NS-Kriegsverbrecher in den USA: Früherer KZ-Aufseher verhaftet
Dem 89-jährigen ehemaligen Auschwitz-Wachmann Johann Breyer wird Beihilfe zum Mord an hunderttausenden Juden vorgeworfen. Die deutsche Justiz ermittelt seit 2012.
NEW YORK afp/dpa | Die US-Behörden haben einen 89-jährigen gebürtigen Tschechen verhaftet, dem die deutsche Justiz Beihilfe zur Ermordung hunderttausender Juden im Konzentrationslager Auschwitz vorwirft. Johann Breyer sei am Dienstag in Philadelphia aufgrund eines deutschen Haftbefehls festgenommen worden, sagte sein Anwalt Dennis Boyle.
Er sei am Mittwoch einem Haftrichter vorgeführt worden, der ihm wegen der Schwere der ihm zur Last gelegten Taten eine Freilassung auf Kaution verweigert habe. Am 21. August werde es eine gerichtliche Anhörung über die mögliche Auslieferung Breyers nach Deutschland geben.
Die Staatsanwaltschaft Weiden in der Oberpfalz ermittelt seit längerem gegen den Mann, der im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau an der Ermordung von mindestens 344 000 Menschen in den Gaskammern beteiligt gewesen sein soll. Laut Anklageschrift geht es um 158 Züge voller Juden aus Deutschland, Ungarn und der ehemaligen Tschechoslowakei.
Breyer räumte ein, als 17-Jähriger Mitglied der Waffen-SS geworden zu sein, bestreitet aber, als Wachmann in Auschwitz fungiert zu haben. Seinen Angaben zufolge diente er in der Nähe von Auschwitz in der Feldartillerie der Waffen-SS und desertierte später von der Einheit. Nach dem Zweiten Weltkrieg emigrierte Breyer, der als Sohn einer Amerikanerin in der Tschechoslowakei geboren wurde, in die USA.
Er bestreitet die Vorwürfe
Boyle verwies auf den schlechten Gesundheitszustand seines Mandanten: Dieser leide unter Demenz und habe Herzprobleme. Nach seiner ersten Nacht im Gefängnis sei er gebrechlich und verwirrt vor Gericht erschienen.
„Er bestreitet jegliche Verwicklung in Kriegsverbrechen“, sagte Boyle. „Er war nie ein Nazi.“ Sein Mandant sei zum Kriegsende ein in sowjetischer Gefangenschaft gewesen. „Er war genau so ein Opfer der Nazis wie jeder andere“, sagte Boyle. „Er war kein Freiwilliger in der SS, er wollte nicht in der SS sein, er desertierte von der SS.“ Über eine Auslieferung Breyers an Deutschland muss letztlich US-Außenminister John Kerry entscheiden.
Nach einem Bericht der New York Times ist er der älteste Mensch, der jemals von den USA wegen Nazi-Kriegsverbrechen beschuldigt wurde.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!