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Nach Syriza-Wahlsieg in GriechenlandAngst im Angesicht der Querfront

Mehr stammelnd als selbstbewusst kommentieren Linke, dass die linken Wahlsieger um Tsipras mit Nationalisten koalieren. Warum?

Bei der Vereidigungszeremonie im Präsidentenpalast: der neu ernannte griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras Bild: reuters

Sonntagnacht noch gab es bei allen, die irgendwie finden, den Griechen müsste im Angesicht der Wirtschaftskrisen aufgeholfen werden, mindestens so etwas wie klammheimliche Freude. Jubel bei der Linkspartei gab es, klar. Aber auch bei Grünen und Sozen dominierte ein Gefühlsklima von wegen: Nun sind die Blöcke, die bis zu Bahnhofswärterjobs alles unter sich aufteilten, abgehalftert, die konservative Nea Dimokratia wie die sozialdemokratische Pasok. Gut so!

Montag schließlich der Schock für alle, denen an einer Grenze zum eurasischen Projekt Russlands gelegen ist – und daran, dass die europäische Idee der Freiheit unter keinen Umständen preisgegeben wird: Syriza geht eine Koalition mit der rechtspopulistischen Partei Anel ein. Man hätte, ausweislich erster Posts im Internet, gewarnt sein können.

Tragende Figuren der Montagsdemos begrüßten den Syriza-Sieg inständig, auch der bekannte Exlinke und inzwischen als Verschwörungstheoretiker empfundene Jürgen Elsässer. Sahra Wagenknecht jedenfalls, Spitzenpolitikerin der Linken, teilte mit, man wisse so wenig über die innergriechischen Verhältnisse und außerdem habe es keine anderen Koalitionsmöglichkeiten gegeben.

Das war schon an diesem Abend nicht wahr – denn es hätten natürlich die Newcomer von To Potami gegeben: Linksliberale ohne den Schmier jahrzehntelanger Teilhabe am Beuteschema von Posten und Pöstchen. Aber denen fehlte wohl das Bewusstsein für die ganz andere Alternative. Was nämlich Syriza und Anel eint, ist ein Glaube, dass das Europa der EU von größerem Übel ist als das, was Moskau zu bieten hat.

Kompromisse muss man machen

Der neue Außenminister Nikos Kotzias verfügt nicht nur über gute Kontakte in Russlands rechte Szene, sondern vor allem zu deren Guru, Alexander Dugin, einem antiwestlichen Hetzer, bekennenden Homophobling, Antidemokraten und intellektuellen Vordenker des eurasischen, also antifreiheitlichen Projekts Europas.

So weit, so gruselig. Aber: Was macht die hiesige Linke? Gibt sich tapfer, gleichwohl atmosphärisch ganz leicht erkältet. Das Neue Deutschland formulierte einen Generalbass im Sinne von: Kompromisse muss man machen. Aber: Kompromisse hätte man doch mit den Linksliberalen machen können.

Dietmar Bartsch, einer der wichtigsten Funktionäre der Linkspartei, hingegen formuliert in der Jungle World wenigstens ein gewisses Unbehagen: „Das sind Entscheidungen, die man aus der Ferne schwer beurteilen kann. Eine Einschätzung politischer Kräfte in Griechenland kann und will ich nicht aus dem Ärmel schütteln. Ja, ich finde eine Zusammenarbeit, erst recht Koalitionen mit rechtspopulistischen Parteien nicht akzeptabel. Es ist aber offensichtlich so, dass nicht massenhaft Partner für Syriza bereitstanden.“ Plötzlich will man, was den Blick auf andere Länder anbetrifft, es nicht so genau wissen können: seltsam, da doch sonst alles, was in der Welt geschieht, umgehend eine linke Erklärung nach sich zieht.

Im Internet allerdings wird die Gemengelage schon krasser verhandelt. Die einen posten mit Blick auf Syriza vom „Hitler-Stalin-Pakt mit Alexis-Sorbas-Appeal“, andere gruseln sich vor der Gemeinsamkeit beider Parteien im Hinblick auf die Unterstützung der Demokratisierung in der Ukraine durch die EU – aber es gibt vor allem in Hülle und Fülle FreundInnen der griechischen Querfront an der Macht: Man könne keine Rücksicht nehmen auf Nebenwidersprüche (Freiheit, Migration, Rassismus und weiteres Gedöns), jetzt komme es auf den Hauptwiderspruch an. Hier den zwischen Imperialismus (also USA, Israel und Merkel) und den Unterdrückten (Griechenland vor allem).

Hauptwiderspruch, zur Erläuterung, ist in den Siebzigern eine beliebte Vokabel bei Linken gewesen, mit der sie erklärten, dass die Sowjetunion gut sei, allen Gulags zum Trotz, weil dort das Kapital nicht regiere – und die Nebengeschichten erledigt werden könnten, wenn die USA und ihre Helfershelfer endgültig besiegt seien. Man darf vor dieser Logik im Sinne gesellschaftlicher Liberalität Angst haben.

Mit anderen Worten: Eine Linkspartei, die die Syriza-Koalitionswahl nicht zum Skandal macht – ja, ist die überhaupt noch links? Und: Hatten nicht Kommunisten am Ende der Weimarer Republik vor allem das Liberale gehasst, ebenso die Sozialdemokratie – die sie mehr verabscheuten als die NSDAP?

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79 Kommentare

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  • Die Bildunterschrift: "Eingeschworen von griechisch-orthodoxen Priestern: Alexis Tsipras ist der neu ernannte griechische Ministerpräsident." ist nicht ganz sauber. Tsipras hat als erster griechischer MP keinen religiösen Eid abgelegt.

  • Mein Kopf sagt mir: Syriza hat (leider) einen Koalitionspartner gebraucht, durch die ablehnende Haltung der KKE verengte sich der Spielraum, und ANEL ist wenigstens ein tauglicher Partner gegen die Aushungerungspolitik. Zudem wird von einem Minister dieser Rechtspopulisten schon nicht viel passieren.

     

    Mein Herz sagt mir: Eine Koalition mit einer solchen Partei geht gar nicht; und vor allem hat mich das Tempo doch sehr überrascht. Man hatte Zeit bis Mittwoch, Gespräche mit der KKE waren ohnehin geplant - warum hat man das nicht als erstes versucht, ablehnende Haltung hin oder her? Stattdessen hat man den Koalitionspartner spontan auf dem rechten Flügel gesucht und in Windeseile gefunden ...

    • @Gemeiner Hai:

      In diesem Artikel hier aus der taz ist sehr schön dargestellt, dass es sich bei ANEL wohl um was anderes handelt wie uns hier Feddersen klar machen will:

       

      http://www.taz.de/Griechenland-nach-der-Wahl/!153908/

       

      Es handelt sich um eine Abspaltung der konservativen ND. Wenn die Schilderungen stimmen, sind z.B. in der hessischen CDU wesentlich reaktionärere Typen anzutreffen wie in dieser ANEL. Insofern muss einem erst mal schlecht werden, wenn hier in der BRD eine Partei wie die Grünen mit sowas koaliert. Bzw. mindestens muss man dann genauso kotzen.

       

      Einige Zitate sind auch einfach falsch übersetzt worden. Darauf ist Pascal Beucker schon in diesem Artikel eingegangen:

      http://www.taz.de/Nonsensjournalismus-zu-Griechenland/!153827/

       

      Diese Artikel haben zumindest einige Bedenken von mir etwas gemildert, wenn ich auch nach wie vor skeptisch bin, aber letztendlich ist es die demokratische Entscheidung der griechsischen Bevölkerung und nicht der deutschen,

  • Rechts und Links als Aussenpositionen einer Linie zu sehen war schon immer falsch.

    Realer ist es diese "Linie" zu einem Kreis zu formen. Dann kommen ähnliche Grundhaltungen auch optisch zusammen. Dann wird es möglich den menschenverachtenden Teilbereich des Kreises dort zu sehen, wo er wirklich herrscht: In der sogenannten Mitte.

  • Egal, linke Politik ist dann links, wenn es gegen "den Westen" geht, Syriza kann als linke Partei doch gar nicht rechts sein, zumindest nicht, wenn man zahlreichen Kommentatoren hier glaubt....

    • @Aaron Kunz:

      jeden als rechts abzustempeln der sich kritisch zum System äußert, den Westen kritisiert usw. ist ja nu auch eine allzu durchschaubare Albernheit, wenn auch vielfach Medienstrategie...

  • Zahlen griechische Millionäre eigentlich inzwischen Steuern?

     

    Wurden die auf Schweitzer Konten hinterlegten Millionen eigentlich inzwischen versteuert?

     

    Wenn Nein, dann seht zu wie ihr klar kommt.

     

    Fangt erst mal an Steuern einzutreiben, insbesondere von den Reedern dann wären die Haushaltsprobleme auch überschaubar.

  • "Hatten nicht Kommunisten am Ende der Weimarer Republik vor allem das Liberale gehasst, ebenso die Sozialdemokratie – die sie mehr verabscheuten als die NSDAP?"

     

    Wer weiß das schon genau?

    Aber was in dem Satz alles drin steckt:

    Die Kommunisten haben vor allem das Liberale gehasst und die Sozialdemokratie "genauso". Beide (das glaubt der Autor selbst nicht, schreibt es aber so) wurden von den Kommunisten mehr gehasst als die NSDAP (so Feddersen).

    Damit wird der KPD (deren Mitglieder als erste in KZ kamen, wir erinnern uns doch?) ein größerer Anteil am Scheitern der WR und somit indirekt auch der Naziherrschaft zugeschanzt als dem Zentrum, das doch dem Ermächtigungsgesetz zustimmte (und vergessen wir nicht die Notverordnungen, mit deren Hilfe Brüning zuvor regierte).

     

    Dazu: Von welchem Liberalen ("das Liberale") zum Ende der WR fabuliert Feddersen eigentlich? Welche liberalen Kräfte gab es damals? Na?

     

    Zur Einordnung: Ich bin bin weder Fan der Vor-, noch der Nachkriegs-KPD, noch von sonstigen Kommunisten in D. und weltweit, noch der griechischen Koalition (in diesem Fall teile ich die Präferenz des Autors). Doch dieser Artikel ist vor allem von Anarchronismen geprägt und verdreht die Geschichte auf nicht zu billigende Weise.

     

    Herr Feddersen klammert sich an die hohle Phrase des "Liberalen", tut so als würde es irgendwem in der Politik tatsächlich in erster Linie darum (also um moderne westliche Werte) gehen und ist politisch daher nicht ernst zu nehmen.

    • @MontNimba:

      Wie Sie schon sagen, liegt die Hauptverantwortung immer noch bei denen, die Hitler die Macht übertragen haben. Aber selbst innerhalb der Arbeiterbewegung war ja nicht nur die böse KPD schuld - es war ja nun auch nicht gerade so, dass sich die SPD-Führung um die proletarische Einheitsfront bemüht hätte ...

  • 6G
    6474 (Profil gelöscht)

    " Plötzlich will man, was den Blick auf andere Länder anbetrifft, es nicht so genau wissen können: seltsam, da doch sonst alles, was in der Welt geschieht, umgehend eine linke Erklärung nach sich zieht."

     

    ich möchte den ganzen kram nicht unbedingt in schutz nehmen aber letztlich weiß man es doch auch einfach nicht.die linken haben deutlich mehr sitze im parlament also stellt sich ja auch die frage wie viel der rechte koalitionspartner am ende mitreden darf und kann,oder ob das ganze ein taktischer schachzug von tsipras ist.

  • Ob die Rechte dem Ministerpräsidenten hilft, auch den Reichen im eigenen Land Paroli zu bieten?

    Allerdings könnte BRD den Griechen die Schulden aus dem zweiten Weltkrieg mal zurückzahlen. Es wäre wünschenswert, käme das den kleinen Leuten zugute.

    Aber wovon träume ich eigentlich Nachts?

  • fornax [alias flex/alias flux] "Wegen Orban gab´s nie halbwegs so ein Theater..."

     

    In Kiew, entsinne ich mich, war die Front mit Swoboda, Rechter Sektro, OUN immer ganz in Ordnung :D

    • 6G
      6474 (Profil gelöscht)
      @h4364r:

      ohne jetzt in dieses putin-russland abgefeiere einzusteigen,aber das frage ich mich auch gerade.gut,jetzt hat der rechte sektor in der ukraine deutlich an bedeutung eingebüßt,aber ganz ehrlich:gerade die taz fand den rechten sektor mehr oder weniger ganz auf grüner linie, im großen und ganzen unproblematisch wenn ich mich recht entsinne.aber in griechenland ist der kleine oalitionspartner jetzt eine gefahr?hm...

      und gab es hier letztens nicht auch einen artiel der besagte das man mit den pegida-rassisten reden sollte?

      • @6474 (Profil gelöscht):

        Vielleicht ist es eine Gefährdung weil sie keine Fackelmärsche wie in der Ukraine machen, keine faschistoiden Symbole verwenden, sich nicht auf SS-Kollaborateure wie Bandera beziehen etc. pe, pe. Nicht randalieren, nicht mit Knüppeln und Metallschildern auf die Straße gehen, keine Pflastersteine werfen usw. Vielleicht wird es deshalb von der EU und der Presse als Gefährdung angesehen. Auch, da die EX-NDler, CDU-Schwestern, nur ein Ministeramt haben und nicht für genügend Radau sorgen können... Wer weiß?

  • "Was nämlich Syriza und Anel eint, ist ein Glaube, dass das Europa der EU von größerem Übel ist als das, was Moskau zu bieten hat."

     

    Was Syriza und Anel eint, ist die realistische Einschätzung der "Hilfe" durch die Troika als hemmungslosem Ausverkauf Griechenlands im Interesse deutscher, französischer und englischer Banken.

     

    Ansonsten haben wir den Teufel Tsipras mit dem Teufel Putin schön an die Wand gemalt. Ein neoliberales propagandistisches Highlight. Da weiß man gleich, wo die Reise in Zukunft hingehen soll: immer weiter in den Kalten oder auch Heißen Krieg.

  • Ziemlicher Flachpass, den Feddersen hier ziellos in die Gegend ballert. Macht ja nix, kann er doch hier mal wieder richtig auf die Linke draufhauen: nach dem Muster billig, billiger, gar nix mehr! Denn das Programm, das sich die neue griechische Regierung vorgenommen hat, interessiert den Draufhauer genauso wenig wie die Zusammensetzung des Kabinetts. Seine Anfeindung des Aussenministers Nikos Kotzias, den er offensichtlich gerne wahrheitswidrig der Partei Anel zuordnen würde, zeigt ja nur, dass seine Süffisanz sich ja nicht auf die Art der Koalition einer linken mit einer Mitte-rechts-Partei bezieht, sondern dass er mit schwerem Säbel der Linken ordentlich eins überziehen will. Allein schon der Wortgebrauch populistisch: Feddersen und die taz (siehe dazu auch den Beitrag von Leggewie an anderer Stelle) sind populistischer als die hier so titulierten Parteien, denn es wird hier nur wiedergekäut was in den deutschen Einheitsmedien unter dem Leitmedium Bild-Zeitung als Kampfparolen gegen die neue griechische Regierung intoniert wird. Seltsam, dass man in der taz nie von den Rechtspopulisten CDU und Mittepopulisten SPD oder gar Ökopopulisten der Grünen Partei liest. Also liebe taz, bitte mehr korrekten und weniger kampforientierten Wortgebrauch, auch nicht den Versuch, die Bild-Zeitung in Russophobie in den Schatten zu stellen. Das Regierungsprogramm ist 100 % Syriza und die Durchsetzung des Programms ist mit Anel ebenfalls gesichert, jedenfalls mehr als mit jedem anderen Partner, und nur das gilt. Das mag Feddersen ja nicht passen, weshalb ihn das ja auch nicht die Bohne interessiert, er will nur der von ihm verachteten Linken eins reinwürgen, und diese Gelegenheit will er sich nicht entgehen lassen. Das ist hier leicht zu durchschauen, er kann sich ja jetzt, wenn er ernst genommen werden will, mit dem Regierungsprogramm im Einzelnen auseinandersetzen und mal was Überzeugendes produzieren, darf ja auch kritisch sein, nur gut begründet.

    • @Hermann J. Joerissen:

      Aha, da Syriza, Ihrer Meinung nach links ist, kann das Problem mit Kotzias also gar keins sein, denn dann wäre Syriza ja gar nicht mehr so links. Da sowohl seine Verbindung zu Dugin, als auch dessen rechtsradikale Gesinnung eine Tatsache sind, wird dem Autor einfach mal unterstellt, er hätte "gerne wahrheitswidrig" ein paar Falschbehauptungen aufgestellt. Das hat er zwar nicht getan, aber es ist trotzdem "offensichtlich", schließlich will er die "linke" Syriza "mit schwerem Säbel" schlecht machen. Ein "schwerer Säbel" ist für mich jemand, der in einer Diskussion darüber philosophiert, was der Gegner wohl alles für böse Dinge gerne getan hätte. Tatschen, die Ihrer Auffasung widersprechen, sind die Vorstufe zur Lüge. Aber so funktionieren nun mal Zirkelschlüsse. Syriza ist gut und links, also ist Syriza kritisieren schlecht und rechts. Am aggressivsten ist aber Ihre Unterstellung der "Russophobie", nur weil der Autor einen russischen Rechtsradikalen erwähnt hat. Auf dieses "Argument" gehe ich in Ihrem Interesse gar nicht erst ein.

  • Dass der "besonders beaufgabte" Herr Feddersen die linksnationale Koalition nicht mag, macht diese für mich noch sympathischer.

    Was ist eigentlich so schlimm an einer Querfront?

    Bruno Kreisky stützte seine erste Minderheitsregierung auf die FPÖ. Der slowakische Sozialdemokrat Robert Fico regierte zunächst mit einem rechten Partner. Beide errangen anschließend die absolute Mehrheit.

  • Nur am Rande, zum Photo, bezeichnend aber für den ganzen Aufsatz:

    Tsipras wurde gerade nicht von Priestern eingeschworen. Er ist der erste Ministerpräsident in der Geschichte Griechenlands, der es nicht tat, sondern einen "politischen" Eid ablag. Am nächsten Tag taten die meisten Mitglieder des Kabinetts dasselbe, nur wegen der Anel-Leute war die Anwesenheit von Priestern erforderlich.

  • Interessant ist, dass dieser Aufschrei über sonderbare Koalitionen nun erfolgt. Evtl. hat Feddersen ansonsten noch nie die Politik der Nachbarländer beobachtet.

     

    Wilders tolerierte eine christdemokratisch-liberale Regierung. In Litauen koaliert die Sozialdemokratie mit der nationalkonservativen und euroskeptischen Tit. Und dass die CDU schon lange mit der ungarischen FIDESZ in einer Fraktion im Europaparlament sitzt, stört auch die ganzen Demokraten der EU nicht.

     

    Schlimm ist es offenbar immer nur, wenn die Linken sich konsensbereit zeigen. (Wobei ich unumwunden zugebe, dass ich Koalitionen am besten finde, wenn sie den größtmöglichen Anteil der Bevölkerung im Parlament repräsentieren. D.h. für die BRD z.B., dass Die Linke nur in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen was in der Regierung zu suchen hat, die Grünen nur in Baden-Württemberg und Bremen.)

    • @Age Krüger:

      Wollen Sie einen Scheiss mit anderen Scheiss entschuldigen?

      • @Arcy Shtoink:

        Ich wüsste nicht, wo ich das getan hätte. Ich habe darauf hingewiesen, dass viele Menschen ansonsten sehr gelassen mit solchen sonderbaren Koalitionen umgehen und unterstelle deshalb denjenigen, die in diesem Falle besonders erregt sind, entweder Uninformiertheit, was ansonsten in Europa abgeht oder aber bewusste Parteilichkeit.

    • @Age Krüger:

      Wegen Orban gab´s nie halbwegs so ein Theater...hier wegen einem kleinen Häufchen Anel...

  • Da teile ich doch glatt die Befürchtungen vom Feddersen: "Status Quo: Soziale Probleme werden gegen Schwule ausgespielt

    Die rechtliche Gleichstellungen ist in Griechenland noch nicht erreicht. Vielmehr diskriminieren nach wie vor “Unzucht-Paragrafen” besonders schwule Männer. Ein antiwestlicher Kurs, eine ideologische Hinwendung zum orthodox-christlichen, nationalistisch-völkischen Putinismus, dürften die Situation wohl kaum verbessern. Im Gegenteil. Optimistinnen in Griechenland setzen indes auf das Prinzip Hoffnung – immerhin gebe es bei der Syriza auch LGBT-Gruppen. Anbetracht der Tatsache, dass auch die homofeindliche deutsche AfD mit Homo-Gruppen aufwartet, ist die Existenz von Interessengruppen noch kein Beleg zum Willen, liberale Positionen Oberhand gewinnen zu lassen. Vielmehr steht die bereits munter als “abstrakte Freiheit” herabgewürdigte Homogleichstellung auf der Syriza-Agenda hinten an. “Soziale Rechte für alle” werden gegen individuelle Freiheitsrechte ausgespielt. Wieder einmal geraten Lesben, Schwule und Trans* zwischen den ideologisch zementierten Fronten in die Schusslinie."

     

    - See more at: http://reiserobby.de/querfront-der-putinisten-versus-homosexuelle-griechenland-wird-zur-gefahr/#sthash.yWtapxot.dpuf

    • @Robert Niedermeier:

      Da bin ich etwas verwundert.

      Ich hatte nach den großkotzigen Reden der EU-Befürworter immer gedacht, dass z.B. die rechtliche Gleichstellung in den meisten Fällen eine Verpflichtung für EU-Mitgliedsstaaten wäre.

       

      Wenn das bislang nicht mal der Fall war und sowieso man auch EU-Mitglied werden kann mit z.B. russischen Gesetzen (die litauischen oder lettischen sind ja sehr ähnlich) heißt das dann ja letztendlich, dass die EU wirklich der Misthaufen ist, für den ihn viele zu Recht halten. Nix mit Menschenrechten oder weniger Diskriminierung. Eine reine Wirtschaftsgemeinschaft also, eine kapitalistische Internationale.

       

      Da lobe man sich die Briten, die schon kaum noch darüber streiten, ob sie in der EU bleiben wollen oder nicht, sondern wo die Frage eher lautet: Sofort aus der EU raus oder erst noch eine Volksabstimmung zur besseren Legitimation abwarten.

    • @Robert Niedermeier:

      "Die rechtliche Gleichstellungen ist in Griechenland noch nicht erreicht. Vielmehr diskriminieren nach wie vor “Unzucht-Paragrafen” besonders schwule Männer."

       

      Wem wollen Sie am heutigen Tag die homophobe Diskriminierung vorwerfen, der neuen Regierung oder der alten (für die Herr Feddersen hier indirekt wirbt)?

  • Eine gebotene Info zu To Potami,die der sachlichkeit dienlich sein könnten: Giannis Papanikolaou, der von der Partei zum Experten für internationale Wirtschaftsbeziehungen bestimmt wurde, ist politisch kein Unbekannter. Es handelt sich um einen ehemaligen Weggefährten von Andreas Papandreou und Pasok, der jetzt Berater von Melissanidis, dem Eigentümer des griechischen Erdölkonzerns Aegean ist. Damit ist er als "Schattenminister" für Wirtschaft ganz offensichtlich mit der griechischen Oligarchie mehr als verbandelt. Auf der offiziellen Parteiseite von To Potami wird dieses Detail seiner Biografie übrigens nicht genannt. Quelle: http://www.parapolitika.gr, 20.11.2014

    • @cellspeak:

      Leider bin ich des Griechischen nicht mächtig.

      Aber wenn das stimmt, was Sie hier vorbringen, wäre daraus der Schluss zu ziehen, dass ein solcher Minister für da Ziel, den Filz und Korruption zu beenden denkbar ungeeignet wäre.

       

      Soviel also zur Auswahl der Parteien, die als Koalitionspartner zur Wahl standen.

  • Nun gut... in der aktuellen Situation Griechenlands, das von Merkel, Troika und Complizen nahe an den Rand des Zusammenbruchs zwangsgespart wurde und für das es jetzt nur die Wahl zwischen Schuldenschnitt oder ewiger Abhängigkeit gibt, kann eine Dosis rechten Grolls gegen Brüssel & Berlin nicht schaden. Außergewöhnliche Probleme erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Insofern alles im grünen Bereich in Hellas.

     

    Letztlich ist diese neue Regierung auf dem Mist gewachsen, den Merkel & Co - arrogant und ignorant genug, zu glauben, daß man mittels Schuldenknute ein ganzes Volk versklaven könne und dieses sich alle Demütigungen und Zumutungen ewig gefallen ließe - produziert haben.

     

    Die neue griechische Regierung ist ein Resultat korrumpierter und damit gescheiterter Europapolitik. Wie Helmut Kohl ganz richtig sagte: "Die macht mir mein schönes Europa kaputt."

    • @Dudel Karl:

      Muttler halt...

      • @fornax [alias flex/alias flux]:

        Ihr müsst mal erwachsen werden! ;-)

  • Erinnert werden muss ja auch daran, dass wir für rein deutsche „Rettungsschirme“ (IKB, HRE, Commerzbank, versch. Landesbanken) seit 2007 schon über 25 Mrd. Euro versenkten und mit über 60 Mrd. Euro in Bürgschaft stehen, also alles Bankenrettung, was ja auch für mindestens 70 Prozent aller Euroschirm-Rettungsgelder gilt – auch das wurde bisher ja systematisch von den politisch Verantwortlichen und der sie stützenden Ökonomen-Fraktion unterschlagen. Die Dauerfloskel „Wir retten die Griechen, die Spanier, usw.“ ist ja eine halbe Lüge – wir haben doch stets unter anderem auch unsere deutschen Banken gerettet (die z.B. in Griechenland und in die Immobilien-Blase in Irland und Spanien mit zig Milliarden Euro involviert waren).

     

    Insofern ist die viel beschworene „Solidarität“, für die man dann gerechterweise auch harte Bedingungen „als Gegenleistung“ oktroyieren kann, eine reichlich verlogene Dauerphrase. Selten wurde das Staatsvolk so wie seit der Finanzkrise 2007/9 zu Ader gelassen und droht noch viel stärker zu Ader gelassen zu werden für Dinge, für die es kaum etwas konnte, und noch nie wurde es dabei so in Nebel getaucht (Es müssen dabei ja auch noch die zig Mrd. Euro Staatsausgaben bzw. entgangenen Staatseinnahmen erwähnt werden, die die sog „Finanzkrise“ uns als Wirtschaftskrise kostete – und immer noch kostet).

    • @majakowski Iljitsch:

      Natürlich geht, da Geld an Banken, Versicherungen und Pensionskassen, wer kauft denn sonst Staatsanleihen? Das man um Schulden zu tilgen, Geld zahlen muss, scheint wohl so zu sein. ;) Aber in einem Staatsbankrott hätten die Gläubiger so gut wie alle Lieferungen an den griechischen Staat pfänden können, also werden die Griechen durchaus gerettet. Und die griechische Bevölkerung hat durchaus von den Schulden profitiert. Warum sonst hätte Greichenland diesen vollkommen überdimensionierten Beamtenapparat aufbauen können?

  • Nicht Tsipras’ Wahl-Sieg ist ein Vorbote der Katastrophe, sondern die unglaubliche Sturheit, Phantasielosigkeit, Unkenntnis, Leichtfertigkeit, Demokratieferne und das eventuell daraus resultierende zynische Poker-Spiel gegen die Griechen (d.h. gegen alle, die es wagen, sich den Brüsseler und Frankfurter Glaspalästen entgegenzustellen).

  • Alle hier genannten Staaten sind noch weit von ihrem Stand von 2007 entfernt, und der Rest der Einbrüche – bei allen hier aufgeführten Parametern – ist weitgehend Folge der drakonischen ausschließlichen Sparprogramme (was im übrigen jeder Ökonomie-Student im 6. Semester nachvollziehen kann), das heißt, sie sind durch die Krisenpolitik selbst gemacht. (Nur Italien und vor allem Griechenland hatten vor der Krise schon ein hausgemachtes Schuldenproblem, das sich aber durch die Krise und einseitige Sparpolitik noch dramatisch verschärfte) Man beachte z.B. die Zahlen für Irland und Spanien vor und nach der Finanzkrise.

  • Die Staatsschulden stiegen von 2007 bis 2013 in Griechenland von 240 auf 320 Mrd. Euro, in Italien von 1605 auf 2070 Mrd. Euro, in Spanien von 382 auf 960 Mrd. Euro, in Portugal von 116 auf 213 Mrd. Euro, in Irland von 25 auf 124 Mrd. Euro. Bezogen auf das BIP, also als sogenannte Staatsschuldenquote, sehen die Zahlen 2007 bis 2014 so aus: Griechenland 107/175 %, Italien 103/133 %, Spanien 36/94 %, Portugal 68/129 %, Irland 25/124 % (fast alle Zahlen Eurostat bzw. DIE WELT vom 6.01.2015).

  • Das Gerede von der inzwischen erreichten Krisenfestigkeit ist eitler Selbstbetrug. Das Casino zockt inzwischen mit noch größeren Summen und Risiken ungehemmt weiter wie vor der Krise – mit den bekannten erneuten möglichen Folgen. (Allein die US-Banken haben für ca. 280 Billionen US-Dollar US-Derivate in ihren Büchern und machen ihre größten Gewinne beim Handel mit ihnen, also mit reinen Spekulationsgeschäften, meldet die New York Times.) Das bisher nicht verhindert zu haben ist eine der sträflichsten politischen Sünden der Gegenwart. (Es gibt leider keine Punktetabelle für politische „Dummheiten“ und Unterlassungssünden – die Euro-Politik hätte schon hier ein sattes Konto, die aktuelle EZB-Politik noch gar nicht mitgerechnet!)..Nach vier bis fünf Jahren „Rettung“ mit unvorstellbaren Summen und teilweise barbarischer Medizin musste man den eigenen Wählern zeigen, dass die eben aufgeführten Risiken sich gelohnt haben, dass sie eigentlich keine mehr sind, so dass die in der Regel konservativ-liberalen Regierungen ihren gequälten Völkern nun Licht am Ende des Tunnels signalisieren und Erfolge vorzeigen können.

    Zuerst einmal zu den Zahlen: Im Falle Griechenlands ist der hauchzart positive Haushalt (den gesamten Schuldendienst allerdings herausgerechnet) mit Sicherheit auch ein Produkt phantasievoller Buchführung; ich vermute das auch bei den anderen Ländern. Wir müssen uns ja nur betrachten, mit welchen Buchungstricks Schäuble die schwarze Null erreicht. Bei den Arbeitslosenzahlen gehe ich generell davon aus, dass die offiziellen Angaben nicht stimmen. Paradebeispiel für diese statistische Filibusterei ist unser Land selber, wo fast alle Medien kritiklos kolportieren, wir hätten unter 3 Mio. Arbeitslose, diese Zahl in Wirklichkeit aber bei 5 Mio. liegt:

    • @majakowski Iljitsch:

      280 Billionen Dollar? Das würde ich nochmal überprüfen

  • Da bestimmt ein technokratisches, mehr oder weniger anonymes und demokratisch kaum legitimiertes Gremium (Troika) mehr oder weniger diktatorisch in einem geradezu dramatischen Umfang über ein Mitglied der EU, und dem so „behandelten Volk“ wird das Recht abgesprochen, darüber zu befinden, ob es sich das so gefallen lassen muss. Es geschieht seit fünf Jahren eine Entmündigung und Entwürdigung ganzer Völker, in der Sache und im Ton. (CSU-Söder: „An den Griechen muss jetzt ein Exempel statuiert werden.“ – Das ausgerechnet aus deutschem Munde!)

    • @majakowski Iljitsch:

      Immer dieses wenig durchdachte Argument mit der "Selbstbestimmung". Wenn Griechenland das will, hätte es halt nicht auf unser Geld angewiesen sein dürfen. Das die Griechen "selbst bestimmen", wie viel von unseren Steuergeldern sie haben wollen und was sie damit tun, ist Unsinn und das sollte auch jeder einsehen.

      • @Aaron Kunz:

        die Frage ist ja eben, wer an diesem Unsinn Schuld ist. "Die Griechen" bestimmt nicht sondern Einzelne aus der sog. Elite, die das Desaster verantworteten, auch aus der EU-Behörde.

  • Man zwingt Völkern eine wirtschaftliche Depression mit Massenarbeitslosigkeit und Zukunftslosigkeit auf, große Teile der Bevölkerung werden in die Armut und vor die Suppenküchen getrieben und müssen dann zusehen, wie die „Agenten des Reichtums“ (als solche erscheint die Troika), die ihnen dieses Programm aufzwingen, den jeweiligen Geldadel ihres Landes ungeschoren lassen. Bei aller berechtigten Kritik und Empörung über die seinerzeit wirklich unerträglichen Zustände in Griechenland sollte eine solche „Sonderbehandlung“, eine solche Arroganz, eine solche unglaublich ungerechte Verteilung der Strafaktionen die Empörung und den Änderungswillen der betroffenen Bevölkerungsteile wohl verständlich erscheinen lassen. Wen das wundert oder wer das kritisiert, der zeigt, dass er vom Projekt eines „demokratischen Europas“ kaum eine Vorstellung hat.

  • Die neoliberale Finanzpolitik hat uns in die Krise geführt und die Schulden erst explodieren lassen, die neoliberal gestrickte „Spar- und Reformpolitik“ hat seit fünf Jahren mit ungeheurem finanziellen Aufwand und noch größeren finanz- und geldpolitischen Risiken (!), mit durchaus auch anfechtbareren „Reformen“ und teilweise unsäglichen Zumutungen für die normalen Bevölkerungen, die Krisenstaaten und die ganze Euro-Zone, ja die EU in eine absehbar dauerhafte rezessive Wirtschaftskrise geführt – und „Land in Sicht!“ rufen nur die Ausgucker mit dem Auftrag, die Schiffsbesatzung bei Laune zu halten

  • Vielleicht sollte Griechenland tatsächlich den Euroraum verlassen. Das wäre sicherlich ein schmerzlicher Einschnitt für Griechenland, aber auch für die Banken der EU! Griechenland würde sicherlich von amerikanischen Ratingagenturen (die die eigene marode Wirtschaft als hervorragend einstufen) mit Ramschstatus versehen, aber Griechenland hätte dann die Möglichkeit, eigene Produkte besser zu vermarkten und ausländische Produkte vom Markt zu verbannen (weil zu teuer). Die Folge wäre eine Stärkung der regionalen Industrie, wie es zur Zeit auch in Russland geschieht. Wer in Russland reist,wird sehen, dass es nicht so ist, wie es sich unsere Wirtschaftsbosse und deren Politiker vorstellen!

    Die EU paktiert in der Ukraine ja auch mit Faschisten (nicht erst begannt seit dem Fauxpas des ukrainischen Ministerpräsidenten Jazenjuk in den Tagesthemen vom 7. Januar - von Politik und Medien wunderbar ausgeblendet), und letztlich terrorisiert die EU (und auch die USA) andere Nationen durch Boykottdrohungen! Wer sind nun die wirklichen Terroristen und Schurken?

    • @Ulrich Dierßen:

      Russland überfällt die Ukraine und wir "terrorisieren" Russland mit Sanktionen? Des weiterhin ist problematisch, dass Sie Ihre Meinung zur wirtschaftlichen Entwicklung einer Nation offenbar von der moralischen Beurteilung der Politik dieser Nation abhängig machen. Wenn Russland durch die Sanktionen gestärkt werden würde, hätte Putin schon vor Jahren aus Eigeninteresse Schutzzölle verhängt.

  • Meine klare Ablehnung des Bündnisses mit der Ultrarechten und der russischen Politik der Menschen-, Grundrechts- und Völkerrechtsverletzung habe ich ja bereits unter diesem Artikel (Kommentar?) kundgetan (http://taz.de/Griechenland-und-Russland/!153779/), weshalb ich dies nun nicht erneut tun werde.

    Stattdessen möchte ich einfach ein paar Fragen in den Raum stellen:

    Weshalb bringt der Autor auf einmal Israel ins Spiel, das in der Diskussion um Griechenland bisher, völlig zu Recht, außen vor gelassen wurde, weil es ganz offensichtlich mit der Situation nichts zu tun hat? Soll hier auf ganz subtile Art und Weise ein Antisemitismusvorwurf (gegen Syriza?) kreiert werden? Oder gar gegen den gemeinen Syriza Sympathisanten, der sich über einen linken Gegner der troikisch, neoliberalen Spardoktrin erfreut?

    Warum findet die Klarstellung Varoufakis in diesem Artikel (Kommentar?) keine Erwähnung, der herausstellte, man sei nicht gegen die Sanktionen gegen Russland, sondern es habe der neuen griechischen Führung nicht gefallen, dass man sie aus der EU darüber schlicht nicht informiert habe?

    Warum erwähnt der Autor nicht, dass das taktische, und nicht etwa ideologische Bündnis zwischen Syriza und Anel insofern gewinnbringend für Syriza ist, als dass Anel, aufgrund der Geringfügigkeit ihrer Sitze im Parlament, sich bereits mit einem Ministerposten zufrieden geben muss und die Syriza dadurch in wirtschaftlichen Fragen freie Hand hat?

    Warum findet es keine Erwähnung, dass die Syriza bereits dafür gesorgt hat, dass in Griechenland geborene Ausländer mit sofortiger Wirkung zu griechischen Staatsbürgern werden? Warum findet der rassistische, der Anel also sehr nahestehende Wahlkampf der ND hier keine Erwähnung? Wäre dies bei einem Wahlsieg der ND in der taz ebenso kritisch hinterfragt worden wie nun jede Regung der jungen Regierung?

    • @Manuel:

      Weil ND die Wahlen nicht gewonnen hat. Was über die ND im Falle eines Sieges geschrieben worden wäre, ist Kaffeesatzleserei.

      • @Aaron Kunz:

        Anel sind eh EX-NDler... also haben sie die Wahlen nicht gewonnen sind aber doch irgendwie beteiligt, ein Ministeramt.

    • @Manuel:

      Inwiefern hätte also eine ND geführte Regierung, die rassistische Hetze während der Wahl betrieben hat und für ihre starke Nähe zur griechischen Orthodoxie bekannt ist, für eine liberalere Gesellschaftspolitik gesorgt?

      Warum spielt die links-alternative taz auf einmal im Konzert der empörten neoliberalen Medien mit und bezichtigt der 5 Tage alten griechischen Regierung unter deutlicher Führung der Syriza allerlei Dinge, welche man einer wesentlich illiberaleren und wirtschaftsradikalen Partei wie der ND nicht in einem solch scharfen Ton und in einer solchen Artikelschwämme angetragen hat?

      Und wie kann es sein, dass die taz mittlerweile sogar ganz offensichtlich selbst von der ZEIT in ihrer Griechenlandberichterstattung links überholt worden ist? (http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-01/griechenland-tsipras-russland-linke-che-guevara)

  • Btw. die Untertitelung des Fotos geht gar nicht. Diese Regierung ist die erste in der griechischen Geschichte, die einen Eid ohne Kirche und Bibel vollzieht. Und Dreiviertel der Minister_innen hat sich diesem zivilen Eid angeschlossen. Das war entgegen der Aussage des Untertitels ein wichtiger symbolischer Akt gegen die Verflechtung von Staat und Kirche.

  • Leider ist dieser Kommentar schlecht recherchiert. Mit der Realität in Griechenland scheint sich Herr Feddersen nicht wirklich auseinandersetzen zu wollen. Auch ich finde es nicht toll, dass eine linke Regierung sich rechte Populisten als Koalitionspartner ausgesucht haben. Aber scheinbar waren die Alternativen nicht sonderlich umfangreich. Ob durch diese Wahl linke gesellschaftspolitische Positionen über Bord geworfen werden, wird sich noch zeigen. Jedoch wurde gleich am ersten Tag - und das ist in der hiesigen Presse offenbar ein wenig untergegangen - angekündigt, dass Migrant_innen, die in Griechenland geboren und/oder dort aufgewachsen sind, einen griechischen Pass bekommen. Ein Novum und längst überfälliger Schritt. Von wegen jetzt wird Rassismus salonfähig. Die Ankündigungen zur Reform der Polizei (Abrüstung, stärkeres Vorgehen gegen rechte Tendenzen, Menschenrechtsschulungen) klingen eigentlich auch erstmal recht verheißungsvoll. Von daher wäre es vielleicht angemessener, erst einmal kurz abzuwarten, inwieweit 13 rechte Abgeordnete 149 SYRIZA-Abgeordnete vor sich hertreiben können. Bis jetzt sehe ich nichts davon.

    Und wegen Russland wäre ich auch skeptisch, sollten sich die Anzeichen mehren, dass sich die griechische Regierung auf Putin zu bewegt. Aber u.U. handelt es sich auch teilweise um eine verzerrte Wahrnehmung, Zumindest lässt das der neue Finanzminister auf seinem Blog so anklingen: http://yanisvaroufakis.eu/2015/01/29/a-question-of-respect-or-lack-thereof/.

  • Na, so überraschend ist diese Koalition dann doch nicht: Sowohl Syriza als auch Anel eint der Populismus, die vorgeblich einfachen Lösungen. Europa ist längst ähnlich korrupt wie Griechenland: Jean-Claude Juncker hat in Luxemburg vorexerziert, wie die Reichen noch weniger Steuern zahlen, er steht dem mächtigsten Apparat vor, der europ. Kommission. Die Troika wollte ganz Griechenland privatisieren, insofern gut, dass es einen Wandel gibt.

    Aber um im Euro zu bleiben, wird man sich den eiskalten Verwaltern des Kapitals unterwerfen müssen. Eine schmerzfreie Lösung gibt es nicht.

  • „Was nämlich Syriza und Anel eint, ist ein Glaube, dass das Europa der EU von größerem Übel ist als das, was Moskau zu bieten hat."

     

    Wie einmal ein Bericht, in dem weniger Kompetenz als im Kommentarbereich dazu zu finden ist. „das Europa der EU von größerem Übel ist als das, was Moskau zu bieten hat“ Also pauschaler geht’s wohl nicht? Schwarz-Weißmalerei anstatt differenzierte, fundierte Berichterstattung. Vorurteile und Klischees anstatt neutrale Bewertung der Situation.

     

    Falls Russland billige Kredite zu bieten hat, dazu noch griechische Waren importieren möchte, anstatt Rentenkürzungen, Senkung des Mindestlohnes, Abbau im Gesundheitswesen fordert, wo ist da etwas Verwerfliches in einer Zusammenarbeit Griechenlands mit Russland?

     

    Vielleicht hat Moskau ja wirklich mehr zu bieten und das ist nicht nur „Glaube“? Bitte um Begründungen!

    • @Julianne:

      Moskau hätte nur dann mehr zu bieten, wenn es Griechenland das Geld geben würde, dass ihnen die EU bisher gegeben hat. Das wird Putin aber nicht tun, da er dann seine gesamten Devisenreserven aufgeben müsste.

  • Tja neuerdings finden einige Linke den Faschismus attaktiv genug, sich mit ihm einzulassen. Und Putin begreifen sie als Stalinnachfolger, welcher bekanntlich den zweiten Weltkrieg gewann - erst mit den Nazis, am Ende dann gegen sie.

  • "Eine Linkspartei, die die Syriza-Koalitionswahl nicht zum Skandal macht – ja, ist die überhaupt noch links?"

     

    Solang beim „Hitler-Stalin-Pakt mit Alexis-Sorbas-Appeal“ Stalin überwiegt scheint es ja kein Problem zu sein.

    • @DasNiveau:

      1. ist auch Stalin ein Problem, zweitens überweigt hier definitv Putin, nicht Tsipras.

  • Man kann das auf jeden Fall kritisieren. Das ist auch richtig. Anderseits sollte ANEL nicht mit der Goldenen Morgenröte verwechselt werden. Was Hr. Feddersen auch nicht macht, aber im Volksmund teils so wahrgenommen wird, da man nur von der faschistoiden Morgenröte hörte. ANEL sind auf alle Fälle gestörte unsympathische Rechtspopulisten. Soweit ich weiß verfehlte Syriza um 2 Sitze die Absolute Mehrheit. Mit den Abgewählten zu koalieren wäre falsch gewesen, die mit Syriza außerdem trotz Wahlerfolgen 2012 auch nicht koalieren wolten. Liberal im Sinne von freiheitlich klingt ja immer ganz nett. To Podami verfolgt aber ein klassisches politisches Liberalismusprogramm und passt so nicht zu Syriza. Mit den Kommunisten (KKE) hätten sie koalieren können. Ich glaube die EU würde dann mehr ausflippen. Wie unschwer zu erkennen ist haben wir es da mit einer Art oldschool Stalinisten zu tun http://de.kke.gr/ . Das kann es auch nicht sein. Was blieb Syriza? In Bezug auf die Ukraine gesehen sollte sich die EU mal nicht so weit aus dem Fenster lehnen. Was da an Fackelmärschen u Battalionen unterwegs ist, die von den Herren im Parlament kommandiert werden, hier und da Parteiwechsel machten es nicht besser... Ob Syriza was reißt oder eine Eintagsfliege ist wird sich zeigen. Das Zeichen, das von Syriza ausgeht gefällt mir.

  • Es muss bereits vor den Wahlen Absprachen zwischen der Führung von Syriza und den rechten Populisten gegeben haben. Anders lässt sich kaum erklären, wie es nach wenigen Stunden zur Koalition kommen konnte. Bei Syriza hatte man schon zur Eurpawahl die innerparteiliche Demokratie zu den Akten gelegt. Die auf Zipras zugeschnittene Führung bestimmte, an der Basis vorbei, ihre Kandidaten. Die jetzt vereinbarte Koalition macht für Zipras taktisch Sinn, der Partner gibt sich mit dem Verteidigungsministerium zufrieden und kommt so politisch nicht in die Quere. Antisemitismus und Ressentiments gegen Flüchtlinge sind damit regierungsfähig. Das alte, paternalistische System in Griechenland, mit ihren Führergestalten und passiver Basis, dürfte unter Zipras weiter leben - es sei denn, die Bewegungen werden aktiv. Und die deutsche Linke? Sie macht sich mal wieder lächerlich. Ganz schlaue Kommentatoren kommen mit dem 'kleineren Übel'. Nach dem Motto, To Potami sei schließlich "Ordoliberal" und damit bäh. Schon spannend, wie schnell manch Rrradikaler beide Augen zudrückt. Einfach nur erbärmlich.

  • "Sahra Wagenknecht jedenfalls, Spitzenpolitikerin der Linken, teilte mit, man wisse so wenig über die innergriechischen Verhältnisse (...)". Das gilt offenbar für so ziemlich jedes außenpolitische Thema, welches die Linkspartei anpackt. Sprach- und Sachkenntnisse sind nicht erforderlich und auch nicht erwünscht, entsprechende Expertise wird, da die Konfrontation mit komplexen Realitäten linkes Schubladendenken und durchideologisierte Weltbilder zu zerstören droht, oft wütend und voller Aggressionen gegen die vermeintlich nutzlosen Intellektuellen, die ja "eh nur reden und nicht handeln" (so meint man zumindest in diesen Kreisen), abgelehnt. Expliziter Kommunikationsverweigerer ist auch das Büro Wagenknecht. Da sollte man sich anschließend nicht mit Nicht-Wissen herausreden dürfen.

    • @Irma Kreiten:

      Aber Sie sind die Schlaue, Irma Kreiten. Herzlichen Glückwunsch ! Und taz-Redakteur Feddersen erst ! Wow.

      • @Summerhill:

        Nun bei Ihnen trifft das mit der Ablehnung von komplexem Denken zumindest schon mal zu. Ein Zweizeiler Beleidigungen ohne Argumente, ich bin beeindruckt.

  • Inhaltlich war und ist To Potami keine Alternative: Die Partei geriert sich als gegen das Establishment eingestellt und als unideologisch-fortschrittlich, hat aber im Wahlkampf etliche politische Zombies des Politestablishments aufgesammelt. Programmtisch ist To Potami sehr vage, vertritt aber – in Deutschland kaum wahrgenommen – neben neoliberalen durchaus auch rassistische Positionen (wie etwa die Forderung nach Quoten für MigrantInnen in Stadtteilen).

  • 9G
    970 (Profil gelöscht)

    "To Potami" ist eine dem Ordoliberalismus zuzurechnende Partei. Der Ordoliberalismus ist eine Form des Neoliberalismus. Wo wäre also da die Schnittmenge und warum soll diese Partei "links" sein? Weil sie sich selbst so nennt? Das darf die SPD ja auch, obwohl sie weit von linken Positionen entfernt steht.

     

    Ein klein wenig Recherche, selbst unter Zuhilfenahme der Wikipedia, hätte hier schon erleuchtend sein können:

     

    To Potami: https://de.wikipedia.org/wiki/To_Potami

     

    Ordoliberalismus: https://de.wikipedia.org/wiki/Ordoliberalismus

     

    Zitat: "Der Ordoliberalismus gehört zu einer heterogenen wirtschaftswissenschaftlichen Strömung, die unter dem Oberbegriff Neoliberalismus zusammengefasst wird."

     

    Die griechischen Erfolge der Linkspartei zum Schaden zu machen - wer behauptet hatte, es gäbe keinen Klassenkampf mehr: hier ist er wieder, so offensichtlich wie schon seit langer, langer Zeit nicht mehr!

     

    Wenn hier irgendwer ein Problem mit dem "Linkssein" hat, dann ist es in diesem Falle die taz mit ihrem Redakteur Jan Feddersen. Der ist nämlich ganz offensichtlich dem Neo- und Ordoliberalismus gegenüber positiv eingestellt.

    • @970 (Profil gelöscht):

      ich schätz die taz ist bis auf Ausnahmen insgesamt dem Neoliberalismus und (Grün)Konservativen mehr zugeneigt als selbst einem seichten klassischen Linkskurs. Antiimps sind sie ganz bestimmt nicht, wohl mehr das Gegenteil.

      • @fornax [alias flex/alias flux]:

        Warum ist jeder nicht antiimperialistische Linke gleich ein Rechter?

        • @Aaron Kunz:

          Hab ich überhaupt nirgendwo gesagt...Ihre Interpretation...

  • Als Redakteur sollte man recherchierte Berichte schreiben und nicht Vorurteile veröffentlichen. Schauen Sie mal bei Ihrem Kollegen vorbei: http://dominic.linkeblogs.de/koalitionspartner-gefunden-freunde-verschreckt/

  • Wäre es nicht besser, der taz-Redakteur F. würde über das schreiben, was er versteht ? Recherche könnte in jedem Falle helfen. Zum Beispiel über den wahren Charakter der hier mal so schön naiv als "linksliberal" bezeichneten angeblichen Alternative To Potami.

  • Leider hat dieser Kommentar überhaupt nicht zu bieten als ein leicht hämisches mit dem Finder auf die anderen zeigen und Kaffeesatzleserei. Keine Analyse, keine eigene Meinung, nichts.

    Wer gerne eine Betrachtung dieser Koalition (duchaus nicht nur zustimmend) aus dem linken Lager haben will, dem seien folgende ans Herz gelegt:

    http://www.annotazioni.de/post/1478

    http://www.nachdenkseiten.de/?p=24781

    • @Max Mutzke:

      "Wer sich daran stört, dass dass Linke mit Rechten gemeinsame Sache machen, dem empfehle ich den Weg zurück in die Filterblase ex-Linken Verschwörungstheoretiker und Montagswahnmachler..."

      • @robs67:

        Ist es nicht eher umgekehrt? "Verschwörungstheoretiker und Montagswahnmachler" waren doch immer die größten Anhänger einer "Querfront". Mit Homophobie gegen den (westlichen) Kapitalismus.

        • @Aaron Kunz:

          "Querfront" ist ein Kampfbegriff der den Montagsmahnwachlern so angedichtet worden ist, da sich der Begriff gut instrumentalisieren lässt.

           

          Im Falle Syrizas mit Anel eh albern, wo doch Anel im Prinzip aus EX-Nea Dimokratialern besteht, also der Schwesterpartei der CDU. Kammenos war 20 Jahre in der Nea Dimokratia.

           

          Nun denn, wir hörten sicherlich nichts, solange Kammenos und Co noch in der ND saßen. Wo die "bösen Antisemiten" eigentlich herkommen, die jetzt ein einziges Ministerium besitzen, kann man ja wieder herleiten.

           

          Aber schuld sind natürlich wieder Linke, ist ja praktisch. Die Schafherde macht "määhhhh".