Nach Machtübernahme der Taliban: Klimaaktivisten in Kabul in Gefahr
Fridays for Future will 150 afghanische Klimaaktivist:innen und ihre Familien aus Kabul retten. Auch Greta Thunberg ist alarmiert.
Berlin taz | Etwa 150 afghanische Klimaaktivist:innen und ihre Familienangehörigen sitzen offenbar in Kabul fest und hoffen auf schnelle Ausreise. „Bitte evakuiert unsere Aktivisten aus Afghanistan“, twitterte der internationale Arm der globalen Klimaschutzbewegung Fridays for Future (FFF) am Freitag.
Auch bekannte Gesichter der Bewegung baten um Mithilfe: „Rund 150 afghanische Aktivist:innen & ihre Familien sind ua. durch ihren Einsatz für Klimagerechtigkeit akut gefährdet“, schrieb Luisa Neubauer auf Twitter. „In Zusammenarbeit mit NGOs versuchen wir sie zu schützen“. „Bitte nehmt schnell Kontakt auf“, twitterte auch FFF-Gründerin Greta Thunberg.
Die afghanischen Aktivist:innen haben sich in der Vergangenheit öffentlich für Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit eingesetzt. Fridays for Future befürchtet, dass ihnen nach dem Einmarsch der Taliban in Kabul Verfolgung droht. Die Taliban tolerierten kein Engagement für Gleichheit, so FFF.
„Ich erkenne meine Stadt nicht mehr. Ich und die anderen Aktivisten fühlen uns zurückgelassen, auch von den Organisationen, mit denen wir in den letzten Jahren eng zusammengearbeitet haben“, zitiert FFF einen der Aktivist:innen aus Kabul.
Eine Taskforce für Aktivist:innen aus besonders durch den Klimawandel betroffenen Ländern (Aktivits in Risk Zones) rief ein Crowdfunding ins Leben, das bei der Finanzierung der Rettungsmission helfen solle. Gleichzeitig bat die Gruppe auf Twitter ihre Unterstützer:innen darum, an NGOs und Staaten zu appellieren, damit die afghanischen Klimaschützer:innen aus Kabul evakuiert werden können.
Leser*innenkommentare
V M
Pariser Abkommen? Das ist den Talibans doch so etwas von egal. Und den Autokraten der Nahbarländern auch. Für den Fall, dass die Taliban auf ihrem Gebiet oder Gas finden, werden sie es bis auf den letzten Tropfen ausbeuten und zu CO2 verbrennen.
Pfanni
„„Bitte evakuiert unsere Aktivisten aus Afghanistan“, twitterte der internationale Arm der globalen Klimaschutzbewegung Fridays for Future (FFF) am Freitag“
Leider wird mit dem Appell niemand konkret angesprochen, so dass sich alle, die in Frage kommen könnten, bequem wegducken können. Aber wer könnte tatsächlich helfen? Doch wohl nicht die in den letzten Tagen fluchtartig abgezogenen Armeen?!
Welche Staaten infrage kämen, wüsste ich nicht, und selbst wenn, würden sie Flugzeuge schicken; FFF würde das kaum akzeptieren. NGO’s, wenn sie zu Rettungszwecken kämen, wären in Afghanistan in keiner besseren Situation als FFF.
Der erwähnte Geldbetrag ist das kleinere Problem, gebraucht werden doch vor allem todesmutige Helfer, die in Afghanistan die FFF-Aktivisten einsammeln und womöglich zu Fuß über die Grenze bringen. Wobei die Nachbarstaaten ihre Grenzen weitgehend geschlossen haben.
Sieht nicht gut aus,
Winnetaz
Es ist an sich bemerkenswert, dass es in Afghanistan auch Klimaaktivisten gibt, wenn auch 150 Personen eine sehr kleine Gruppe im Land darstellen.
Die Krise in Afghanistan macht allerdings nochmals überdeutlich, wie aussichtslos der Kampf ums Klima weltweit wirklich steht. Ein Teil der Menschheit kämpft jeden Tag in politisch katastrophalen, instabilen Verhältnissen ums nackte Überleben. Sich ums Klima sorgen zu dürfen, ist aus Sicht von Afghanen ein westliches Luxusproblem. Wer nicht weiß, was es er am nächsten Tag essen wird, stellt sich kaum die Frage, ob er lieber mit dem Flugzeug oder mit dem Segelboot den Atlantik überqueren würde.
Wenn die Taliban allerdings international als Regierung und Rechtsnachfolger anerkannt werden wollen, müssen sie auch zum Pariser Klimaabkommen Stellung nehmen. Immerhin hat Afghanistan als Land da mitgemacht.