Nach Kai-Wegner-Interview: Grüne zweifeln an 29-Euro-Ticket
Verkehrspolitikerin Hassepaß wirft dem Senat vor, mit widersprüchlichen Aussagen verwirren. Regierungschef hatte Ergebnisse „in Kürze“ angekündigt.
Hassepaß bezog sich auf eine Ankündigung von Regierungschef Kai Wegner. Der hat sich in einem am Dienstag veröffentlichten taz-Interview auf baldige Fortschritte bei einer Wiederauflage des Ende April vorerst ausgelaufenen 29 Euro-Tickets festgelegt. Nicht irgendwann, nein, ausdrücklich „in Kürze“ werde der Senat Ergebnisse seiner Verhandlungen darüber vorlegen, ließ sich Wegner zitieren.
Diese Zeitangabe aber steht aus Sicht der Grünen-Politikerin im Widerspruch zu einer Aussage von Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU). Demnach will Schreiner, so Hassepaß, erst ein Gespräch mit dem Verkehrsverbund Berlin Brandenburg (VBB) am 28. September abwarten, also in über drei Wochen.
Das im Oktober 2022 eingeführte 29-Euro-Ticket fortzuführen, das zu diesem monatlichen Preis freie Fahrt im Berliner Stadtgebiet ermöglichte, war ein zentrales Wahlkampfversprechen der SPD. Es fand auch Eingang in den schwarz-roten Koalitionsvertrag mit Wegners CDU. Die Christdemokraten selbst gelten nicht als äußerst versessen darauf, das Ticket wieder einzuführen, das nur bis Ende April die Zustimmung des VBB-Aufsichtsrats bekommen hatte. Dieses Gremium müsste einer Wiedereinführung zustimmen – der Senat kann nicht allein über ein Tarifangebot entscheiden, auch wenn es die Stadtgrenzen nicht überschreitet.
Grüne schlagen Alternative vor
Die Wiedereinführung gestaltet sich kostspielig, weil das Land Berlin sich in jedem Fall auch weiterhin an der Finanzierung des bundesweit gültigen 49-Euro-Deutschlandtickets beteiligen muss. Nach Angaben der Senatsverwaltung für Verkehr würde eine zusätzliche Wiedereinführung des 29-Euro-Tickets bis zu 335 Millionen Euro im Jahr kosten. Die Grünen-Fraktion hat deshalb vorgeschlagen, stattdessen das 49-Euro-Ticket für Studierende, Schüler und Sozialticket-Nutzer für 29 Euro zugänglich zu machen. Das würde nach Grünen-Berechnungen 27 bis 50 Millionen Euro kosten und damit maximal ein Fünftel der für das 29-Euro-Ticket veranschlagten Summe.
Die Grünen beklagen zudem, dass eine Debatte über das 29-Euro-Ticket im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses immer wieder vertagt werde, obwohl sie dort bereits seit dem 7. Juni auf der Tagesordnung stehe. Für diesen Mittwoch ist das Thema auch für die Sitzung des Verkehrsausschusses vorgesehen: Grüne wie Linkspartei haben entsprechende Anträge gestellt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen