NPD-Parteitag in Weinheim: Weiter mit der „seriösen Radikalität“
Die NPD hat einen neuen Vorsitzenden. Frank Franz sucht den Ausgleich zwischen den verschiedenen Flügeln der rechtsextremen Partei.
HAMBURG taz | Dieser Parteitag der NPD stand, anders als geplant, unter einem schlechten Stern. Allein in den vergangenen Monaten misslang der Wiedereinzug in das sächsische Landesparlament, der Ersteinzug in das thüringische Parlament scheiterte. Nur knapp gelang es der Partei, ins europäische Parlament zu kommen. Parteiinterne Konflikte und parteipolitische Konkurrenz im rechten Spektrum belasten die NPD. Eine Last, die nun der neue Bundesvorsitzende Frank Franz stemmen soll.
Am Samstag begann in Weinheim der zweitägige Bundesparteitag der NPD in ihrem 50-jährigen Jubiläumsjahr. In der Stadthalle, die die Partei nach einem Rechtsstreit gegen den Willen der Stadt nutzen durfte, hing dann auch ein Transparent „50 Jahre Kampf für Frieden, Freiheit und Souveränität“. So versteht sich die älteste rechtsextreme Partei Deutschlands selbst. Bemüht jung berichtete die NPD via Twitter vom Parteitagsverlauf. Kurz nach 23 Uhr stand fest: Mit 86 von 139 Stimmen hatte sich Franz gegen Peter Marx und Sigrid Schüßler durchgesetzt, die 32 und 17 Stimmen erhielten.
Thomas Wulff, der Hamburger Landesvorsitzende der NPD, der sich selbst als „Nationalsozialist“ bezeichnet hatte, konnte sich bei einer Kandidatur zu einem der Stellvertreterposten nicht durchsetzen. Zu den stellvertretenden Parteivorsitzenden bestimmte der Parteitag Stefan Köster, Frank Schwerdt und Ronny Zasowk.
Im Vorfeld des Bundesparteitages hatte der freiwillig scheidende Bundesvorsitzende Udo Pastörs den neuen Vorsitzenden stark unterstützt. Die „Jungen“ müssten jetzt ran, so Pastörs, der im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern der NPD-Fraktion vorsteht. Mit der „richtigen Mannschaft“ könne der 35-jährige Nachfolger „gute Arbeit“ leisten.
Einheit demonstrieren
Er selbst kandidierte nicht, um sich mehr der Familie und Fraktion widmen zu können, sagte der 62-jährige Pastörs. Nachdem er jedoch von der Partei nicht zum Spitzenkandidaten bei der Europawahl gekürt worden war, hatte Pastörs seinen Rückzug aus der Bundespolitik bereits begonnen.
Sein alter Rivale, der frühere langjährige Bundesvorsitzende Udo Voigt gewann die Kandidatur – und schließlich auch das Mandat. Auf dem Parteitag gaben sich die Kontrahenten auf der Bühne demonstrativ die Hand. Geschlossenheit sollte das Bild symbolisieren, das von der NPD auf Twitter dementsprechend mit dem Satz „zwei große Parteiführer auf der Bühne“ kommentiert wird.
Traute Einigkeit herrscht in der NPD allerdings nicht. In der Partei und der Kameradschaftsszene ist der bemüht smarte Franz mit gegelten Haaren und adrettem Sakko umstritten. So will er den Kurs der „seriösen Radikalität“ weiterführen um das Image der Partei als der ewig Gestrigen und der dumpfen Krakeeler zu verändern.
Den Bürger nicht verschrecken
In der NPD-Monatzeitung Deutsche Stimme (DS) schrieb er: „Ich will, dass die NPD eine Volkspartei ist“ und keine „ideologische Sekte“. „Wir werden die Bürger nicht mit Facebook-Beiträgen gewinnen, die mit Superlativen und heroischem Pathos gespickt sind“, so der Saarländer, der für die NPD in Völklingen im Stadtrat sitzt. Das möchten die „eingefleischten Nationalisten wunderbar lesen“. Für den „anpolitisierten Bürger“ jedoch wirke es „wie aus einer anderen Welt“, schrieb er im September 2014 weiter.
Im Oktober versichert er in der DS aber zum wiederholten Mal, keine „deutsche FPÖ“ anzustreben. Der Subtext an seine Kritiker ist klar: Es soll keine Aufweichungen der Grundpositionen betrieben werden. Nicht ohne an das laufende NPD-Verbotsverfahren zu denken, versäumt Franz es aber auch nicht, den „Organisationsrahmen“ der BRD „nicht zwangsläufig“ abzulehnen.
Eine Sorge soll die Partei laut Schatzmeister Andreas Storr allerdings los sein. Die Finanzlage der Partei sei zwar noch schwierig, aber im kommenden Jahr wäre sie aber „schuldenfrei“.
In Weinheim hielt Marie Christin Guibert vom französischen Front National ein Grußwort. In Brüssel weigert sich die Parteivorsitzende Marie Le Pen indes, mit der NPD zusammenzuarbeiten. Denn, so Le Pen im Cicero: „Die ist rechtsextrem“.
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