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Nach den Anschlägen in AnkaraÖzdemir fordert Ende der Gespräche

Der Grünen-Chef sagt, dass Staatspräsident Erdogan die Türkei ins Chaos stürze und Tote in Kauf nehme. Die EU solle den Dialog mit ihm wieder auf Eis legen.

Protest gegen den Anschlag vom Samstag wird am Sonntag in Diyarbakir mit Tränengas und Wasserwerfern zerschlagen. Foto: reuters

Berlin afp | Nach dem schweren Anschlag in der Türkei hat der Grünen-Bundesvorsitzende Cem Özdemir dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan vorgeworfen, die Spannungen in der Türkei anzuheizen. „Offensichtlich wird hier daran gearbeitet, geordnete und faire Wahlen zu verhindern“, sagte Özdemir der Passauer Neuen Presse (Montagsausgabe). „Wenn am 1. November reguläre demokratische Wahlen stattfinden, hätte Erdogan wieder keine Mehrheit. Das weiß auch er“, sagte der Grünen-Politiker.

Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, zu dem mehr als 30 Tageszeitungen gehören, sagte Özdemir: „Wer sein eigenes Land ins Chaos stürzt, weil er Angst davor hat, im Falle einer Wahlniederlage für seine Untaten zur Rechenschaft gezogen zu werden, ist kein verlässlicher Partner.“ Özdemir forderte, die Gespräche der EU mit Erdogan auf Eis zu legen: „Wir dürfen bis zur Wahl am 1. November nichts tun, was als Stärkung von Erdogan verstanden werden könnte. Jedes Abkommen wäre ein Signal, dass Erdogan für uns ein normaler Gesprächspartner wäre.“ Wer aber „den Tod seiner Bürger, Polizisten und Soldaten in Kauf nimmt“, könne kein Staatschef sein.

Vor diesem Hintergrund warnte der Grünen-Vorsitzende Europa auch davor, auf die Türkei als Partner zu setzen, um die Flüchtlingskrise zu bewältigen. Es drohe „ein schmutziger Deal mit einem autoritären Herrscher“. Dafür, dass Erdogan Europa die Flüchtlinge vom Leib halte, sollten die EU-Partner „die Augen zudrücken, wenn er sein Volk unterdrückt“. Ein solcher Handel sei aber für Demokraten nicht akzeptabel: „Wer wie Erdogan die Kurden sogar im Nordirak und in Syrien bekämpft, der stärkt den IS und verstärkt die Fluchtursachen.“

Die EU dürfe den türkischen Präsidenten „nicht mehr als normalen Gesprächs- und Verhandlungspartner betrachten“, denn Erdogan und seine islamisch-konservative Partei AKP seien „zu allem entschlossen – auch zu undemokratischen Maßnahmen“. Das dürfe der Westen nicht „achselzuckend zur Kenntnis nehmen“.

Bei dem Anschlag auf eine Friedensdemonstration in Ankara am Samstag wurden mindestens 97 Menschen getötet, mehr als 500 weitere wurden verletzt. Die türkische Regierung verdächtigt die Islamistenorganisation Islamischer Staat (IS).

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5 Kommentare

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  • „Offensichtlich wird hier daran gearbeitet, geordnete und faire Wahlen zu verhindern“, sagte Özdemir ..." (Zitat)

     

    Genau darum geht es. Vielleicht hat das nicht die AKP gemacht, vielleicht fand Erdogan das jetzt auch nicht gut, aber Tatsache ist doch, dass die Türkei der logistische Schlüssel der ISIS ist. Und damit hat Erdogan die Logistik dieser durchgebrannten Terroristen auch in der Hand. Er will aber weder dieser Leute abwerten, noch wirklich unterstützen, er will die Wahlen gewinnen und aus der Türkei ein autoritär-islamisches Land mit einer Pseudo-Demokratie machen. Anscheinend bewegt das aber kaum andere Politiker in der EU, sondern wirklich nur Özdemir. Immerhin der Anschlag hat wirklich dem letzten Europäer vorgeführt, dass die Türkei aus den Fugen gerät und dass dort Jihadisten eine Art Volksbewegung sind, die das Land endgültig sprengen zu drohen.

    • @Andreas_2020:

      wieso wird eigentlich immer noch behauptet, die türkei sei unterstützer von daesh? ist das so ne neue masche, man behauptet etwas einfach so oft bis keiner mehr weiß, ob das jetzt fundiert ist?

      • @TinTim:

        Du scheinst nicht wirklich die letzten zwei Jahre ISIS in Syrien und Irak verfolgt zu haben. Schau dir mal die logistischen Verbindungswege der ISIS an. Die fangen in der Türkei an und enden erstaunlicherweise dort auch.

  • Wie kann Erdogan gestoppt werden?

    Ein Psychopath.

    • @nzuli sana:

      hat erdogan die bomben gelegt?