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Nach Festnahme in der TürkeiDeutsche Fotoreporter wieder frei

Der Vorwurf: Spionage. Drei in der Türkei festgenommene Fotografen sind wieder frei. Sie müssen zu einer Anhörung bei der Staatsanwaltschaft.

Türkische Soldaten in Diyarbakir – dort waren die Fotoreporter festgenommen worden Bild: reuters

ISTANBUL taz | Drei deutsche Fotojournaliste, die am Samstag in der Türkei festgenommen worden waren, wurden am Montagmorgen wieder freigelassen. Einer der vorübergend festgenommenen Fotografen ist Björn Kietzmann, der regelmässig auch für die taz arbeitet. Kietzmann und seine beiden Kollegen Chris Grodatzki und Ruben Neugebauer sind in der kurdischen Metropole Diyarbakir im Südosten der Türkei, wo sie über die Proteste der Kurden berichten wollten, von der Polizei verhaftet worden, weil sie angeblich „Provokateure und Spione“ seien.

Beide Vorwürfe hat offenbar aber selbst der Haftrichter, dem sie Montagfrüh vorgeführt wurden, nicht ernst genommen und die Fotografen wieder auf freien Fuß gesetzt. In türkischen Medien hieß es, die Fotografen hätten angeblich kurdische Jugendliche dazu angestiftet Autoreifen anzuzünden, um dann zu fotografieren. Nach ihrer Verhaftung war das Fotomaterial der drei Deutschen beschlagnahmt worden.

Im laufe des Montags sollten sie von der Staatsanwaltschaft vernommen werden, die dann über eine mögliche Anklageerhebung entscheiden will. Ein US-Kollege der sich zur Zeit ebenfalls in Diyarbakir aufhält und nach der Freilassung von Kietzmann, Grodatzky und Neugebauer kurz Kontakt zu ihnen hatte, sagte, es gehe ihnen gut. Wahrscheinlich müssen die drei Männer nicht mehr mit einer unmittelbaren Abschiebung rechnen, weil man sie dann erst gar nicht freigelassen hätte.

Die Fotojournalisten gehören zu einer Gruppe junger engagierter Fotoreporter, die viel während Demonstrationen in Deutschland gearbeitet haben, seit zwei Jahren aber auch häufiger im Nahen Osten unterwegs waren. Unter anderem haben sie Hilfstransporte nach Syrien begleitet und die Situation in den Flüchtlingslagern dokumentiert. Bevor sie in der letzten Woche nach Diyarbakir reisten, waren sie in Suruc, der Stadt die auf türkischer Seite der Grenze zu Syrien dem umkämpften Kobane direkt gegenüber liegt.

Mehr Befugnisse für Polizei

Diyarbakir und andere überwiegend kurdisch bewohnte Städte im Südosten der Türkei, waren in der letzten Woche Schauplätze heftiger Auseinandersetzungen weil Kurden, die dagegen protestierten, dass die türkische Regierung die in Kobane kämpfende syrische Kurden nicht unterstützt, von Polizei und Armee angegriffen wurden. Außerdem kam es zu Schusswechseln zwischen PKK nahen Kurden und kurdischen Islamisten, die mit den IS-Milizen sympathisieren. Der türkische Präsident Tayyip Erdogan hatte anschließend erklärt, die Unruhen, bei denen insgesamt 38 Menschen starben, seien aus dem Ausland geschürt worden.

Ausländer werden deshalb im Moment in Diyarbakir und anderen Städten entlang der Grenze von der Polizei besonders misstrauisch betrachtet. Seit den Auseinandersetzungen werden die kurdischen Städte von Polizei und Gendarmerie-Einheiten scharf kontrolliert, im türkischen Parlament wird voraussichtlich am Dienstag ein Gesetz eingebracht, dass der Polizei mehr Befugnisse gegenüber Demonstranten einräumen soll. Erdogan hat angekündigt, man werde mit „den Gangstern, die die Städte anzünden“ hart abrechnen.

Nach Auskunft von Beobachtern vor Ort herrscht in Diyarbakir im Moment eine gespannte Ruhe. Man rechnet aber damit, das wenn Kobani fallen sollte, es erneut zu heftigen Auseinandersetzungen kommen wird.

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