NPD veröffentlicht vertrauliche Daten: Rechtsextreme gehen in die Offensive
Bund und Länder haben tausende Belege für ein NPD-Verbotsverfahren zusammengetragen. Diese Sammlung findet sich nun auf der Homepage der NPD.
BERLIN dpa | Die rechtsextreme NPD versucht, angesichts des geplanten Verbotsverfahrens in die Offensive zu kommen. Die Partei hat die gegen sie gerichteten Belege ins Internet gestellt. Auf ihrer Homepage veröffentlichte die NPD eine Kurzfassung eines als vertraulich eingestuften Papiers, das Bund und Länder für ein neues Verbotsverfahren zusammengetragen haben.
Das Bundesinnenministerium will nun rechtliche Schritte prüfen, wie ein Sprecher am Mittwoch in Berlin sagte. Der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Wolfgang Bosbach (CDU), sprach von einem „gravierenden Vorgang“. Er sagte, mit der strafrechtlichen Seite müssten sich nun die Strafverfolgungsbehörden beschäftigen. „Die NPD wird ein überragendes Interesse daran haben, die Antragsteller immer wieder vorzuführen“, sagte Bosbach der Frankfurter Rundschau. „Das ist ein Indiz dafür, dass man die Probleme, die es im Zusammenhang mit einem NPD-Verbotsverfahren geben wird, nicht unterschätzen darf.“
2003 war ein erster Versuch, die NPD zu verbieten, in Karlsruhe gescheitert, weil Informanten des Verfassungsschutzes (V-Leute) auch in der Führungsebene der Partei tätig waren. Der Bundesrat will nun einen zweiten Anlauf vor dem Bundesverfassungsgericht starten. Ob Bundesregierung und Bundestag mitziehen, ist noch unklar. Im Kabinett wie im Parlament gibt es Zweifel an den Erfolgsaussichten eines neuen Verfahrens. Die Bundesregierung hat eine Entscheidung bis Ende März angekündigt.
Bund und Länder hatten auf mehr als 1000 Seiten Belege gegen die NPD gesammelt. Neben der Langfassung existiert eine rund 140 Seiten starke Kurzversion, die die Partei nun selbst veröffentlichte. Das Papier ist als „Verschlusssache“ eingestuft. Wie die Partei an das Dokument gelangte, ist unklar. Die NPD gab auf ihrer Homepage an, der Bericht sei ihr „zugespielt“ worden.
Auswirkungen noch nicht absehbar
In den vergangenen Monaten wurde das Dokument an viele Stellen in Bund und Ländern weitergegeben - etwa an die Innenministerien oder den Bundestag. Es gelangte aber auch nach außen. Nach Informationen des NDR veröffentlichte das alternative Mediennetzwerks indymedia den Kurzbericht bereits am Montagabend auf seiner Webseite.
Die NPD kommentierte die Materialsammlung auf ihrer Homepage als „schlechten Witz“ und „Frechheit“. Die Partei sehe dem Verbotsverfahren „mit dem notwendigen Ernst, aber auch mit der gebotenen Gelassenheit entgegen“.
Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) beklagte die Veröffentlichung durch die NPD. „Das ist ein gravierender Vorgang und der Versuch einer vorsätzlichen Torpedierung eines Parteiverbotsverfahrens“, sagte er der „Mitteldeutschen Zeitung“ (Donnerstag). Die Partei habe jetzt mehr Zeit, sich auf ein Verbotsverfahren einzurichten. Auch könne sie womöglich „Rückschlüsse ziehen auf undichte Stellen in den eigenen Reihen“.
Der Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte, es sei nicht abzusehen, welche Folgen die Veröffentlichung für das Verbotsverfahren habe. Die rechtsextreme Partei hatte bereits vor wenigen Monaten mit einem Vorstoß für Aufsehen gesorgt: Inmitten der Diskussion über ein mögliches Verbot war die NPD im November vorgeprescht und hatte beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag gestellt, um ihre Verfassungstreue prüfen zu lassen. Die Entscheidung darüber steht noch aus.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Münchner Sicherheitskonferenz
Selenskyjs letzter Strohhalm
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen