Nach gescheitertem Abschiebeflug: Ruanda steht zum Geflüchtetendeal

Aus Großbritannien sollten für die Geflüchtetenaufnahme 150 Millionen Euro nach Ruanda fließen. Man wolle damit „die Bedürftigsten besser“ versorgen.

Ein Flugzeug in der Dämmerung.

Mit diesem Flugzeug sollten die Mi­gran­t:in­nen nach Ruanda abgeschoben werden Foto: Hannah McKay/reuters

KAMPALA taz | „Alles ist vorbereitet für die Ankunft der britischen Asylsuchenden und Migranten“, titelte noch am Mittwoch morgen die ruandische Tageszeitung New Times. Es gab Fotos vom Hostel, in welchem die Asylsuchenden zunächst für einige Monate untergebracht werden sollten: „Hostel der Hoffnung“ – ein ehemaliges Waisenhaus für Kinder und Jugendliche, deren Eltern während des Völkermordes 1994 umkamen. Später wurde es vom Verband der Völkermordüberlebenden genutzt.

Die Einrichtung für rund 200 Menschen hatte der Überlebendenverband hergerichtet, um Asylsuchende aus Großbritannien aufzunehmen. Mit den Einnahmen daraus wollte der Verband seine Aktivitäten finanzieren. Bettwäsche, Handtücher und blaue Flip-Flops lagen in den Zweibettzimmern bereit.

Daraus wird nun nichts. Der Flug aus London, der am Mittwochmorgen in Ruandas Hauptstadt Kigali landen sollte, wurde abgesagt. Doch „wir lassen uns von diesen Entwicklungen nicht beirren“, sagt Ruandas Regierungssprecherin Yolande Makolo der taz. Ruanda setze sich weiterhin „voll und ganz dafür ein, dass diese Partnerschaft funktioniert“.

Makolo erinnert daran, dass die Migration aus Afrika gen Europa weitergehe. „Es gibt ein riesiges globales Ungleichgewicht in der Chancengleichheit auf dieser Welt“, hatte sie in einer Pressekonferenz in Kigali am Tag zuvor gesagt. „Die derzeitige Situation von Menschen, die gefährliche Reisen unternehmen, kann so nicht weitergehen, da sie so vielen Menschen unsägliches Leid zufügt.“

Afrika „ist auch ein Ort für Lösungen“

Ruandas Präsident Paul Kagame habe zugesagt, bis zu 30.000 Geflüchtete aufnehmen zu können. Afrika sei nicht nur ein „Ort der Probleme“, wie es oft in den Medien dargestellt werde: „Es ist auch ein Ort für Lösungen“, so Makolo: „Wir sind stolz darauf, Teil eines innovativen Programms zu sein, das eine Lösung für ein schwieriges Problem bietet.“ Ruanda sei weiterhin bereit, Migranten „Sicherheit und Chancen in unserem Land zu bieten“.

Abgesehen von dem im April unterzeichneten Migrations-Deal mit Großbritannien arbeitet Ruanda an einem ähnlichen Abkommen mit Dänemark, das jedoch noch nicht finalisiert ist. Auch mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR läuft bis 2023 ein 2019 gestartetes Programm weiter, Geflüchtete und Migranten aus Internierungslagern in Libyen zu befreien und nach Ruanda zu bringen. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR sind bislang unter diesem Programm 824 Flüchtlinge nach Ruanda gekommen und 462 davon in Drittländer weitergeschickt worden.

Nach dem vorläufigen Aus für das Programm mit London bleibt nun einiges ungeklärt. So war vorgesehen, dass die „Verletzlichsten“ unter den Flüchtlingen, die in Ruanda registriert sind und zumeist in Flüchtlingslagern leben – Ende 2021 waren das laut UNHCR rund 127.000, die meisten davon aus der Demokratischen Republik Kongo –, eine Option erhalten, nach Großbritannien transferiert zu werden – quasi ein Flüchtlingstausch.

Die Regierungssprecherin bleibt hier vage: Es gebe nur „sehr wenige“ verletzliche Flüchtlinge in Ruanda und man wisse nicht, wie viele. Generell sei die Idee gewesen, mit den Geldern, die Ruanda für die Aufnahme von Flüchtlingen aus London erhalten sollte – umgerechnet rund 150 Millionen Euro –, Kapazitäten auszubauen, um „auch die Bedürftigsten besser versorgen zu können“.

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