Nach Urteil in Frankreich: Amazon stoppt Versand

Ein Gericht in Nanterre zwingt Amazon, nur noch lebenswichtige Produkte zu verkaufen. Der Internethändler legt daraufhin fünf Tage Pause ein.

Ein Mann trägt eine Maske mit einem Amazonlogo das weint

Amazon darf in Frankreich nur noch „lebenswichtige“ Produkte verkaufen Foto: Peter Endig/dpa

PARIS taz | Aufgrund einer Klage der Gewerkschaft SUD wegen „Gefährdung“ der Beschäftigten hat ein Gericht in Nanterre den Online-Handelskonzern Amazon in Frankreich aufgefordert, ab sofort die Aktivitäten auf den Versand von Artikeln zu beschränken, die während der Covid-Epidemie als „wesentlich“ zu betrachten seien: Lebensmittel oder Produkte zur Hygiene und Reinigung. Für jeden Verzugstag, an dem dieser gerichtlichen Anordnung nicht respektiert wird, droht eine Geldbuße von einer Million Euro.

„So schnell wie Mausklick bei einer Bestellung per Internet“, so die Regionalzeitung „La Dépêche“, habe Amazon reagiert, indem die sofortige Schließung der sechs Versandlager in Frankreich angeordnet wurde. Die gesamten Aktivitäten sollen vorerst für fünf Tage, vom 16. bis 20. April, eingestellt werden. Die rund 10.000 Fest- und Interimsbeschäftigten erhalten während dieser fünftägigen Pause ihr volles Gehalt. Von den Möglichkeiten der Kurzarbeit, bei der das Unternehmen finanziell unterstützt würde, macht Amazon keinen Gebrauch.

Ohne dies explizit zu sagen, droht der amerikanische Konzern darüber hinaus damit, nach dieser Protestreaktion als Arbeitgeber Frankreich zu verlassen. Die Direktion erklärte zum Urteil und zu den gewerkschaftlichen Vorwürfen, die Sicherheit des Personals werde vernachlässigt, sie sei „perplex“. Denn sie habe ihren Angestellten zum Schutz am Arbeitsplatz nicht weniger als 1,5 Millionen Masken, 27.000 Liter Desinfektionsgel und 127.000 Pakete mit Reinigungstüchlein verteilt.

SUD-Gewerkschaftssprecher Laurent Degousse hält dem entgegen, bei den Arbeitsabläufen sei es den Beschäftigten nicht möglich gewesen, die Distanz einzuhalten. Auch habe ausgerechnet das tägliche Messen der Körpertemperatur beim Eingang unnötige Warteschlangen mit Covid-Infektionsrisiken geschaffen. Und generell meint er, das französische Arbeitsrecht werde nicht respektiert. Amazon war diesbezüglich angeblich bereits fünf Mal von der Arbeitsinspektion gemahnt worden und hatte dem nur teilweise Rechnung getragen.

Amazon geht in Berufung

Dass ihnen in erster Instanz die Justiz am Dienstag gegen den mächtigen Konzern Recht gegeben hat, ist für die französischen Gewerkschaften eine Genugtuung, die von Sprechern der politischen Linken, zum Beispiel Attac und Greenpeace, auf Twitter geteilt wird.

Amazon will das Urteil nicht hinnehmen. Frédéric Duval, Generaldirektor von Amazon France, sagte am Donnerstag: „Selbstverständlich legen wir Berufung ein.“ Eine auf die einstweilige Verfügung aus Nanterre aufschiebende Wirkung hat dies aber nicht, und viele Kunden, die auf ihre Bestellung warten, müssen sich wohl etwas länger gedulden.

Auch in Deutschland gibt es Kritik an Amazon wegen des Umgangs mit der Coronakrise. In den USA protestierten Beschäftigte wegen zu wenig Schutz.

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