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Nach Niederlage gegen FreiburgErnüchterung bei Werder Bremen

Gerade hatten Werders Fußballer nach schwachem Saisonstart wieder überzeugt, da folgt mit dem 0:3 gegen Freiburg ein Dämpfer.

Zugewandte Art, auch nach einer Niederlage: Werder-Trainer Horst Steffen Foto: Carmen Jaspersen/dpa

Freiburgs Torwart Noah Atubolu gab gerade ein Interview, als seine Mitspieler hinter ihm in die Kabine im Bremer Weserstadion gingen. „Was für ein Elfmeterkiller!“, rief einer dem Keeper zu, der gerade als erster Bundesliga-Torwart überhaupt den fünften Strafstoß hintereinander gehalten hatte.

Es passte zu diesem schleppenden Spiel, dass zwei Elfmeter für die Schlüsselmomente sorgten. Nicht mal solche, bei denen ein dynamischer Angriff regelwidrig gestoppt worden wäre, sondern solche, bei denen der Ball unglücklich an den Arm gesprungen war. Für die Breisgauer fielen zwar noch zwei Tore aus dem Spiel heraus durch Junior Adamu und ein Eigentor von Werders Youngster Karim Coulibaly, aber spielentscheidend war: Freiburgs Vincenzo Grifo traf vom Punkt, Werders Romano Schmid scheiterte an Atubolu.

Der Sportclub stand wesentlich kompakter in der eigenen Hälfte als Borussia Mönchengladbach, gegen die Werder in der Vorwoche 4:0 gewonnen hatte. Im Gegenzug waren die Bremer Angriffsbemühungen im Vergleich zu jenem Spiel viel behäbiger und unsauberer. So lief in der ersten Hälfte alles auf ein 0:0 hinaus, bevor es in der 33. Minute zur Freiburger Zufallsführung durch den erwähnten Elfmeter kam.

In der zweiten Hälfte zogen sich die Gäste noch weiter zurück, sodass die Bremer kaum noch Räume für gefährliche Aktionen fanden.

Zwischen Europapokal und Abstiegskampf

Und doch hätte es beim Stande von 0:2 noch einen dieser Werder-Momente geben können, in denen Publikum und Mannschaft neuen Mut schöpfen und sich gegenseitig zur Höchstleistung aufputschen. Doch anders als im vorigen Heimspiel gegen Leverkusen, als Werder auf diese Weise in Unterzahl noch ein 1:3 aufholte, verpuffte dieser Moment diesmal, weil Elfmeterkiller Atubolu in die richtige Ecke hechtete. Der Rest war aus Bremer Sicht so fade, dass wohl selbst die meisten Werder-Fans gern auf die achtminütige Nachspielzeit verzichtet hätten.

Ernüchterung: Dieses Wort bezeichnet wohl die Stimmungslage beim Heimweg über den Osterdeich am besten. Für Werder-Verhältnisse waren die vergangenen Wochen von einem erstaunlichen Wechselbad der Gefühle bestimmt. Erst der Abschied von Trainer Ole Werner, dann der Kreuzbandriss von Mitchell Weiser, gefolgt von einer Transferperiode mit prominenten Abgängen wie von Torjäger Marvin Ducksch und Torwart Michael Zetterer, lange Zeit kaum Zugänge, schließlich noch das Pokal-Aus bei Arminia Bielefeld – das böse Wort „Abstiegskampf“ machte bereits wieder die Runde.

Dann wurden auf den letzten Drücker mit Yukinari Sugawara, Cameron Puertas, Isaac Schmidt und schließlich Victor Boniface vier Spieler ausgeliehen, die den Kader sofort verstärken. Gerade Leverkusens Topstürmer Boniface wurde euphorisch empfangen, obwohl er kurz zuvor bei der AC Mailand durch den Medizincheck gefallen war.

Dazu gewann der neue Trainer Horst Steffen mit seiner kommunikativen, zugewandten Art nicht nur Fans und Medien, sondern auch die Spieler schnell für sich. „Er ist nicht nur Trainer, sondern auch Mentor“, sagt Zetterer-Nachfolger Mio Backhaus. „Ein überragender Mensch, der weiß, wann er einen in Ruhe lassen und wann er einen pushen muss. Ich bin jetzt das dritte Jahr bei den Profis und ich weiß nicht, ob wir schon mal so eine gute Gruppendynamik hatten.“

Trainer Horst Steffen hat mit seiner zugewandten Art die Spieler schnell für sich gewonnen

Mit der Aufholjagd gegen Leverkusen und dem fulminanten Angriffswirbel in Mönchengladbach schien auch Steffens offensiv-orientierte Spielidee schnell zu fruchten. Der Dämpfer gegen Freiburg zeigt, dass es viel zu früh ist, schon wieder von einem möglichen Europokalplatz zu sprechen. Die neu zusammengestellte Mannschaft braucht Zeit. „Die Quintessenz ist, dass wir uns nicht erlauben können, einen Schritt weniger zu machen“, sagte Werders sportlicher Leiter Peter Niemeyer.

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