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Münsteraner Islam-TheologeStreit um die Seele des Islam

Mouhanad Khorchide wird von muslimischen Verbänden angefeindet und zur „Reue“ aufgefordert – und wehrt sich nun öffentlich.

Türkische Mädchen beim Islam-Unterricht. Bild: ap

BERLIN taz | Mit einem grundsätzlichen Bekenntnis zu den sechs Glaubensgrundsätzen und den fünf Säulen des Islam hat der Münsteraner Mouhanad Khorchide auf den Vorwurf reagiert, sich zu weit von den Grundsätzen seiner Religion entfernt zu haben. In einer langen Klarstellung, die er jetzt auf der Webseite seines Instituts veröffentlichte, ging er aber auch hart gegen seine Kritiker vor, die von ihm gefordert hatten, sich von einigen seiner jüngsten Aussagen zu distanzieren. In scharfen Worten schreibt er, es gebe den „Versuch einiger Personen und Institutionen, gerade den Standort Münster zu Fall zu bringen“, indem man ihm unterstelle, er würde dort einen „Staatsislam“ predigen. Dies zeuge aber „von keiner islamischen, feinen Haltung“.

Der 41-jährige Mouhanad Khorchide unterrichtet seit dem Sommer 2010 als Professor an dee Universität Münster, die seit Herbst 2010 unter anderem Religionslehrer für den Islamunterricht an deutschen Schulen ausbildet. Auf sein Buch „Islam ist Barmherzigkeit“, das im vergangene Jahr im Herder-Verlag erschienen ist, hat er viel positive Resonanz erhalten. Aber es gab auch Kritik von konservativen Muslimen, denen seine Auslegung göttlicher Barmherzigkeit zu weit ging.

Khorchide wurde als Sohn palästinensischer Flüchtlinge in Beirut geboren, wuchs in Saudi-Arabien auf und studierte in Österreich, bevor er vor zwei Jahren nach Münster kam. Seine „Theologie der Barmherzigkeit“, die er in seinem jüngsten Buch umriss, will er ausdrücklich als Alternative zu einer „Theologie des Gehorsams und der Angst“ verstanden wissen, wie sie in der islamischen Welt sehr verbreitet sei.

Angefeindet von deutschen Salafisten

Er sieht sich dabei in der Tradition verstorbener muslimischer Reformtheologen wie des Ägypters Nasr Hamid Abu Zaid oder des Frankoalgeriers Mohammed Arkoun. Von deutschen Salafisten wird er dafür angefeindet. Seine intellektuellen Kritiker werfen ihm nun „Beliebigkeit“ und „Relativismus“ vor und finden, dass er sich zu sehr an die Erwartungen einer nichtmuslimischen Öffentlichkeit anbiedere.

Diese Kritik gipfelte in der vergangenen Woche nun in einem Artikel, der in der türkisch-nationalistischen Tageszeitung Türkiye erschien. Drei prominente Islamfunktionäre aus Hamburg – Zekeriya Altug, der den nördlichen Ableger des türkischen Islamverbands Ditib leitet, Mustafa Yoldas von der Schura Hamburg sowie Ramazan Ucar vom Bund Islamischer Gemeinschaften in Hamburg – übten dort scharfe Kritik an dem Theologen. Letzterer forderte Khorchide sogar dazu auf, „Reue zu zeigen und sich wie ein Muslim zu verhalten“. Er erinnerte daran, dass in Münster künftig Lehrerinnen und Lehrer für den bekenntnisorientierten Islamischen Religionsunterricht ausgebildet würden, und stellte damit implizit deren Qualifikation in Frage. Die Islamische Zeitung, die über den Fall berichtete, nannte dies einen „für die Geschichte der muslimischen Gemeinschaft in Deutschland“ bisher einmaligen Vorgang.

Es sei ihm „ein Rätsel, warum ausgerechnet von den Islamverbänden aus Hamburg“ nun diese scharfe Kritik komme, sagte Khorchide am Montag zur taz. Er betont, dass er mit anderen Islamverbänden und auch dem „Koordinationsrat der Muslime“, deren Dachverband, ein gutes Verhältnis pflege. Erst vor kurzem sei er in zwei Ditib-Moscheen in Nordrhein-Westfalen zu Gast gewesen, in Duisburg und Paderborn, wo es eine rege und respektvolle Diskussion gegeben habe. Seine Kritiker lädt er nun zu einer öffentlichen Diskussion ein, um die unterschiedlichen Sichtweisen auszutauschen. Er sieht nach wie vor eine große Chance darin, dass „im Zuge der Etablierung der islamischen Theologie in der akademischen Landschaft ein Diskurs entsteht“.

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7 Kommentare

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  • A
    as140

    @ Karpfen: Sie haben die Aufklärung scheinbar nicht einmal verstanden, denn deren Aussage war niemals, dass die Religion im Unrecht wäre. Außerdem sind die meisten religiösen Texte metaphorisch zu sehen. Wenn übrigens nur 100 % Bewiesenes an Universitäten gelehrt werden dürfte, gäbe es ja garkeinen Stoff mehr:)

    Es mag stimmen, dass man keine Beweise pro hat, aber die Beweise der Contra Seite sind auch dürftig. Weder Evolutions-noch Urknalltheorie widerlegen die Existenz eines Gottes. Eine wissenschaftliche Studie hat ergeben, dass die Wahrscheinlichkeit für die Nichtexistenz Gottes bei 1:10^10^125 liegt. Ziemlich großer Zufall, nicht? Erklären sie mir doch einmal die "Nahtoderfahrung", wenn sie so allwissend sind. Eine Erfindung ist das offensichtlich nicht. Zuletzt bleibt noch zu sagen, dass es laut Stephen Hawkins mindestens 11 Dimensionen gibt. Wenn sie mir die alle definieren können, dann können sie es sich evtl. erlauben Religionen als Humbug zu diffamieren. Aber ich bezweifle, dass ihr Wissen über die Welt so ausgiebig ist. Ich habe auch nie einen Julius Caesar gesehen und nur alte Texte sagen mir, dass er existiert. Ich darf seine Existenz anzweifeln- tue ich zwar nicht- aber darf ich alle verspotten, die dies nicht tun, nur weil sie an ihn glauben, ohne ihn gesehen zu haben.

  • L
    Lügenprofessor

    Es geht doch gar nicht darum dem "Standort Münster zu Fall zu bringen", sondern Muslime wollen Khorchide weg haben.

    Aus Österreich wurde er auch bereits verjagt, weil er seine private Weltanschauung als Islam verkauft hat.

    Weil er etwas anderes als den Islm lehrt, sollte es auch anders benannt werden (z.B. Khorchidismus)

  • G
    Goldfalter

    Mit den genannten Herren und Institutionen verhandelt der Hamburger Senat über den "Vertrag mit Muslimen". Es hat ganz den Anschein als ob die politischen Vertreter völlig über den Tische gezogen werden.

  • K
    Karpfen

    Eigentlich hat ein "Studiengang", der auf nicht beweisbare und durch keine nachprüfbaren Fakten untermauerte Weltbilder fußt an einer Institution, die sich der Wissenschaft (richtig! das kommt von "Wissen", nicht von "Glauben") verschrieben hat, nichts zu suchen. Auch wenn ich den Versuch einer "fortschrittlicheren" Auslegung eines hermethisch geschlossenen, fiktiven Weltbildes gut heiße, so hat doch die Theologie (sämtlicher Richtungen), außer im philosophischen oder kulturgeschichtlichen Kontext, in der Wissenschaft nichts verloren. Schon garnicht die "Ausbildung" von "Lehrern", die diese Theorien (mehr ist Religion (egal welcher Ausprägung) nicht) unseren Kindern als "Wahrheit" verkaufen sollen:

    (Erde wurde in 6 Tagen erschaffen, Jungfrauengeburt, Wasser zu Wein, Himmelreich, "Leben" nach dem Tod, etc. -die Liste ließe sich beliebig fortführen-)

    Manchmal habe ich das Gefühl, daß das Zeitalter der Aufklärung an uns vorübergegangen ist.

  • P
    Pete

    Wenn diese "einschlägigen Vereine", allen voran die Ditib auf die Barrikaden gehen, muss dieser Herr etwas richtig gemacht haben.

    Für mich ein Grund seiner Arbeit beachtung zu schenken. Ich werde es mir ansehen und mir mein eigenes Urteil bilden.

     

    Vorerst bleibt zu sagen: Weiter so Herr Khorchide!

  • A
    anke

    Eigentlich hätte das einer, der eine "Theologie der Barmherzigkeit" propagieren will, schon vorher wissen können, dass er damit garantiert die Propagandisten der "Theologie des Gehorsams und der Angst" auf den Plan ruften wird - und dass diese Leute versuchen werden zu beweisen, dass ihre Theologie die einzig wahre weil Gewinn bringende ist. Womit? Natürlich, in dem sie ihrem Konkurrenten Angst einjagen. Auf dass er ihnen gehorchen möge. Vielleicht sollten wir ja alle zusammen beten. Ganz egal, ob wir glauben oder nicht. Dafür, dass der Versuch kläglich scheitert. Derartige "Schaukämpfe" nämlich sind keineswegs den Theologen vorbehalten.

  • I
    ich

    Zitat: "Er betont, dass er mit anderen Islamverbänden und auch dem „Koordinationsrat der Muslime“, deren Dachverband, ein gutes Verhältnis pflege."

     

    Seit wann bitte ist der KRM der Dachverband der islamischen Verbände? Ich würde mir wünschen, dass es einen solchen endlich gäbe, dann hätte man auch einen verfassungsrechtlichen Ansprechpartner...aber das wird noch sehr lange auf sich warten lassen.