Nach Coronainfektionen in Schlachthöfen: Das Ende der Subunternehmen?
SPD-Arbeitsminister Heil will Werkverträge in der Fleischindustrie verbieten. Die Grünen verlangen strengere Regeln gegen Ausbeutung in Schlachthöfen.
BERLIN taz | Nachdem sich zahlreiche Arbeiter von Schlachthöfen mit dem neuartigen Coronavirus angesteckt haben, fordern die Grünen schärfere Gesetze. Co-Parteichef Robert Habeck verlangt in einem 7-Punkte-Plan zum Beispiel, Schlachtbetrieben zu verbieten, dass sie ihre Kerntätigkeiten über Werkverträge an Subunternehmen ausgliedern. „Im Bereich des Arbeitsschutzes muss insgesamt eine Generalunternehmerhaftung eingeführt werden. Damit haftet der Arbeitgeber für alle, die im Betrieb arbeiten“, ergänzte Habeck. Die Betriebsräte müssten für die gesamte Belegschaft an einem Standort zuständig sein.
„Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit sollte zu einer Arbeitsinspektion weiterentwickelt werden“, damit die Kontrollen von Gesundheitsschutz, Arbeitsschutz, Arbeitszeit und korrekter Entlohnung an einer Stelle gebündelt werden, heißt es in dem Papier weiter.
„Im Lebensmitteleinzelhandel darf ein Mindestpreis für tierische Produkte nicht mehr unterschritten werden.“ Dumpingwettbewerb müsse untersagt werden. Zudem solle ein „Tierschutzcent“ auf solche Waren erhoben werden. „Damit wird der Umbau von Ställen finanziert, und Tiere bekommen mehr Platz.“
Nordrhein-Westfalens Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) forderte laut Neuer Osnabrücker Zeitung, das mögliche Bußgeld bei Arbeitszeitverstößen von bislang maximal 15.000 Euro auf künftig 30.000 Euro zu erhöhen. Zudem sollten die Behörden künftig auch privat vermietete Wohnungen überprüfen können.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will dem Kabinett am Montag laut Reuters vorschlagen, Werkverträge in der Fleischindustrie zu untersagen. Bisher werden Gewerkschaftern zufolge in großen Schlachthöfen bis zu 80 Prozent der Mitarbeiter von Subunternehmern beschäftigt. Diese Konstruktion erleichtert es, die Verantwortung für Bezahlung unter dem Mindestlohn, mangelnden Arbeitsschutz oder Unterbringung in zu kleinen oder überbelegten Wohnungen zu verschleiern. Die meisten Beschäftigten kommen etwa aus Rumänien.
Leser*innenkommentare
Manfred Stein
Werkverträge und Subunternehmer gibt es z. B. auch in der Logistik (z. B. Amazon) und in der Baubranche- Wenn, dann sollten alle reglementiert werden.
Rudolf Fissner
"Diese Konstruktion erleichtert es, die Verantwortung für Bezahlung unter dem Mindestlohn, mangelnden Arbeitsschutz oder Unterbringung in zu kleinen oder überbelegten Wohnungen zu verschleiern."
Zu kleine Wohnungen und mangelnden Arbeitsschutz kann man nicht durch Subunternehmen "verschleiern". Die Subunternehmen unterliegen wie die Arbeitsbedingungen vor Ort der Kontrolle der zuständigen Ämter, bei gesundheitlichen Gefahren den Gesundheitsämtern.
Verschleiert wird allenfalls, dass seitens der Ämter nicht richtig hingeschaut wurde.
J_CGN
Im Großen und Ganzen völlig d'accord. Nur:
Es gibt bereits ein Verbot von Dumpingpreisen.
Ein Mindestpreis ändert nur eines: Er verbessert die Margen des Einzelhandels. Insofern ist dieses Instrument nicht sinnvoll.
Peter_
Brauchen wir wirklich einen Mindestpreis? Ein Schwein wiegt 120 kg lebend und liefert rund 100 kg Fleisch. Der Bauer bekommt 200 Euro, der Schlachthof etwa 10 Euro. Macht einen Fleischpreis von 2 Euro plus 10 cent für das Schlachten. Da noch die Kosten für die Verarbeitung, Verpackung und Transport hinzukommen sowie die Margen für Zwischen- und Einzelhändler, sind die Schlachthofkosten bei (deutlich) unter 5 % des Fleischpreises im Supermarkt.
Anders formuliert: Wenn die Schlachthofbetreiber eine Ausrede suchen für die miese Behandlung ihrer Arbeiter - die Kosten sind es nicht. Selbst eine Verdopplung der Arbeiterlöhne würde man im Supermarkt kaum bemerken. Weshalb auch ein Mindestpreis im Supermarkt nicht helfen würde. Der würde vielleicht den Gewinn der Schlachthöfe steigern.
Die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeiter bekommt jedoch nur durch halbwegs ernst gemeinte Kontrollen in den Griff, und durch adäquate Gesetze.
Günter Witte
@Peter_ Ihre Rechnung geht in die richtige Richtung, nur vernachlässigen Sie die Macht des Einzelhandels. Die vier großen im Lebensmitteleinzelhandel ( LEH ) haben über 80 % des Marktes, und diese diktieren den Schlachtunternehmen den Preis. Sie werden doch nicht glauben das der LEH etwas von seinen Margen abgibt, damit sich der Preis für die Verbraucher nicht erhöht, eher das Gegenteil. Der LEH hält sich bei allen Sachen mit negativer Presse heraus, er betreibt keine Tierhaltung, betreibt keinen Schlachthof, aber 8 der 10 größten Fleischverarbeitenden Betriebe gehören dem LEH. Fleisch, Milch, Backwaren sind für denn LEH nur Lockmittel, damit sie die Verbraucher in ihre Geschäfte bekommen. Wenn sich in der Landwirtschaft was ändern soll, muss die Allmacht der Konzerne gebrochen werden.
P.S. Landwirte erhalten heute weniger für ihre Produkte wie vor 40 Jahren, da sind 1, 2 Cent für das Kg mehr nur Augenwischerei.
zzzap
@Peter_ 10 Euro für den Schlachthof sind also 5% des Fleischpreises?
Schauen wir doch mal in ein x-beliebiges Angebotsprospekt: Zum Beispiel Kaufland für nächste Woche, da gibt es "Qualität aus der Theke", Schweinebraten für 5.55 € das Kilo (Normalpreis auch nur 8.99 €). Schälrippen für 4.99€. usw, usw.
Nur so als Randnotiz...
Bmit
Ich hoffe das wird umgesetzt. Das Unwesen der Subunternehmen muss eingedämmt werden.