Nach antiziganistischem Brandanschlag: Verdächtige festgenommen
Im Mai wollten mehrere Männer den Wohnwagen einer schlafenden Familie in Brand setzen. Nun hat die Polizei acht Tatverdächtige verhaftet.
Die Familie hatte mit ihren Wohnwagen auf einer Wiese in Erbach übernachtet. Die Tatverdächtigen seien mit einem Auto vorbeigefahren und hätten etwas gerufen. Anschließend sei aus dem Auto heraus die Fackel geworfen worden, die den Wagen nur knapp verfehlte. Die Täter flüchteten, die betroffene Familie wandte sich an die Polizei. Diese stellte die Fackel sicher und teilte etwa eine Woche später mit, man gehe von einer antiziganistischen Tat aus und suche nach Zeugen. Wegen des Verdachts einer politisch motivierten Straftat übernahm die Schwerpunktstaatsanwaltschaft Stuttgart die Ermittlungen.
Am Dienstag dann durchsuchte die Polizei mehrere Wohnungen und ein Gartengrundstück in Erbach und dem benachbarten Blaustein. Die acht Tatverdächtigen seien Männer im Alter von 16 bis 20 Jahren. Es seien „zahlreiche Beweismittel“ sichergestellt worden – um was es sich dabei handelt, wollte die Behörde auf Nachfrage mit Blick auf die laufenden Ermittlungen nicht konkretisieren.
Vier Verdächtige wurden dem Haftrichter vorgeführt, drei wurden zwischenzeitlich wieder entlassen. Bei einem Beschuldigten war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Textes noch nicht entschieden, ob er dem Haftrichter vorgeführt wird.
Vermehrte Hasskriminalität
„Antiziganismus zeigt sein grausames Gesicht in Baden-Württemberg“, sagte Daniel Strauß, Vorstandsvorsitzender des Landesverbands Deutscher Sinti und Roma in Baden-Württemberg, der taz. Es seien insgesamt 18 Familien vor Ort gewesen. „Sie alle waren in Gefahr.“ Der Verband werde Anwälte beauftragen, die Familie als Nebenkläger zu vertreten. „Nach dem NSU und NSU 2.0 ist es besonders wichtig, auf diese Straftaten ein Augenmerk zu haben“, sagte Strauß.
Die Zahl antiziganistischer Straftaten ist in Deutschland zuletzt deutlich gestiegen. Sie erhöhte sich im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2017 um knapp 54 Prozent. So zählte die bundesweite Statistik zu politisch motivierter Kriminalität im Jahr 2018 63 Taten aus dem Unterbereich „Antiziganistisch“. Im Vorjahr waren es 41. Hasskriminalität gegen Roma und Sinti wird erst seit 2017 separat erfasst. Zuletzt hatte sich auch der Bundestag mit dem Thema beschäftigt: Eine Ende März vom Bundesinnenministerium eingesetzte Expertenkommission soll bis 2021 eine Bestandsaufnahme zum Hass gegen Sinti und Roma erarbeiten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!