Nach Parlamentswahl im Libanon: Hisbollah stärker, Israel alarmiert

Die Wahl wird im Libanon wenig verändern. Aber es wächst die Gefahr einer israelisch-iranischen Konfrontation.

Der ehemalige libanesische Ministerpräsident Hariri umringt von Kameras und Journalisten

Wahlverlierer: Saad Hariri wird das Amt des libanesischen Ministerpräsidenten abgeben müssen Foto: ap

KAIRO taz | Das Ergebnis der ersten Parlamentswahlen im Libanon seit neun Jahren lässt sich in drei Sätzen zusammenfassen. Die Wahlbeteiligung war mit 49,2 Prozent niedriger als früher. Das vom Westen und von Saudi-Arabien unterstützte Parlamentsbündnis des Premiers Saad Hariri ist der große Verlierer der Wahlen. Die Allianz der schiitischen Hisbollah konnte dagegen dazugewinnen und besetzt nach Hochrechnungen 67 der 128 Sitze im Parlament, mehr als die Hälfte. Die neuen Bürgerbewegungen, die die Hegemonie der Altparteien herausfordern wollten, haben nur eine Handvoll Sitze gewonnen.

„Hisbollah = Libanon“, twitterte denn auch Israels Erziehungsminister Naftali Bennett am Montag. Wer nun aber, wie er, die Schlussfolgerung zieht, dass die vom Iran unterstütze Hisbollah der Wahlsieger ist, macht es sich zu einfach. Denn die Hisbollah selbst hat keine Sitze dazugewonnen, nur ihre Verbündeten: die schiitische Amal-Bewegung und die christliche Bewegung der Freien Patrioten des libanesischen Präsidenten Michel Aoun. Unklar ist, was das tatsächlich für Irans Einfluss im Libanon bedeutet, in einer Zeit, in der Israel immer mehr auf Konfrontationskurs mit dem Iran geht und kurz vor einer möglichen Aufkündigung des Atomabkommens mit dem Iran durch Washington.

Diskussionen über eine Entwaffnung der Hisbollah dürften aber nun endgültig der Vergangenheit angehören. Realistisch waren sie ohnehin nie, da die Hisbollah immer stärker war als die libanesische Armee.

Die stabile Lage soll nicht gefährdet werden

Für Regierungschef Hariri ist das Wahlergebnis ein „Schlag ins Gesicht“, wie eine libanesische Tageszeitung titelt. Dennoch wird mit großer Wahrscheinlichkeit aber seine bisherige Regierung der nationalen Einheit fortgeführt, in der beide Bündnisse gemeinsam regieren und er selbst Ministerpräsident bleibt. Keines der Parteienbündnisse in der Regierung hat ein Interesse, das andere auszuschließen, da das die vergleichsweise stabile Lage im Libanon gefährden würde.

Aufgrund der unmittelbaren Nachbarschaft zum vom Bürgerkrieg geplagten Syrien und der Tatsache, dass ein Viertel der libanesischen Bevölkerung aus syrischen Flüchtlingen besteht, hat derzeit niemand im Libanon ein Interesse an einer Polarisierung. Dafür ist die Erinnerung an die eigenen Bürgerkriegszeiten noch zu dominant. Deutlich wurde das auch letztes Jahr, als Saudi-Arabien von Premier Hariri eine deutlich aggressivere Politik gegen die Hisbollah forderte und ihn längere Zeit festhielt. Am Ende bewirkte dies genau das Gegenteil, nämlich einen libanesischen Schulterschluss.

Auch strategisch hat der Libanon nicht mehr die gleiche hohe Bedeutung wie früher, als die Hisbollah das wichtigste Instrument für Teheran außerhalb des Iran war. Heute hängt das Überleben des benachbarten syrischen Assad-Regimes fast vollständig vom Iran ab. So ist es kein Zufall, dass die letzten israelischen Luftangriffe nicht dem Libanon, sondern Syrien galten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.