Nach Fabrikbrand in Pakistan: KiK geht auf Opfer zu
Die Betroffenen der Katastrophe in der Textilfabrik Ali Enterprises sollen mehr Geld erhalten. Am Landgericht Dortmund wurde eine Klage eingereicht.
Die Gespräche werden in Kürze bei der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) in Genf beginnen. Teilnehmen sollen unter anderem auch das deutsche Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ), die pakistanische Regierung sowie Gewerkschaften. Bisher hat KiK mit Hauptsitz im nordrhein-westfälischen Bönen rund 800.000 Euro zur Verfügung gestellt – also durchschnittlich gut 3.000 Euro pro Todesopfer. Den Hinterbliebenen der Toten und den beim Brand verletzten Arbeitern ist das aber zu wenig.
Die Billigtextilkette, die zum Tengelmann-Konzern gehört, setzte im Jahr 2014 etwa 1,69 Milliarden Euro um. Das Unternehmen bestätigt, dass Verhandlungen beabsichtigt seien. Dazu bereit sei man allerdings schon seit „mehr als zwei Jahren“. Für die Verzögerung macht KiK unter anderem pakistanische Organisationen verantwortlich, die betroffene Beschäftigte und ihre Familien unterstützen. Die Vertreter der Opfer hatten dagegen eher den Eindruck, KiK wolle sich vor weiteren Zahlungen drücken.
Doch Unternehmen können sich heute nicht mehr so einfach aus der Affäre ziehen. Das sei eine Folge der Katastrophe von Rana Plaza im April 2013, sagt die Berliner Menschenrechtsanwältin Miriam Saage-Maaß. Beim Zusammenbruch des Fabrikkomplexes in Bangladesch waren über 1.100 Beschäftigte umgekommen. Der Fall löste große Empörung aus. Rund 26,5 Millionen Euro haben europäische und amerikanische Textilhändler mittlerweile an die ILO als Entschädigung überwiesen. „Seit Rana Plaza ist klar, dass die Auftraggeber für Unfälle in der Verantwortung stehen“, so Saage-Maaß, die am European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) arbeitet.
Klage auf Schadensersatz
Hinsichtlich des Brandes bei Ali Enterprises haben die Anwältin und ihr Berliner Kollege Remo Klinger nun offensichtlich einen weiteren Erfolg erzielt. Beim Landgericht Dortmund reichten sie eine Klage auf Schadenersatz und Schmerzensgeld ein. Vier durch den Brand bei Ali Enterprises Geschädigte verlangen von KiK jeweils 30.000 Euro. Es „ist beabsichtigt, im Juni über das Prozesskostenhilfegesuch der Kläger zu entscheiden“, teilte das Landgericht nun mit.
Das Gericht halte sich also für zuständig, schlussfolgern die Anwälte. Das wäre ein Novum in der deutschen Rechtsprechung. Bisher kamen solche Klagen ausländischer Arbeiter gegen deutsche Auftraggeber hierzulande nicht zur Verhandlung.
„Die Zulässigkeit der Klage wird noch nicht einmal von KiK selbst bestritten“, sagt Klinger. Das Landgericht selbst ist mit seiner Einschätzung jedoch vorsichtiger. Sowohl der Antrag auf Prozesskostenhilfe als auch die Zuständigkeit würden nur geprüft, heißt es dort. Ob es überhaupt zum Prozess kommt, ist noch nicht klar.
Frage der Zuständigkeiten
Anwalt Klinger argumentiert gegen KiK, das deutsche Unternehmen habe seine Sorgfaltspflicht verletzt. Die Textilkette habe sich nicht ausreichend um die Arbeitssicherheit bei seinem pakistanischen Zulieferer gekümmert. So waren die Fenster im Erdgeschoss des Fabrikgebäudes vergittert, weshalb viele Arbeiter nicht vor dem Feuer fliehen konnten. Auch Notausgänge sollen verschlossen gewesen sein.
KiK weist die Vorwürfe zurück. Mangelnde Sorgfalt habe man sich keinesfalls zuschulden kommen lassen. Es lägen Kontrollberichte über Ali Enterprises vor, die keine Mängel beim Brandschutz dokumentierten. Der deutsche Textilhändler verweist außerdem auf ein neues Gutachten pakistanischer Ermittler. Demnach war Brandstiftung die Ursache des Feuers in der Zulieferfabrik. Auch dies interpretiert KiK als Beleg dafür, dass man für die Todesfälle nicht verantwortlich gemacht werden könne.
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