Nach dem Terrorangriff auf Konvoi: Burkina Faso unter Schock
Immer noch ist unklar, wie viele Menschen beim Angriff auf Goldminenarbeiter am 6. November starben. Nun wird über die Zukunft des Militärs diskutiert.
„Es waren über hundert“, berichtete gegenüber Journalisten Abel Konaré, ein 35-jähriger Bergarbeiter. Allein in seinem Bus hätten um die 80 Menschen gesessen, nur drei von ihnen hätten überlebt und es seien drei der fünf Busse in dem Konvoi von den Angreifern beschossen worden.
Die Nachrichtenagentur Reuters, die Konarés Bericht wiedergibt, zitiert eine „Sicherheitsquelle“ in Boungou, derzufolge sich in dem Konvoi 250 Menschen befunden hätten.
Bis Freitag waren offiziell lediglich 29 Tote namentlich identifiziert. Am Sonntag sollten erste Beisetzungen stattfinden. Eine dreitägige Staatstrauer war ausgerufen. Die kanadische Betreiberfirma der Mine, Semafo, hat die Aktivitäten in Boungou „aus Respekt“ eingestellt. Burkina Faso steht unter Schock.
Der blutige Angriff, der schwerste in der Geschichte des Landes, überschattet komplett die Feierlichkeiten zum 5. Jahrestag der Revolution gegen den autokratischen Herrscher Blaise Compaoré, der am 31. Oktober 2014 durch einen Volksaufstand gestürzt worden war.
Freiwillige sollen sich bei der Armee melden
Burkinas Staatsmacht erscheint gegenüber dem erstarkenden islamistischen Terror ratlos. Präsident Roch Kaboré hat zur „Generalmobilmachung“ und zur Rekrutierung von Freiwilligen für die Armee aufgerufen.
Der Bürgermeister der Hauptstadt Ouagadougou, Armand Beouindé, wünscht sich von jedem Staatsbürger eine Spende an die Staatskasse in Höhe eines Monatsgehalts.
Denn seit dem Ende des Regimes von Compaoré, der 1987 per Militärputsch an die Macht gekommen war, ist Burkina Fasos einst allmächtiges Militär nicht mehr, was es war. Die einst besten Soldaten des Landes haben nichts mehr zu sagen, an oberster Stelle Compaorés einstiger Stabschef Gilbert Diendéré, Kommandeur der einstigen Präsidialgarde RSP: Er sitzt in Haft, die Garde ist aufgelöst.
„Lasst die RSP an die Front in diesem Krieg, den Sie asymmetrisch nennen und von dessen Parteien und Gründen Sie keine Ahnung haben“, rief Eddie Komboigo, Präsident von Compaorés Partei CDP (Kongress für Demokratie und Entwicklung), jetzt Präsident Kaboré auf. „Gibt es für einen Soldaten eine bessere Art, seine Strafe abzusitzen, als an der Front die Nation zu verteidigen? Zwischen den vier Wänden ihrer Zellen nützen sie nichts.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen