Iran und Hamas: Triumvirat des Judenhasses
Iran stützt ideologisch und logistisch die Terrorattacken. Es ist Zeit für den Westen, die Beziehungen zu dem Regime in Teheran zu überdenken.
Hinter Hisbollah und Hamas steht Iran – hier eine Demo für die Hisbollah diese Woche in Teheran Foto: ap
Wer die Islamische Republik Iran verstehen möchte, sollte eine Grundregel kennen: Alle Aussagen des iranischen Regimes sind bis zum Beweis des Gegenteils eine Lüge. In den vergangenen 44 Jahren hat das diktatorische Regime eine perfekt laufende Propagandamaschinerie aufgebaut, die ein wichtiger Faktor ihrer langanhaltenden Macht ist. Es ist also nicht einfach, die Wahrheit aufzuspüren, wenn der iranische Staat involviert ist.
Und trotzdem stellt sich die Frage: Welche Rolle spielte das iranische Regime bei den Terroranschlägen in Israel? Nicht nur für Israel, auch für die USA und die EU ist diese Frage bedeutsam. Bisher halten die westlichen Staaten an Verhandlungen mit Teheran fest, zum Atomabkommen und zu anderen Fragen – ironischerweise stets mit dem Hinweis auf die Sicherheit Israels. Diese bereits bis jetzt wenig überzeugende Erzählung wäre noch weniger glaubhaft.
Am 3. Oktober postete Revolutionsführer Ali Chamenei auf X: „Das zionistische Regime ist am Sterben.“ Nun kann es Zufall sein, dass Chamenei wenige Tage vor dem Angriff solche Aussagen macht. Sicher ist: Das Regime und die Revolutionsgarden (IRGC) unterhalten intensive Beziehungen zur Terrorgruppe Hamas. Das islamistische Regime in Teheran unterstützt und finanziert schon seit Jahren Terrorgruppen in Gaza.
Auch am Training der militanten Kräfte sollen die IRGC beteiligt sein. Die Beziehung zwischen IRGC und Hamas war zwischenzeitlich zwar gestört: Im syrischen Bürgerkrieg fanden sich die beiden Gruppen auf verschiedenen Seiten wieder: Das iranische Regime unterstützte den syrischen Diktator Baschar al-Assad, die Hamas stand auf der Seite der sunnitischen Oppositionskämpfer.
Iran müsste fürchten, dass Saudi-Arabien Israel eine militärische Basis für Angriffe gegen Iran bieten könnte
Spätestens seit Assad wieder im Kreise der arabischen Bruderstaaten aufgenommen wurde, kooperiert die Terrorgruppe aber wieder mit Iran. Beide Seiten vereint ein Ziel: Israel zu isolieren und zu destabilisieren – und endgültig zu vernichten. Um das zu erreichen, sind sie bereit, die ideologischen Differenzen zwischen Sunniten und Schiiten beiseitezulassen. Gemeinsam mit der schiitischen Hisbollah, dem verlängerten Arm des iranischen Regimes im Libanon, bilden diese drei ein in Israel- und Judenhass vereintes Triumvirat.
Trotzdem leugnen offizielle iranische Stellen konsequent eine aktive Beteiligung an den Anschlägen. Ein Sprecher des iranischen Außenministeriums erklärte, Iran treffe keine Entscheidung „im Namen irgendeiner Partei in der Region, einschließlich des palästinensischen Volkes. […] Was uns betrifft, ist, dass wir den Widerstand des palästinensischen Volkes als legitimen Widerstand betrachten.“ Auch die Hamas streitet eine direkte Beteiligung Irans ab. Selbst die engsten Verbündeten seien im Vorfeld nicht über das Timing informiert worden, so Ali Barakeh, Mitglied der Hamas-Führung gegenüber der Nachrichtenagentur AP – wohl aber über die Anschläge selbst, könnte man daraus schließen.
Sowohl Israel als auch die USA gehen indes von einer Beteiligung Irans aus – allerdings nur zu einem gewissen Grad. Sowohl israelische als auch US-Offizielle erklärten, dass sie keine Beweise dafür hätten, dass die Anschläge von Iran autorisiert worden seien. Doch weder die USA noch Israel haben auch nur das geringste Interesse daran, öffentliche Schuldzuweisungen auszusprechen. Israel ist im Krieg mit der Hamas; eine offene Konfrontation mit Iran ist das Letzte, was das Land gerade gebrauchen kann.
Antwort auf Saudi-Arabien
Das ehemalige Führungsmitglied des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad, Haim Tomer, äußerte sich in einem Interview überzeugt, dass die letztliche und hauptsächliche Entscheidung bei der Hamas selbst gelegen habe. Tomer sagte aber zur Rolle Teherans: „Das ist die Antwort Irans auf Berichte, dass es zwischen Saudi-Arabien und Israel einen Friedensvertrag geben soll.“
Ein solcher Friedensschluss könnte die wirtschaftliche und die Sicherheitsarchitektur der Region verändern. Zum einen würde die iranische Führung wieder aggressiv auf Rivalität mit Saudi-Arabien setzen anstatt wie in den vergangenen Monaten auf diplomatische Annäherung. Das würde wichtige Ressourcen binden. Außerdem müsste Iran fürchten, dass Saudi-Arabien Israel eine militärische Basis für Angriffe gegen Iran bieten könnte. Insgesamt wäre die Vormachtstellung des Regimes bedroht, es könnte gar isoliert werden.
Keine militärische Option
Nach dem Angriff der Hamas hat sich die Lage verändert. Saudi-Arabien stellt sich in der arabischen Welt als Vertreter palästinensischer Interessen dar. Eine Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts hatte Saudi-Arabien als Bedingung für einen Friedensvertrag gemacht: Nun hat Saudi-Arabien ein Problem. Die meisten arabischen Staaten reagieren auf die Terroranschläge der Hamas, indem sie auf Israels Besatzung verweisen. Schlösse Saudi-Arabien in dieser Lage einen Friedensvertrag mit Israel, müsste es fürchten, seine wichtige Stellung unter den arabischen Staaten zu gefährden. Am Wochenende schließlich hat Saudi-Arabien die Gespräche zur Annäherung an Israel für beendet erklärt.
Wie gesagt: Es ist fast unmöglich, die Wahrheit aufzuspüren, wenn es um Iran geht. Klar ist, dass Antisemitismus und Israelhass wichtige Pfeiler der Islamischen Republik sind. Iran ist der hauptsächliche Sponsor der Hamas. All das sollte reichen, um in den westlichen Staaten zu einer Umkehr in der Iran-Politik zu führen – allerdings nicht im Sinne einer militärischen Option oder eines Kriegs; das wäre nicht nur zum Scheitern verurteilt, sondern würde eine Katastrophe ungeahnten Ausmaßes bedeuten.
Umkehr in der Iran-Politik muss vielmehr bedeuten, dass es endlich spürbare und nachhaltige diplomatische Konsequenzen für das Regime geben muss. Sanktionen, Isolierung, Revolutionsgarden auf die Terrorliste. Das iranische Regime terrorisiert Israel, die Region, die Welt und nicht zuletzt die eigene Bevölkerung. Wann, wenn nicht jetzt ist die Zeit, die Beziehungen zu diesem Staat zu überdenken.
Iran und Hamas: Triumvirat des Judenhasses
Iran stützt ideologisch und logistisch die Terrorattacken. Es ist Zeit für den Westen, die Beziehungen zu dem Regime in Teheran zu überdenken.
Hinter Hisbollah und Hamas steht Iran – hier eine Demo für die Hisbollah diese Woche in Teheran Foto: ap
Wer die Islamische Republik Iran verstehen möchte, sollte eine Grundregel kennen: Alle Aussagen des iranischen Regimes sind bis zum Beweis des Gegenteils eine Lüge. In den vergangenen 44 Jahren hat das diktatorische Regime eine perfekt laufende Propagandamaschinerie aufgebaut, die ein wichtiger Faktor ihrer langanhaltenden Macht ist. Es ist also nicht einfach, die Wahrheit aufzuspüren, wenn der iranische Staat involviert ist.
Und trotzdem stellt sich die Frage: Welche Rolle spielte das iranische Regime bei den Terroranschlägen in Israel? Nicht nur für Israel, auch für die USA und die EU ist diese Frage bedeutsam. Bisher halten die westlichen Staaten an Verhandlungen mit Teheran fest, zum Atomabkommen und zu anderen Fragen – ironischerweise stets mit dem Hinweis auf die Sicherheit Israels. Diese bereits bis jetzt wenig überzeugende Erzählung wäre noch weniger glaubhaft.
Am 3. Oktober postete Revolutionsführer Ali Chamenei auf X: „Das zionistische Regime ist am Sterben.“ Nun kann es Zufall sein, dass Chamenei wenige Tage vor dem Angriff solche Aussagen macht. Sicher ist: Das Regime und die Revolutionsgarden (IRGC) unterhalten intensive Beziehungen zur Terrorgruppe Hamas. Das islamistische Regime in Teheran unterstützt und finanziert schon seit Jahren Terrorgruppen in Gaza.
Auch am Training der militanten Kräfte sollen die IRGC beteiligt sein. Die Beziehung zwischen IRGC und Hamas war zwischenzeitlich zwar gestört: Im syrischen Bürgerkrieg fanden sich die beiden Gruppen auf verschiedenen Seiten wieder: Das iranische Regime unterstützte den syrischen Diktator Baschar al-Assad, die Hamas stand auf der Seite der sunnitischen Oppositionskämpfer.
Iran müsste fürchten, dass Saudi-Arabien Israel eine militärische Basis für Angriffe gegen Iran bieten könnte
Spätestens seit Assad wieder im Kreise der arabischen Bruderstaaten aufgenommen wurde, kooperiert die Terrorgruppe aber wieder mit Iran. Beide Seiten vereint ein Ziel: Israel zu isolieren und zu destabilisieren – und endgültig zu vernichten. Um das zu erreichen, sind sie bereit, die ideologischen Differenzen zwischen Sunniten und Schiiten beiseitezulassen. Gemeinsam mit der schiitischen Hisbollah, dem verlängerten Arm des iranischen Regimes im Libanon, bilden diese drei ein in Israel- und Judenhass vereintes Triumvirat.
Trotzdem leugnen offizielle iranische Stellen konsequent eine aktive Beteiligung an den Anschlägen. Ein Sprecher des iranischen Außenministeriums erklärte, Iran treffe keine Entscheidung „im Namen irgendeiner Partei in der Region, einschließlich des palästinensischen Volkes. […] Was uns betrifft, ist, dass wir den Widerstand des palästinensischen Volkes als legitimen Widerstand betrachten.“ Auch die Hamas streitet eine direkte Beteiligung Irans ab. Selbst die engsten Verbündeten seien im Vorfeld nicht über das Timing informiert worden, so Ali Barakeh, Mitglied der Hamas-Führung gegenüber der Nachrichtenagentur AP – wohl aber über die Anschläge selbst, könnte man daraus schließen.
Sowohl Israel als auch die USA gehen indes von einer Beteiligung Irans aus – allerdings nur zu einem gewissen Grad. Sowohl israelische als auch US-Offizielle erklärten, dass sie keine Beweise dafür hätten, dass die Anschläge von Iran autorisiert worden seien. Doch weder die USA noch Israel haben auch nur das geringste Interesse daran, öffentliche Schuldzuweisungen auszusprechen. Israel ist im Krieg mit der Hamas; eine offene Konfrontation mit Iran ist das Letzte, was das Land gerade gebrauchen kann.
Antwort auf Saudi-Arabien
Das ehemalige Führungsmitglied des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad, Haim Tomer, äußerte sich in einem Interview überzeugt, dass die letztliche und hauptsächliche Entscheidung bei der Hamas selbst gelegen habe. Tomer sagte aber zur Rolle Teherans: „Das ist die Antwort Irans auf Berichte, dass es zwischen Saudi-Arabien und Israel einen Friedensvertrag geben soll.“
Ein solcher Friedensschluss könnte die wirtschaftliche und die Sicherheitsarchitektur der Region verändern. Zum einen würde die iranische Führung wieder aggressiv auf Rivalität mit Saudi-Arabien setzen anstatt wie in den vergangenen Monaten auf diplomatische Annäherung. Das würde wichtige Ressourcen binden. Außerdem müsste Iran fürchten, dass Saudi-Arabien Israel eine militärische Basis für Angriffe gegen Iran bieten könnte. Insgesamt wäre die Vormachtstellung des Regimes bedroht, es könnte gar isoliert werden.
Keine militärische Option
Nach dem Angriff der Hamas hat sich die Lage verändert. Saudi-Arabien stellt sich in der arabischen Welt als Vertreter palästinensischer Interessen dar. Eine Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts hatte Saudi-Arabien als Bedingung für einen Friedensvertrag gemacht: Nun hat Saudi-Arabien ein Problem. Die meisten arabischen Staaten reagieren auf die Terroranschläge der Hamas, indem sie auf Israels Besatzung verweisen. Schlösse Saudi-Arabien in dieser Lage einen Friedensvertrag mit Israel, müsste es fürchten, seine wichtige Stellung unter den arabischen Staaten zu gefährden. Am Wochenende schließlich hat Saudi-Arabien die Gespräche zur Annäherung an Israel für beendet erklärt.
Wie gesagt: Es ist fast unmöglich, die Wahrheit aufzuspüren, wenn es um Iran geht. Klar ist, dass Antisemitismus und Israelhass wichtige Pfeiler der Islamischen Republik sind. Iran ist der hauptsächliche Sponsor der Hamas. All das sollte reichen, um in den westlichen Staaten zu einer Umkehr in der Iran-Politik zu führen – allerdings nicht im Sinne einer militärischen Option oder eines Kriegs; das wäre nicht nur zum Scheitern verurteilt, sondern würde eine Katastrophe ungeahnten Ausmaßes bedeuten.
Umkehr in der Iran-Politik muss vielmehr bedeuten, dass es endlich spürbare und nachhaltige diplomatische Konsequenzen für das Regime geben muss. Sanktionen, Isolierung, Revolutionsgarden auf die Terrorliste. Das iranische Regime terrorisiert Israel, die Region, die Welt und nicht zuletzt die eigene Bevölkerung. Wann, wenn nicht jetzt ist die Zeit, die Beziehungen zu diesem Staat zu überdenken.
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Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Kommentar von
Gilda Sahebi
Autorin
Ausgebildet als Ärztin und Politikwissenschaftlerin, dann den Weg in den Journalismus gefunden. Beschäftigt sich mit Rassismus, Antisemitismus, Medizin und Wissenschaft, Naher Osten.
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