Nach den Wahlen in der DR Kongo: Niemand traut den Zahlen
Kongos Opposition spricht von „Wahlfälschung“, noch bevor Ergebnisse vorliegen. Sogar die Wahlkommission räumt Unregelmäßigkeiten ein.
Von einer „Parodie“ einer Wahl ist in der offiziellen Erklärung der Koaltion FCC (Gemeinsame Front für den Kongo) die Rede, die Ex-Präsident Joseph Kabila nahesteht und die Wahlen boykottierte. Als „geplante und orchestrierte Wahlfäschung“ bezeichnet das Oppositionbündnis „Ensemble“ (Gemeinsam) des aussichtsreichsten Oppositionsführer Moise Katumbi den Wahlgang und kündigt an, die von der Wahlkommission veröffentlichten Zahlen nicht anzuerkennen.
Bisher liegen nur wenige Teilergebnisse aus einzelnen Wahlkreisen vor, die zumeist große Mehrheiten für Amtsinhaber Felix Tshisekedi zeigen.
In fast allen Landesteilen hat es am 20. Dezember Unregelmäßigkeiten gegeben, wie unabhängige Beobachter festgestellt haben. Fast nirgendwo waren die Listen der registrierten Wähler vollständig. Es kam fast überall zu Verzögerungen, weil Materialien und Wahlmaschinen nicht rechtzeitig eingetroffen waren. Einige der 75.000 Wahlbüros in dem Land von der Größe Westeuropas konnten erst mit einigen Tagen Verspätung öffnen. Selbst am Dienstag, fast eine Woche nach dem regulären Wahltermin, wurde in einigen entlegenen Wahlkreisen noch abgestimmt.
In einigen umkämpften Gebieten im Osten des Landes, wo Rebellen weite Landstriche erobert haben, wurde erst gar nicht gewählt. In anderen Wahlbüros wurde zwar abgestimmt, aber die Wahlleiter der Wahlbehörde waren nicht vor Ort. Die lokale Wahlbeobachtermission „Regard Citoyen“ spricht in ihrem vorläufigen Bericht von 18 Prozent der Wahlstationen, die Unregelmäßigkeiten berichtet hätten. Vielfach mit Foto- und Videoaufnahmen belegt ist unsachgemäßer Umgang mit Wahlzetteln sowie mit den elektronischen Wahlmaschinen, die in jedem Wahlbüro die Ergebnisse speichern und übermitteln.
„Agenten“ und „Saboteure“
Chaos bei Wahlen gehört in Kongo zwar dazu, doch mittlerweile muss selbst der Vorsitzende der Wahlkommission CENI, Denis Kadima, zugeben, dass nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist. „Dies ist eine Situation, die wir bedauern“, gab er gegenüber Journalisten zu und beschuldigte „Agenten“ und „Personen“, die versucht hätten, die Wahlen zu sabotieren. „Es gibt leider Leute, die unsere Büros im Sturm erobert und unsere Wahlleiter sogar als Geiseln genommen haben“, gab er zu.
Kadima berief nun eine Untersuchungskommission ein, um die „Unregelmäßigkeiten“ zu eruieren und Beschwerden von allen Seiten entgegennehmen. Sollte Fälschung nachgewiesen werden, werde man Ergebnisse auch wieder annullieren, versicherte Kadima und beschwichtigte sogleich: Solche Vorkommnisse habe es nur vereinzelt und punktuell gegeben, nicht überall.
Die Jugendorganisation La Lucha, eine der einflussreichsten Nichtregierungsorganisationen im Ostkongo, fordert dennoch den sofortigen Rücktritt sowie die Einleitung eines Gerichtsverfahrens gegen den CENI-Vorsitzenden wegen „Dilettantismus, Inkompetenz und Behinderung des Wahlprozesses“.
Neue Kämpfe im Osten Kongos
Im Osten des Landes zeigt sich, wie angespannt die Lage ist. Die von den ausgehandelte Feuerpause zwischen Regierungsarmee und M23-Rebellen (Bewegung des 23. März) rund um die Provinzhauptstadt Goma hat nur bis zwei Tagen nach der Wahl angehalten. Seit Freitag wird entlang zur Grenze nach Uganda und Ruanda wieder gekämpft.
Die Rebellen der M23 beschuldigen die Regierungsarmee, den Waffenstillstand gebrochen zu haben. Armeesprecher Oberst Ndjike Kaiko wirft hingegen dem Nachbarland Ruanda, das laut UN-Ermittlern die M23 militärisch unterstützt und Truppen im Kongo stehen hat, vor, den Waffenstillstand gebrochen zu haben. Er sprach von einer „Provokation“ und warnte, dass Kongos Armee „die notwendigen Maßnahmen ergreifen wird, um auf diese Provokationen aus Ruanda zu reagieren.“
Zahlreiche Oppositionskandidaten haben nun für Mittwoch eine gemeinsame, landesweite Protestaktion angekündigt – noch bevor die Wahlergebnisse feststehen. Die geplante Großdemonstration in der Hauptstadt Kinshasa wurde allerdings von der Regierung umgehend verboten.
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