Mutmaßlicher Reichsbürger verurteilt: Schön hinter Gittern
Polizei und Justiz gehen verstärkt gegen rechte Straftäter wie den „Reichsbürger“ Adrian U. vor. KZ-Gedenkstätten trennen sich vom Wachschutz. Doch es gibt einen Haken.
Der selbsternannte Gründer des Ministaats „Ur“ sollte sein Haus im Burgenlandkreis räumen, weil er Verbindlichkeiten für das Grundstück nicht bedient hatte. Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer am Montag für den bei dem damaligen Einsatz selbst schwer verletzten Angeklagten eine Freiheitsstrafe von acht Jahren gefordert.
Adrian U. selbst wies die Vorwürfe stets zurück und machte in mehrstündigen, teils kruden Ausführungen vor Gericht seine Ablehnung von staatlichen Institutionen wiederholt deutlich. So sprach er stets vom „sogenannten Staatsanwalt“ und „sogenannten Richtern“.
Reichsbürgeroffensive und Wachschutz
Der Angriff in Reuden im August vor drei Jahren war der Beginn einer Serie von Gewaltattacken sogenannter Reichsbürger in Deutschland. Die in etliche Kleinstgruppen zersplitterten „Reichsbürger“ erkennen die Bundesrepublik nicht an, entsprechend verweigern viele die Zahlung von Steuern oder Bußgeldern an den Staat.
Polizei und Justiz gehen verstärkt gegen rechtsextreme Straftaten vor. Auch an anderer Stelle wurde das jetzt deutlich: Nach dem Einsatz eines Subunternehmens mit Kontakten zur rechtsextremen Szene hat sich die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten von einem Wachschutz-Unternehmen getrennt. Das Unternehmen City Control war seit dem 1. Februar 2018 mit der Bewachung der Gedenkstätten Sachsenhausen und Ravensbrück beauftragt.
Nach Medienberichten hat City Control gegenüber der Gedenkstättenstiftung eingeräumt, dass sie in der Gedenkstätte Sachsenhausen bei sechs Schichten Mitarbeiter eines Subunternehmens aus Cottbus eingesetzt habe. Dessen Geschäftsführer ist nach Einschätzung des Verfassungsschutzes im rechtsextremen Milieu verankert. Weiter hieß es: „Diese für die Stiftung vollkommen inakzeptable Vorgehensweise stand im Widerspruch zu den vertraglichen Vereinbarungen.“
Aber noch immer sind über 600 Haftbefehle offen
Bundesweit gibt es über 600 noch nicht vollstreckte Haftbefehle gegen Verdächtige oder Verurteilte von Straftaten aus der rechten Szene. Konkret gehe es dabei um 467 Personen, die bis Ende September vergangenen Jahres mit Haftbefehl gesucht wurden, das teilte das Bundeskriminalamt (BKA) am Donnerstag in Wiesbaden mit. Voraussichtlich im Mai wollen die Ermittler über die weitere Entwicklung mit aktuellen Zahlen berichten.
Der überwiegende Teil der Haftbefehle habe sich auf Delikte wie Diebstahl, Betrug oder Beleidigung bezogen, erklärte das BKA. Zwölf Haftbefehle seien wegen politisch rechts motivierter Gewaltdelikte und weitere 98 wegen Straftaten mit politisch rechter Motivation ausgestellt worden. Darunter falle etwa das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Volksverhetzung. Offene Haftbefehle wegen einer terroristischen Tat habe es nicht gegeben. (mit dpa, epd und afp)
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