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Mutmaßlicher Bin-Laden-LeibwächterNach Tunesien abgeschoben

Der mutmaßliche Islamist und Bin-Laden-Leibwächter Sami A. ist nach Tunesien abgeschoben worden. Dabei hatte ein Gericht kurz zuvor anders entschieden.

Sami A. wurde am Freitag mit einer Chartermaschine von Düsseldorf aus abgeschoben Foto: dpa

Berlin afp/dpa | Das Bundesinnenministerium hat die Abschiebung des mutmaßlichen Islamisten Sami A. nach Tunesien bestätigt. A. sei am Freitagmorgen nach Tunesien abgeschoben und den dortigen Behörden übergeben worden, sagte eine Sprecherin des Ministeriums in Berlin. Bei dem Mann soll es sich um einen früheren Leibwächter des 2011 getöteten Al-Kaida-Führers Osama bin Laden handeln. In Tunesien wurde er umgehend in Gewahrsam genommen, wie der Sprecher der tunesischen Anti-Terror-Staatsanwaltschaft gegenüber der Nachrichtenagentur AFP sagte.

Die Sprecherin des deutschen Innenministeriums verwies ausdrücklich darauf, dass die Verantwortung für die Abschiebung beim Land Nordrhein-Westfalen liege. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen veröffentlichte am Freitag einen Beschluss vom Vortag, wonach der mutmaßliche Leibwächter Bin Ladens vorläufig nicht abgeschoben werden könne.

Das Verwaltungsgericht hatte sein Verbot mit fehlender Sicherheit für Sami A. vor Folter in Tunesien begründet. Es liege keine diplomatisch verbindliche Zusicherung der tunesischen Regierung vor, dass dem Tunesier im Falle der Rückkehr keine Folter drohe. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte, das Ministerium sei am vergangenen Montag über den geplanten Abschiebeflug informiert worden. Die deutsche Botschaft in Tunis habe daraufhin beim tunesischen Außenministerium diesen Flug angemeldet.

Das nordrhein-westfälische Flüchtlingsministerium hatte nach eigenen Angaben keine Kenntnis von dem Abschiebeverbot. Die Rückführung von Sami A. nach Tunesien sei auf der Grundlage eines früheren Beschlusses des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen erfolgt, teilte das Ministerium am Freitag mit.

„Die ausländerrechtliche Entscheidung, ob jemand zu welchem Zeitpunkt zurückgeführt werden kann, liegt beim Land“, sagte die Sprecherin des Bundesinnenministeriums. Auch eine mögliche Rückholung des Mannes, wenn die Abschiebung aufgrund des Gerichtsbeschlusses ohne gültige Rechtsgrundlage durchgeführt wurde, sei „Sache von NRW“ und des Gerichts.

Die Sprecherin fügte hinzu: „Wenn den Behörden ein gerichtlicher Beschluss bekannt ist, dass eine Abschiebung nicht vollzogen werden darf, dann kann nicht abgeschoben werden.“ Fragen zu dem Fall müssten an die Behörden in Nordrhein-Westfalen gerichtet werden.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sei am Freitagmorgen „nach Beendigung der Rückführung informiert“ worden, sagte die Sprecherin weiter. Es habe eine „enge Zusammenarbeit“ zwischen dem Land und dem Bund in dem Fall gegeben. Demnach war an der Abschiebung die Bundespolizei beteiligt, wie das üblicherweise der Fall sei.

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26 Kommentare

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  • Au Backe!



    „Unterm Löffel weg!“ (Richterargot!)

    “Aus dem dargestellten Ablauf der drei Verfahren ergibt sich, dass es keine vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen zu vertretenden Verfahrensverzögerungen gegeben hat.

    Insbesondere musste das Gericht angesichts des Verhaltens des BAMF und der Ausländerbehörde davon ausgehen, dass die Übermittlung des Beschlusses im Verfahren 7a L 1200/18.A am Morgen des Freitag, 13. Juli 2018, rechtzeitig sein würde.

    Bernhard Fessler



    Präsident des Verwaltungsgerichts“



    (Wer ihn kennt - weiß - “Einer von den Guten“ - Ruhrpöttlerisch!;))



    www.vg-gelsenkirch...6_180713/index.php

    unterm—-



    Kann mich gut an ein Tel-Gespräch mit ihm erinnern als damals sein Senat die Ziegelsteine/Gebetsbücher für Türkei/Asyl fertigte & er mein Frozzeln wg ausländer/aufenthaltsrechtlicher Hinweise neuerdings -;) Mit - “Ja auch wir sind es mittlerweile leid, daß die Ausländerämter unsere asylrechtlichen Entscheidungen - durch 'Abschiebungen unterm Löffel weg!' konterkarieren!“ - zustimmend quittierte!;)

    kurz - Die Rückführungsentscheidung ist konsequent & korrekt!



    &



    Daß solche rechtsstaatswidrigen - salopp formuliert dreisten Unsitten - wieder Platz greifen! Dürfte dem derzeitigen zunehmend flüchtlingsfeindlich-menschenverachtenden populistische Politikastertheater geschuldet sein!



    Ja. Inhumaner Mief macht sich breit*!*



    In Sprache & staatlichem Handeln!



    Erbärmlich!

  • @Der Mann, der unter einen Stein hervorkroch, @A. Müllermilch, @modulaire, @Nicky Arnstein, @Bernd Nicht:

    Sorry, Leute, aber Ihr steht meiner Meinung nach nicht auf dem Boden des GGes.

    Es gibt Gesetze dafür, da ist "Eure" Meinung nicht wirklich maßgebend, sondern m. E. populistisch im schlimmsten Sinne – an der Grenze zur Hetze|zur Lynchjustiz.

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Auffassung von "Justiz" auf Euch selbst, wenn's drauf ankommt, angewendet werden "darf"…

    Recht und Gesetz gilt für ALLE – auch für Euch, wenn Ihr in "Schwierigkeiten" oder in illegalen "Ideen" (fest)steckt.

    Und der Zeitpunkt der Bekanntgabe bzw. Übermittlung kann ja auch durch "selbst ernannte Gerechtigkeit" mehr oder weniger bewusst verzögert worden sein… – immerhin möglich, in Zeiten wie diesen.

    • @Frau Kirschgrün:

      "an der Grenze zur Hetze|zur Lynchjustiz"



      Weil ich wissen will, was Sami in Tunesien vorgeworfen wird und was er in d gemacht hat???

      "Recht und Gesetz gilt für ALLE – auch für Euch, wenn Ihr in "Schwierigkeiten" oder in illegalen "Ideen" (fest)steckt."



      Soweit die Theorie, selig wer daran glaubt.

      "der Zeitpunkt der Bekanntgabe bzw. Übermittlung kann ja auch durch "selbst ernannte Gerechtigkeit" mehr oder weniger bewusst verzögert worden sein…"

      Das gehört zum Spiel.

      • @A. Müllermilch:

        Ah ja. Na - Si´cher dat.

        "...Das gehört zum Spiel."

        Da schweigt schlicht des Sängers Höflichkeit.



        kurz - Ekelhaft.



        Normal.

    • @Frau Kirschgrün:

      "Sorry, Leute, aber Ihr steht meiner Meinung nach nicht auf dem Boden des GGes."

      Nein Frau Kirschgrün, diesen Schuh ziehe ich mir nicht an.

      Ich habe auf die sehr zweifelhafte Gesinnung des Abgeschobenen hingewiesen und meine Verwunderung über das ausgebliebene Interesse der USA hingewiesen. Schließlich besteht der begründete Verdacht, das der Abgeschobene Mitwisser, vielleicht gar Mittäter an nahezu 3000 Mordtaten ist.

      Wie sie mir vorwerfen können ich würde den Rechtstaat ablehnen, populistische Hetze betreiben und meinen Post gar mit Lynchjustiz in Verbindung bringen erschließt sich mir nicht.

  • Abschiebungen sind und bleiben Mord(-versuche), auch in diesem Fall. Wer das gut findet, macht sich mit schuldig... Herzlichen Glückwunsch, Ihr seid genauso große ******** wie diese religiösen Fanatiker.

    Und das mal wieder Gerichtsbeschlüsse ignoriert werden, zeigt wie wunderbar dieser "Rechtsstaat" funktioniert... lachhaft. Ein Glück scheiß ich ehh auf diesen Staat, sonst müsste ich wohl verzweifeln.

  • Ich dachte es darf in Deutschland keine rechtsfreien Räume mehr geben? Gerichtliche Anordnungen zu ignorieren geht aber, gell?

    • 8G
      83492 (Profil gelöscht)
      @Frank N. Stein:

      "Gerichtliche Anordnungen zu ignorieren geht aber, gell?"

      Freitag morgen: Abschiebung



      Am Freitag: Verwaltungsgericht veröffentlicht einen Beschluss vom Vortag. Also vermutlich nachdem die Abschiebung schon geschehen ist.

      Was nicht bekannt sein kann, kann auch nicht ignoriert werden. Problematisch wäre es nur, wenn der Antrag aufschiebende Wirkung hätte.

      Kennt sich hier jemand mit dem Verwaltungsrecht aus?

  • Maßgeblich ist nicht der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts sondern der Zeitpunkt der Bekanntgabe der Entscheidung gegenüber der Behörde. Hier hat es sich offensichtlich überschnitten. Man darf also gespannt bleiben, wann die Behörde Kenntnis erlangt hat.

  • "Das Verwaltungsgericht hatte sein Verbot mit fehlender Sicherheit für Sami A. vor Folter in Tunesien begründet. Es liege keine diplomatisch verbindliche Zusicherung der tunesischen Regierung vor, dass dem Tunesier im Falle der Rückkehr keine Folter drohe."

    Das genau ist es, was einen Rechtsstaat ausmacht!



    Die Gesetze gelten ohne Ansehen der Person FÜR ALLE.



    Und zwar so lange, bis deren Schuld in einem Gerichtsverfahren aufgrund von Recht und Gesetz erwiesen ist.

    Abgeschoben werden darf nur, wenn der Beschuldigte|Verurteilte keinen Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt ist.

    Da wird nicht nach Mehrheit oder subjektivem "Gerechtigkeitsgefühl" entschieden, sondern nach Gefahren- und Gesetzeslage.

    Warum glauben Sie, die so eine unrechtmäßige Abschiebung befürworten, gibt es in D KEINE Todesstrafe?!

    Warum glauben Sie, die so eine unrechtmäßige Abschiebung befürworten, gibt es in D Meinungsfreiheit?!

    Z. B. damit Sie, die so eine unrechtmäßige Abschiebung befürworten, Ihren m. E. unreflektierten Senf dazu abgeben können.

    Eine "Kopf-ab"-Mentalität wirft UNS und unseren Rechtsstaat zurück ins Mittelalter.

    • @Frau Kirschgrün:

      "Abgeschoben werden darf nur, wenn der Beschuldigte|Verurteilte keinen Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt ist."

      Und was ist, wenn durch sein Verbleib andere Menschen Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt" sind? Angenommen, man findet heraus, er plant einen Terroranschlag, so wie ihn Anis Amri geplant und ausgeführt hat? Wir brauchen also jetzt Gefängnisse für als Gefährder eingestufte Islamisten, die nicht abgeschoben werden dürfen (weil ihnen in ihrem Land die Todesstrafe droht) oder müssen die Bevölkerung in Schutzhaft nehmen, oder wie stellen Sie sich das vor?

    • @Frau Kirschgrün:

      "Und zwar so lange, bis deren Schuld in einem Gerichtsverfahren aufgrund von Recht und Gesetz erwiesen ist."

      Es geht hier nicht um Schuld oder Unschuld sondern allenfalls um eine vorläufige Abwägung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes.

      Irgendwer hat hier geschlafen. Entweder der Richter oder der Anwalt hätte dafür sorgen müssen, dass die Entscheidung der zuständigen Behörde sofort nach Erlass mitgeteilt wird. Ein Tag warten war hier offensichtlich zu spät.

      An der Berichterstattung fehlt mir, wie Sami A. sein Leben in d seit 2005 gestaltet hat. Was wird ihm in Tunesien vorgeworfen? Welche Straftaten soll er in seiner al kaida Zeit begangen haben?

    • @Frau Kirschgrün:

      "Die Gesetze gelten ohne Ansehen der Person FÜR ALLE."

      Das ist richtig. Nur dumm, wenn irgendwann niemand mehr Verständnis für die Gesetze bzw. deren Auslegung/Durchsetzung hat.

    • @Frau Kirschgrün:

      "Eine "Kopf-ab"-Mentalität wirft UNS und unseren Rechtsstaat zurück ins Mittelalter."

      Ich glaube sie verwechseln etwas. Es ist der Abgeschobene, der eine "Kopf-ab"-Mentalität vertritt.

      Schade das er nicht in die USA abgeschoben wurde. Wahrscheinlich gab es kein Auslieferungsersuchen. Die US Behörden haben wohl gepennt....

      • @Der Mann, der unter einen Stein hervorkroch:

        Vielleicht sollten Sie die Schreibweise Ihres Nicknames mal auf Rechtschreibfehler überprüfen… können immer passieren, aber beim Nicknamenicht so günstig, oder?…

        • @Frau Kirschgrün:

          Ist die pure Absicht. :-)

          • @Der Mann, der unter einen Stein hervorkroch:

            Warum? Versteh' ich nicht…

  • Ich fass es nicht. Als herauskam, dass der Anis Amri, der 2016 einen Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt verübte und 12 Menschen ermorderte, ein Gefährder aus Tunesien war, der schon längst hätte abgeschoben werden sollte, war das Geschrei groß. Die Behörden hätten versagt. Und jetzt wird ein Tunesier, der nachweislich Bin Ladens Leibwächter war und als Islamist und Gefährder gilt, abgeschoben, aber ein Gericht entscheidet dagegen, weil er zum X.ten mal dagegen klagte. GUT, dass er abgeschoben wurde. Ich hoffe, er kommt nicht zurück.

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Ist meine persönliche Meinung aber wir sollten Islamisten wann immer möglich abschieben. Wenn der jetzt zurückgeholt wird hilft das nur der AFD, die Richter entscheiden da am Allgemeinwohl vorbei.

    • @83379 (Profil gelöscht):

      Er ist mit einer Deutschen verheiratet und hat drei - vermutlich deutsche - Kinder. Abschieben ist da nicht so einfach.

  • Gut, dass er weg ist.

    So ein bisschen wünsche ich mir aber auch das Drama in den Medien, der Politik und der Öffentlichkeit herbei, wenn ein Gericht urteilt, dass er wieder nach Deutschland zurückkehren muss/darf/kann.

    • 8G
      80576 (Profil gelöscht)
      @modulaire:

      Der als Gefährder und Salafist eingestufte Ex Bin Laden Leibgardist, der als Hassprediger in Deutschland unterwegs war, wird in die BRD zurückgeholt, wie gerade bei n-tv gelesen. Und da fragt man sich, warum die AfD Zulauf hat?

      • @80576 (Profil gelöscht):

        Es geht um Rechtsstaatlichkeit, nicht um Populismus – und die AfD ist m. E. Populismus in Reinform und voller Hetze und Hass.

        Hass aber vergiftet immer das eigene Herz.

        • 8G
          80576 (Profil gelöscht)
          @Frau Kirschgrün:

          Wenn einzelne rechtstaatliche Regelungen aber zu Vorgängen oder Verhältnissen führen, die kaum jemand mehr als richtig oder wenigstens als nachvollziehbar erkennen kann, dann beschädigt der Rechtsstaat sich selbst.

          • @80576 (Profil gelöscht):

            Das stimmt, aber es hilft gar nixxx, in denselben Fehler zu verfallen.



            Das ist der Zeitpunkt, ganz besonderen Wert auf die Einhaltung von Recht und Gesetz zu achten und das auch einzufordern – im Rahmen der Gesetze.

  • Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.