NRW vor Schulstart über Bundesschnitt: Coronazahlen steigen weiter
Deutschlandweit steigen die Coronazahlen. Trotzdem verabschieden sich immer mehr Bundesländer von der Inzidenz als zentralem Richtwert.
Die Inzidenz war in der Pandemie bisher Grundlage für viele Corona-Einschränkungen. Künftig sollen allerdings weitere Werte wie Krankenhauseinweisungen stärker berücksichtigt werden. Das NRW-Gesundheitsministerium erarbeitet derzeit eine neu gestaltete Corona-Schutzverordnung. Die bisherige gilt bis Donnerstag. Im bevölkerungsreichsten Bundesland beginnt am Mittwoch das neue Schuljahr.
Die Gesundheitsämter in Nordrhein-Westfalen haben dem RKI binnen eines Tages insgesamt 856 Neuinfektionen gemeldet. Außerdem wurde ein weiterer Todesfall im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion in NRW gemeldet. Die Gesamtzahl der Todesfälle seit Ausbruch der Pandemie stieg im bevölkerungsreichsten Bundesland damit auf 17.321.
In Mönchengladbach erreichte die Sieben-Tage-Inzidenz die Marke 100. Das war bundesweit der zweithöchste Wert nach Flensburg (112). In Bonn wurde eine Inzidenz von 95,9 und in Wuppertal von 89,3 registriert. Nur 7 der 53 Kreise und kreisfreien Städte in NRW lagen noch unter der Marke 35. Den niedrigsten Wert hat der Kreis Kleve mit 24,0.
Inzidenz steigt deutschlandweit an
Die Zahl der Corona-Neuinfektionen in Deutschand steigt auch insgesamt weiter an. Nach Angaben des RKI vom Montagmorgen lag sie bei 36,2 – am Vortag hatte der Wert 35,0 betragen, vor einer Woche 23,1. Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem RKI binnen eines Tages 2.126 Corona-Neuinfektionen. Das geht aus Zahlen vom Montagmorgen hervor, die den Stand des RKI-Dashboards von 4.30 Uhr wiedergeben. Vor einer Woche hatte der Wert für Deutschland bei 1.183 Ansteckungen gelegen.
Deutschlandweit wurden den neuen Angaben zufolge binnen 24 Stunden vier Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es zwei Todesfälle gewesen. Das RKI zählte seit Beginn der Pandemie 3.823.139 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2. Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte deutlich höher liegen, da viele Infektionen nicht erkannt werden.
Die Zahl der Genesenen gab das RKI mit 3.682.000 an. Die Zahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit Sars-CoV-2 gestorben sind, stieg auf 91.871.
Die Inzidenz war in der Pandemie bisher Grundlage für viele Corona-Einschränkungen, etwa im Rahmen der Ende Juni ausgelaufenen Bundesnotbremse. Künftig sollen daneben nun weitere Werte wie Krankenhauseinweisungen stärker berücksichtigt werden.
Länder wollen sich weniger an Inzidenz orientieren
Allerdings wollen sich bei der Bewertung der Coronalage immer weniger Bundesländer ausschließlich an den reinen Inzidenzwerten orientieren. In einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur kündigten neben Baden-Württemberg und Niedersachsen zahlreiche weitere Landesregierungen an, künftig weitere Kriterien heranzuziehen.
Die Sieben-Tage-Inzidenz, also die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern binnen sieben Tagen, war in der Pandemie bisher Grundlage für viele Corona-Einschränkungen, etwa bei der Ende Juni ausgelaufenen Bundesnotbremse. Bei der Ministerpräsidentenkonferenz gab es am vergangenen Dienstag aber keine Verständigung auf gemeinsame neue Parameter, die als Grundlage für neue Maßnahmen dienen könnten.
Tags darauf entschied Baden-Württemberg, die Sieben-Tage-Inzidenz aus der Coronaverordnung des Landes zu streichen. Damit dürfen von diesem Montag an unabhängig von der Entwicklung der Infektionen alle Menschen am gesellschaftlichen Leben teilnehmen, wenn sie geimpft, genesen oder getestet sind. Niedersachsen kündigte ebenfalls an, neben der Inzidenz weitere Kriterien in seine Coronaverordnung aufzunehmen, etwa die Auslastung der Krankenhäuser.
„Klar ist, dass es neben der Inzidenz auch einen Blick in die Kontaktnachverfolgung und die Situation in den Krankenhäusern geben wird“, heißt es nun etwa aus dem Bremer Gesundheitsressort. Ob und welche neuen Warnstufen sich daraus ergeben, sei allerdings „noch nicht final geklärt“. Die Zahl der Coronapatient:innen in den Kliniken scheint als zusätzliches Entscheidungskriterium weitgehend unstrittig zu sein.
Lage auf Intensivstationen verschlechtert sich
Insbesondere im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen verschlechtert sich derzeit die Situation auf den Intensivstationen. Insgesamt werden deutschlandweit 237 Covidpatient:innen invasiv beatmet – 66 davon allein in NRW. Das geht aus Zahlen des Divi-Intensivregisters hervor (Stand: 15.8. 11.01 Uhr). Auf Platz zwei liegt Bayern (28 Fälle), gefolgt von Baden-Württemberg (25 Fälle).
Die deutschen Kinderärzte haben unterdessen an die Ständige Impfkommission (Stiko) appelliert, in der Debatte über eine allgemeine Corona-Impfempfehlung für Zwölf- bis 17-Jährige auch die psychosozialen Probleme dieser Altersgruppe in den Blick zu nehmen.
„Die Stiko orientiert sich allein am individuellen Nutzen einer Impfung im Verhältnis zur Gefährlichkeit einer Erkrankung“, sagte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, Thomas Fischbach, den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntag). „Da sind Kollateralschäden bei der psychosozialen Entwicklung der Kinder und Jugendlichen nicht berücksichtigt.“
Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA hat die Impfstoffe von Biontech und Moderna bereits ab 12 Jahren zugelassen. In Deutschland empfiehlt die Stiko Impfungen von Kindern und Jugendlichen aber bisher trotz politischen Drucks nicht allgemein, sondern nur bei höherem Risiko für schwerere Coronaverläufe.
Neue Stiko-Empfehlungen erwartet
Laut Fischbach ist in Deutschland bislang rund eine Million der 4,5 Millionen Kinder und Jugendlichen geimpft. Nach Informationen der Funke-Zeitungen wird für Mitte der Woche eine überarbeitete Stiko-Empfehlung für die Corona-Impfungen für Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren erwartet.
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