Nach judenfeindlichem Vorfall: Mit Hipster gegen Hass
Hamburg hat eine Kampagne gegen Antisemitismus und Diskriminierung gestartet. Anlass ist die Spuckattacke auf Landesrabbiner Shlomo Bistritzky.
Der Termin mitsamt Kundgebung vor rund 250 Menschen auf dem Rathausmarkt war eine Reaktion auf einen Vorfall, beinahe an derselben Stelle, eine Woche zuvor: Ein 45-Jähriger hatte Bistritzky sowie ein Vorstandsmitglied der Jüdischen Gemeinde beschimpft und angespuckt, auch ein entzündetes Feuerzeug soll im Spiel gewesen sein.
Die Polizei nahm den Verdächtigen kurzfristig in Gewahrsam. Dem Vernehmen nach handelt es sich um einen in der Vergangenheit bereits auffällig gewordenen Niedersachsen mit marokkanischem Familienhintergrund. Über ein Motiv war zunächst nichts bekannt, die Angegriffenen waren aber als Juden deutlich zu erkennen gewesen, der mutmaßliche Täter soll sie mit dem hebräischen Gruß „Shalom“ angesprochen haben.
Von einem „Angriff auf uns alle“ sprach am Donnerstag Daniel Sheffer von der Initiative „Wir sind Hamburg“. Die Kampagne werbe für „Freiheit, Gerechtigkeit und Anstand“; man wolle zeigen, „dass die Mehrheit in Hamburg anders ist“. Auch der Bürgermeister unterstrich die dortige Weltoffenheit „seit Jahrhunderten“.
Problem sitzt tiefer
Was freilich nicht zu allen Zeiten auch gestimmt habe, sagt Miriam Rürup, Leiterin des Instituts für die Geschichte der deutschen Juden, auf taz-Anfrage: „Historisch war Hamburg der Minderheit dann wohlgesonnen, wenn die einen Beitrag leisten konnte zum Wohlbefinden der Stadt.“
Die Historikerin ist zurückhaltend, was eine Zunahme antisemitisch motivierter Vorfälle angeht. „Wir haben es eigentlich mit einem wesentlich tiefer sitzenden und universaleren Problem zu tun“, sagt sie: „Man denkt, dass man sich Dinge wieder leisten kann – als Rechtsextremer, als Populist, als Pluralismusfeind, als Gegner einer vielfältigen Gesellschaft – die man vorher auch gedacht und befürwortet hat, aber nicht in eine Handlung übersetzt.“
An der Kundgebung teil nahmen nun auch der Vorstand des Rats der islamischen Gemeinschaften in Hamburg (Schura) sowie Kirchenvertreter*innen.
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