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Mutmaßlicher Spion festgenommenIran plante wohl Anschläge auf jüdische Ziele in Deutschland

In Dänemark wurde ein Mann festgenommen, der im Auftrag Irans jüdische Ziele in Deutschland ausgekundschaftet haben soll. Die Ermittler vermuten Anschlagspläne.

Polizisten schützen die Dresdner Synagoge im Jahr 2019 Foto: xcitepress/imago

Berlin taz | Die iranische Revolutionsgarde hat offenbar gezielt jüdische Einrichtungen und Personen in Deutschland ausgespäht, mutmaßlich als Vorbereitung für Anschläge. In diesem Zusammenhang wurde letzten Donnerstag der dänische Staatsbürger Ali S. in Aarhus festgenommen. Das teilte der deutsche Generalbundesanwalt am Dienstag mit. Im Auftrag des Irans soll der 53-Jährige in den letzten Wochen mehrere jüdische Orte in Berlin ausgekundschaftet haben.

Laut Generalbundesanwalt diente dies „mutmaßlich der Vorbereitung weiterer geheimdienstlicher Operationen in Deutschland, möglicherweise bis hin zu Anschlägen gegen jüdische Ziele“. Der juristische Vorwurf im Haftbefehl lautet „nachrichtendienstliche Agententätigkeit“.

Nach taz-Informationen geht es um über zehn verschiedene Objekte in Deutschland, die S. ausgespäht haben soll, darunter etwa die Deutsch-Israelische Gesellschaft, aber auch einzelne Geschäfte, etwa ein koscherer Supermarkt. Die jeweiligen In­ha­be­r*in­nen seien von den Behörden informiert und die Sicherheitsvorkehrungen erhöht worden.

Auftraggeber sollen die Quds-Brigaden sein, ein Teil der Revolutionsgarde im Iran. Die Organisation ist mit Einsätzen außerhalb des Irans beauftragt und soll die islamistische und antisemitische Ideologie des iranischen Regimes verbreiten. Ihre Kämpfer waren etwa in Syrien und im Libanon im Einsatz. Von den USA werden die Brigaden als Terrororganisation eingestuft, auf der EU-Terrorliste stehen sie nicht.

Lange Geschichte iranischer Anschläge

Offenbar stammen die Erkenntnisse über den Festgenommenen vom Bundesamt für Verfassungsschutz. Der Mann befindet sich derzeit noch in Dänemark und soll nach der Auslieferung nach Deutschland einem Ermittlungsrichter vorgeführt werden.

Zahlreiche deutsche Po­li­ti­ke­r*in­nen äußerten am Dienstag Entsetzen über die aufgeflogenen Pläne. Bundesjustizministerin Stefanie Hubig sagte: „Wenn sich dieser Verdacht bestätigt, dann haben wir es mit einem ungeheuerlichen Vorgang zu tun.“ Der Schutz jüdischen Lebens habe für die Bundesregierung „höchste Priorität“. Die Bundesregierung habe „die Verantwortung, unseren jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern zur Seite zu stehen – gegen Bedrohungen von innen und von außen“.

Die Berichterstatterin der Grünen für den Kampf gegen Antisemitismus, Marlene Schönberger, nannte die Enthüllung „erschütternd – aber leider nicht überraschend“. Der „antisemitische Vernichtungswille des iranischen Staates“ mache „an keiner Grenze halt“. Es brauche nun „mehr Sicherheits­personal für jüdische Einrichtungen, eine stärkere finanzielle Beteiligung des Bundes und klare koordinierte Schutzkonzepte“.

Die Anschlagspläne stehen vermutlich im Zusammenhang mit dem jüngsten Krieg zwischen Iran und Israel. Nach dem Angriff der israelischen Luftwaffe auf die iranischen Atomanlagen und Regierungseinrichtungen hatten die deutschen Behörden die Sicherheitsvorkehrungen für jüdische Einrichtungen hochgefahren.

Schon in der Vergangenheit hatte die iranische Führung die Feindschaft mit Israel zum Anlass genommen, unbeteiligte Ju­den*­Jü­din­nen in anderen Ländern zu attackieren. So veranlasste die Teheraner Führung höchstwahrscheinlich den Bombenanschlag auf ein jüdisches Gemeindezentrum im argentinischen Buenos Aires 1994. Damals starben 85 Menschen, Hunderte weitere wurden verletzt.

Aktualisiert und ergänzt am 01.07.2025 um 15:25 Uhr. d. R.

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10 Kommentare

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  • Vielleicht war das die Rache für die Merz'sche Aussage „Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle“.

    • @ecox lucius:

      Rache oder Bestätigung?

  • Das ist Deutschland/Europa 2025 :



    Jüdische Menschen und Institutionen müssen sich heutzutage unsicher fühlen, respektive sehen sich einer realen Gefahr ausgesetzt.



    Und genau, wo ist der breite Aufschrei dagegen, insbesondere des sich sonst moralischen aufschwingenden Anteils unserer Bevölkerung ?



    Es herrscht ein weiteres Mal drönendes Schweigen ...

  • Es werden sich doch bestimmt ein paar Linke-Gruppen finden, die aktuell gerne neben Taliban-Fahnen und Fahnen des Mullah-Regimes protestieren um die Freilassung dieses politischen Gefangenen zu fordern. Es ging bestimmt um Zionisten…



    Wer Sarkasmus findet darf ihn behalten.

  • Was sagt den das Völkerrecht dazu, wenn der Iran seine Kämpfer nach Deutschland schickt, um deutsche Staatsbürger zu töten?

    Welche Gegenmaßnahmen lässt das Völkerrecht für unsere Regierung zu?

    • @rero:

      Nichts!



      Unsere Politik hat so sehr Angst "Rassist" genannt zu werden, dass die in Sachen Islam völlig gelähmt sind.



      Bestes Beispiel war die Islamwoche an der Uni Kiel.... mal ehen 800 Jahre in der Evolution zurück.

  • Warum benutzt der Artikel die Vergangenheitsform. Der Iran plant offensichtlich Anschläge auf jüdische Menschen und Einrichtungen. Gibt es irgendwelche belastbaren Erkenntnisse dass diese Planungen aufgegeben wurden? Das noch kein öffentlichkeitswirksamer Anschlag durchgeführt wurde heißt nicht das die Gefährdungslage geringer geworden ist

  • Warum lassen wir den Hass auf Israel auf deutschen Straßen zu? Warum erhebt sich das Volk nicht dagegen?

    • @casio:

      Welches Volk meinen Sie? Von den braun blauen Querdenkern ist da schon mal nichts substanzielle zu erwarten, wenn sich die Konflikte im Nahen Osten mal gelegt haben und es nicht mehr Juden gegen Muslime heißt werden die auch wieder offen ihren Antisemitismus auspacken. Zu viele die sich für links halten sind auf den Islamofaschischmus im Namen der Palästinenser reingefallen*.

      *) ging mir auch mal so, ist aber Jahrzehnte her.

  • Er sollte besser in Dänemark vor Gericht kommen.