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Nach dem Terroranschlag in WienÖsterreich sucht nach Erklärungen

Am Tag zwei nach dem Anschlag wird weiter gerätselt, ob der Täter allein handelte – und warum er einst vorzeitig aus der Haft entlassen wurde.

Nach der Terrorattacke: Stille und Spuren der Tat in der Wiener Innenstadt Foto: Matthias Schrader/ap/dpa

Wien dpa | Nach dem Terroranschlag mit mindestens vier Todesopfern in Wien gehen in Österreich am Mittwoch die Ermittlungen weiter. Zentral ist dabei etwa die Frage, ob der von der Polizei am Tatort erschossene IS-Sympathisant allein handelte. „Es verdichten sich die Informationen ganz erheblich, dass es sich um einen Einzeltäter handelt. Dennoch haben wir im öffentlichen Raum enorme Sicherheitsmaßnahmen ergriffen“, sagte der Chef der höchsten Polizeibehörde, Franz Ruf, am Dienstagabend im Sender ORF.

Bei der Tat am Montagabend war ein 20 Jahre alter Österreicher mit nordmazedonischen Wurzeln mit einem Sturmgewehr, einer Pistole, einer Machete und einer Sprengstoffgürtel-Attrappe durch ein Ausgehviertel nahe der Hauptsynagoge in Wien gezogen. Laut Zeugen schoss er wahllos in die voll besetzten Lokale.

Vier Menschen starben bei dem Angriff, darunter auch eine Deutsche. Mindestens 22 weitere Menschen wurden verletzt. Nach neun Minuten erschossen Polizisten den Angreifer. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) teilte am Dienstagabend mit, ein „Soldat des Kalifats“ habe die Attacke verübt.

Nachdem in der Nacht zum Dienstag fieberhaft nach weiteren Tätern gesucht worden war, gingen die österreichischen Behörden zuletzt von einem einzigen Attentäter aus. Sie wollten aber weitere Beteiligte nicht endgültig ausschließen und zunächst das umfangreiche Bildmaterial weiter auswerten. 14 Menschen aus dem Umfeld des Täters waren in den Stunden nach dem Attentat vorläufig festgenommen und 18 Wohnungen durchsucht worden.

Zudem gibt es auch die Sorge vor weiteren Taten. Man befinde sich in einer „sensiblen Phase“, in der sicherzustellen sei, dass es nicht zu Nachahmungstaten komme, sagte Österreichs Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Dienstag.

Täter wurde vorzeitig aus Haft entlassen

Die österreichischen Sicherheitsbehörden müssen sich zudem Fragen stellen, warum der österreichisch-nordmazedonische Doppelstaatler den Anschlag überhaupt verüben konnte. Der 20-Jährige war im April 2019 wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu 22 Monaten Haft verurteilt worden, nachdem er versucht hatte, nach Syrien auszureisen und sich dem IS anzuschließen. Statt im Juli wurde er aber bereits Anfang Dezember 2019 vorzeitig entlassen.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sagte im ORF: „Die Entscheidung, dass der Täter freigelassen wurde, war definitiv falsch.“ Wichtig sei nun die Suche nach Komplizen. „Der Terrorist ist nicht vom Himmel gefallen, es muss Menschen gegeben haben, die ihn verführt und radikalisiert haben.“ Er forderte mehr Engagement der EU gegen den politischen Islam, der die Freiheit und das europäische Lebensmodell gefährde. „Ich erwarte mir ein Ende der falsch verstandenen Toleranz“, sagte er der Welt.

Nehammer sagte, der Täter habe es geschafft, die Justizbehörden vor der Entlassung von seiner Deradikalisierung zu überzeugen. „Es kam zu einer vorzeitigen Entlassung eines Radikalisierten.“ Die Frage, ob der Mann nach seiner Entlassung von den Verfassungsschutzbehörden beobachtet wurde, beantwortete der Minister nicht klar. Er habe sich aber frei bewegen können.

Justizministerin Alma Zadić (Grüne) verteidigte dagegen am Dienstag die vorzeitige Entlassung auf Bewährung. Die Auflage regelmäßiger Kontakte zu Deradikalisierungsorganisationen sei nur bei vorzeitiger Entlassung möglich. Das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung sei informiert worden.

Am Mittwoch herrscht in Österreich der zweite von insgesamt drei Tagen Staatstrauer für die Opfer des Terrorakts. Die Schulen sollen zu Beginn des Unterrichts eine Gedenkminute abhalten. In Wien soll am Mittwoch wieder ein normaler Schultag stattfinden, nachdem die Schulpflicht aufgrund der unklaren Lage in der Nacht zum Dienstag für einen Tag ausgesetzt worden war.

Am Dienstagabend gedachten verschiedene Religionsgemeinschaften sowie Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Kurz und die weitere Staatsspitze bei einem ökumenischen Gottesdienst im Stephansdom der Opfer. Vertreter der Religionsgemeinschaften sprachen jeweils ein Gebet aus ihren Heiligen Schriften und zündeten Kerzen für die Toten der vergangenen Nacht.

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6 Kommentare

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  • 0G
    01022 (Profil gelöscht)

    Ebrahim Afsah, Prof. für Rechtswesen und Ethik an der Uni Wien, gestern in 3-Sat-Kulturzeit: "...Daraufhin hat die Universiät der Glaubensgemeinschaft [IGGÖ, eine Körperschaft des off. Rechts], noch bevor ich kam, zugesichert, 'Macht Euch keine Sorgen, der Typ wird nur Juristen unterrichten, Eure muslimischen Kinder werden von einem Rechtgeleiteten unterrichtet'."

    Fatma Akay-Türker, die einzige Frau im Obersten Rat der IGGÖ ist aus Protest im Juni 2020 zurückgetreten und sagte damals im Standardinterview: "Religion ist nicht nur Männersache! Die Frauen haben genauso Recht auf würdevolle, faire und anständige Behandlung. Wenn die Frauen ihre von Gott gegebenen Rechte verlangen, werden sie sofort als Feministin tituliert, herabwürdigt und attackiert. Es reicht!"



    ( www.derstandard.at...-zurueck-es-reicht )

    Ob die Anregung, eine gemeinsame Fatwa der muslimischen Geistlichen in Österreich gegen alle Terrororganisationen, Taliban, al-Qaida &c. zu erlassen, sinnvoll ist, so ex-Nationalrat RA Noll ( www.derstandard.de...posting-1061452994 ) vermag ich nicht zu beurteilen; das müssen schon Herr und Frau Österreicher muslimischen Glaubens selbst machen. Aber ich vermute, das wird auch bei ihnen eine "echt österreichische Lösung®".

  • 7G
    75787 (Profil gelöscht)

    „Der Terrorist ist nicht vom Himmel gefallen, es muss Menschen gegeben haben, die ihn verführt und radikalisiert haben.“

    Eine Tat, die durch nichts zu rechtfertigen ist. Trotzdem sollte man sich fragen, in welchem gesellschaftlichen Klima wir leben und in wie weit Ausgrenzung und Diskriminierung eine Rolle spielen:

    taz.de/Islamfeindl...terreich/!5690309/

    www.schantall-und-...nur-oesterreicher/

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @75787 (Profil gelöscht):

      Wenn man solche Taten mit Diskriminierung erklärt beleidigt man all jene die das auch erfahren und trotzdem friedliche und gesellschaftlich wertvolle Menschen sind.

      • 7G
        75787 (Profil gelöscht)
        @83379 (Profil gelöscht):

        Seit Jahren wird in Österreich eine islamophobe Stimmung geschürt - die Österreichische Regierung wurde hierfür bereits vom Europarat kritisiert. Wenn dieser Sachverhalt jetzt unter Verweis auf die üblichen Feindbilder gänzlich ausgeblendet wird, macht man es sich zu einfach. Das ist weder eine Erklärung noch eine Beleidigung - verstehen Sie es als Anstoss zur Selbstkritik.

      • RS
        Ria Sauter
        @83379 (Profil gelöscht):

        Kann Ihnen nur aus voller Seele und vollem Herzen zustimmen!

    • 7G
      75787 (Profil gelöscht)
      @75787 (Profil gelöscht):

      Vielleicht kann dieser Link als Substitution für den obigen dienen:

      www.katholisch.de/...g-gegenueber-islam