Nach Ausstieg der USA: Die Klimapolitik wird chinesischer
Die Gewichte verschieben sich. Mit dem Ausstieg der USA fehlen Geld und eine Lobby für Transparenz und Menschenrechte.
D er offizielle Slogan des UN-Klimasekretariats UNFCCC ist voller Hoffnung: „Wir machen Tempo beim Klimaschutz!“, steht unter den Fotos der jubelnden Delegierten, die sich am 12. Dezember 2015 bei der Pariser Konferenz in den Armen lagen. Die Fotos hängen am Sitz des Sekretariats in Bonn, wo im November die nächste Klimakonferenz stattfindet. Von Tempo ist dann aber nicht mehr die Rede.
Denn die Verhandlungen rund um das Pariser Abkommen werden vom Ausstieg der USA schwer getroffen. Mit den Amerikanern fällt ein Schwergewicht weg, das traditionell für den Klimaschutz diplomatisches Geschick, Finanzhilfen und politischen Druck mobilisiert hat. „Wir wollen, dass die Amerikaner an Bord bleiben“, hieß es deshalb bei der UN und bei der deutschen Regierung immer wieder.
Mit den USA als der größten Volkswirtschaft der Welt fällt ein wichtiger Geldgeber aus. Knapp 20 Prozent des UNFCCC-Budgets kommen aus Washington, beim UN-Klimarat IPCC sind es rund 40 Prozent. Und für den „Grünen Klimafonds“, mit dem die Industrieländer die Armen bei der weltweiten Energiewende unterstützen sollen, haben die USA ursprünglich drei Milliarden Dollar von insgesamt zehn Milliarden für die ersten Jahre zugesagt – von denen nur eine Milliarde fließen wird.
Der Rest der Rechnung bleibt offen, Projekte zu sauberer Energie oder Anpassung an Dürre und höhere Meeresspiegel werden dann nicht finanziert werden. Unschätzbar wichtig sind auch die Beiträge der US-Forscher und Institutionen wie Nasa oder NOAA, die mit Studien und Satelliten einen großen Teil des weltweiten Wissens um Klimawandel beitragen und seine Folgen beobachten. Wie sicher ihre Finanzierung ist, steht in den Sternen.
Durch die neuen Allianzen jenseits von Washington wird die Klimapolitik chinesischer und internationaler. Das sehen viele Experten mit gemischten Gefühlen. China treibt zwar den Ausbau von grünen Energien voran, wehrt sich aber traditionell gegen Transparenz und Kontrolle von außen – immer einer der großen Streitpunkte mit dem Westen. Ob und wo genau die Staatswirtschaft sich an Vereinbarungen hält und wie chinesische Solarfirmen mit Subventionen gegen europäische Unternehmen gepäppelt werden, ist immer wieder ein Ärgernis. „Unsere Unternehmen finden dort keinen Rechtsstaat vor“, sorgt sich eine deutsche Industrievertreterin.
Auch die Klimaretter haben Kohlenstoffdreck am Stecken
Auch bei Menschenrechten wie etwa den Landrechten von Minderheiten sind die Regierungen von Staaten wie China, Indonesien oder Russland nicht zimperlich. In Indien führten die Behörden lange eine Kampagne gegen Greenpeace. Die Europäer haben sich bei diesen schwierigen Fragen immer wieder gern hinter dem breiten Rücken der Amerikaner versteckt. Damit ist es nun wohl vorbei. Ob und wie sich aber die zerstrittene EU einhellig für mehr Transparenz und Menschenrechte einsetzen wird, ist fraglich. Regierungen in Staaten wie Polen und Ungarn haben daran weder ein ökonomisches noch ein politisches Interesse.
Geschwächt wird durch den Ausstieg der USA und den Verlust der Briten aus der EU auch die Idee, Klimaprobleme mit dem Kapitalismus über „Marktmechanismen“ zu lösen. Viele Schwellen- und Entwicklungsländer stehen privatem Kapital misstrauisch gegenüber – und fordern deshalb von den Industriestaaten mehr öffentliches Geld für die Hilfen. Auch bei der Debatte um „Verlust und Entschädigung“, also um Reperationszahlungen für Klimaschäden, werden die ärmeren Staaten nun mehr Druck auf Europa, Japan, Kanada und Australien aufbauen.
Schließlich hat auch die neue Klimaretter-Allianz eine Menge Kohlenstoffdreck am Stecken: Kanada exportiert Teersände, Australien in großem Maßstab Kohle, China ist bei allen Fortschritten der weltweit größte Kohlenutzer. Und die EU kämpft gerade intern um einen klaren Klimakurs und gegen die Verwässerung der Ziele durch die östlichen Mitglieder. Und dann ist da noch der Hoffnungsträger Deutschland, der einfach nicht von seiner Braunkohle lassen will.
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