NSU-Prozess in München: Zeuge muss nicht alles sagen
Der Zeuge Thomas G. muss nicht zu seiner Mitgliedschaft in einer Neonazi-Vereinigung aussagen, weil er sich belasten könnte. Der Richter gibt nach.

MÜNCHEN taz | Er will nichts sagen. Mit verschränkten Armen sitzt der bullige, kleine Mann vor Richter Manfred Götzl. Zum dritten Mal soll der bekennende Neonazi Thomas G. im NSU-Prozess in München aussagen. Zum dritten Mal weigert er sich, Auskunft darüber zu geben, ob er dem Neonazi-Netzwerk „Hammerskin“ angehört.
G. mache von seinem „Zeugnisverweigerungsrecht“ Gebrauch, sagt sein Anwalt. Er meine wohl das „Auskunftsverweigerungsrecht“, verbessert ihn Richter Götzl. An diesem Donnerstag soll der Machtkampf zwischen ihm und dem Zeugen G. entschieden werden. Schon zweimal hatte er ihm ein Ordnungsgeld angedroht, wenn er nicht aussage. Zweimal trotzte ihm G. Er darf verweigern, wenn ihm ansonsten ein Ermittlungsverfahren droht. Das sei der Fall, so argumentiert Anwalt Olaf Klemke. Klemke vertritt Ralf Wohlleben, der dem NSU-Trio die Tatwaffe besorgt haben soll und und der mit G. befreundet ist.
In Dresden ermittelte die Staatsanwaltschaft 2006 gegen Mitglieder von „Hammerskin“ wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Das Verfahren wurde für alle Beschuldigten eingestellt. G. war nicht darunter.
Richter Götzl stellt die Frage nach der Mitgliedschaft bei „Hammerskin“ nach 45 Minuten wieder. G. verweist auf sein „Wertegefüge“, das ihm verbiete, auszusagen. Götzl lacht. „Das weicht von der Aussage Ihres Vertreters ab.“ G. ringt sich durch und beruft sich auf sein Aussageverweigerungsrecht. Eineinhalb Stunden nahm sich das Gericht Zeit, um sich zu beraten. Jeder Schritt will gut überlegt sein, um keinen Anlass für eine Revision zu geben.
G. trägt einen Kapuzenpulli, auf dem Rücken steht: „Defenders“. Seine Verteidigungsstrategie geht auf. Eine „Bejahung der Mitgliedschaft würde die Einleitung von Ermittlungen nach sich ziehen“, sagt Götzl. Deswegen darf G. am Ende doch die Aussage verweigern. Doch andere Fragen des Gerichts sind zulässig: Etwa die zu einem Brief, in dem die Rede davon ist, G. habe „Kameraden“ gefunden, die sich nicht „scheun, Blut zu vergießen“. G. muss sie beantworten – doch er kann sich an vieles nicht erinnern.
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