess in Stuttgart, um die Frage der Beihilfe zu klären, hätte voraussichtlich im Mai 2019 beginnen sollen. Das ist jetzt hinfällig. Der ebenfalls 2015 verurteilte Vizepräsident Musoni lebt weiter in Deutschland; er war zu acht Jahren Haft verurteilt worden und nach seiner Verurteilung freigekommen, da er schon fast sechs Jahre in Untersuchungshaft verbracht hatte.
Isoliert im Gefängnis
Murwanashyaka hat nun neun Jahre und fünf Monate in Untersuchungshaft verbracht – unter erschwerten Bedingungen der Isolation. „Die Haftbedingungen waren unmenschlich und eines Rechtsstaats unwürdig“, sagt seine Verteidigerin Ricarda Lang gegenüber der taz.
Sein Gesundheitszustand galt schon während des Prozesses gegen ihn in Stuttgart als schlecht. Er war damals im Terroristentrakt des Hochsicherheitsgefängnis JVA Stuttgart-Stammheim in Einzelhaft, ohne jeden Kontakt zu anderen Gefangenen.
Diese verschärften Haftbedingungen, einschließlich Einzel-Hofgang und Kontaktsperre beim Gottesdienst, wurden auch beibehalten, als er nach der erstinstanzlichen Verurteilung 2015 nach Mannheim verlegt wurde.
Erst vor zwei Wochen wurde eine Lockerung der Haftbedingungen verfügt. Da war es aber schon zu spät. Ignace Murwanashyaka war bereits bettlägerig. Am 11. April wurde er in die Uniklinik verlegt, wo er fünf Tage später starb – mitten in der für den strenggläubigen Katholiken besonders bedeutsamen Karwoche.
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