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Münchener SicherheitskonferenzEinige Araber und Israelis einig über Trump

Einige Staatschefs finden den US-Präsidenten gar nicht so schlimm. EU-Politiker kritisieren dessen Gaza-Pläne, machen aber keine eigenen Vorschläge.

Propalästinensischer Protest anlässlich der Sicherheitskonferenz in München Foto: Ebrahim Noroozi/ap

München taz | Jedes Jahr, wenn sich in München Politprominenz, Militärs und Verteidigungsexperten zur Sicherheitskonferenz treffen, fliegen über dem Stachus die Fahnen ihrer Gegner. „Gegen die Nato-Sicherheitskonferenz“ demonstrieren Linke und Linkradikale hier. Viele von ihnen halten in diesem Jahr die Flagge Palästinas – rot, schwarz, weiß, grün – hoch. Der Krieg in Gaza ist dieses Jahr das wohl größte Thema bei dieser Anti-SiKo-Demo, nicht aber auf der Konferenz selbst.

Ein freies Palästina stand nicht auf der Agenda, im Gegenteil. „Free free Palestine“, ruft die Menge, auf einem Plakat steht: „Das israelische Militär hat mindestens 17.492 Kinder ermordet“. Unter den paar Tausend Demonstrierenden ist auch Mohammed, der nur seinen Vornamen nennt. Er ist Palästinenser, 38 Jahre alt, in München geboren, und sagt: „Ich will, dass der Genozid gestoppt wird.“ Alles spitze sich immer mehr zu, sagt er. Wenigstens humanitäre Hilfe solle in den Gazastreifen gelassen werden.

Als Mohammed am Samstag demonstriert, sind die drei großen öffentlichen Paneldiskussionen zum Nahostkonflikt bereits vorbei. Am Freitag sprachen erst Israels Außenminister Gideon Saar, dann Jordaniens Außenminister Ayman Safadi, am Abend dann der Premierminister der Palästinensischen Autonomiebehörde Mohammad Mustafa. Doch ein Konsens, was mit dem Gazastreifen geschehen soll, scheint weiter entfernt als je zuvor.

Das liegt vor allem an US-Präsident Trump, der mit dem Vorstoß, aus dem Gazastreifen eine „Riviera“ zu machen – ohne die bisherigen Bewohner –, vor der Sicherheitskonferenz den Diskurs deutlich verschob. Israels Außenminister Saar zeigte unverhohlen Freude über den Vorschlag. Er erklärte: Die Welt tue gut daran, Trump weniger dafür zu kritisieren und weniger in Mustern zu denken, die „in der Vergangenheit gescheitert“ sind.

Warum die EU skeptisch ist

Die Konferenz prägt ein zentrales Problem: Auf der einen Seite steht die US-Regierung, die im Alleingang vermeintliche Lösungen vorschlägt, wie für den Gazastreifen. Auf der anderen Seite stehen viele europäische Staaten, die mit Skepsis und Sorge auf Trumps Pläne blicken – aber selbst kaum Gegenvorschläge machen.

Das zeigte sich in einer Diskussion der Vize-Präsidentin der Europäischen Union Kaja Kallas mit dem jordanischen Außenminister Ayman Safadi. Dieser erklärte: „Wir sehen keine Alternative zur Zweistaatenlösung“ – die seit den 1990er Jahren im Gespräch ist und bisher nicht umgesetzt werden konnte. Mitverantwortlich dafür sind beide Seiten – die israelische wie die palästinensische.

Kallas pflichtete ihm bei: Europa unterstütze die Zweistaatenlösung. Dem Siedlungsbau Israels und Extremismus in den palästinensischen Gebieten konnte sie dennoch in den letzten 30 Jahren kaum Realpolitisches entgegenstellen.

Auch der palästinensische Premierminister Mustafa sagte: Die Zweistaatenlösung sei die einzige Option für Frieden. Und betonte: Die Staatschefs von Jordanien und Ägypten hätten sich deutlich gegen die Trump-Pläne ausgesprochen. „Wir müssen einen Schritt weitergehen und die Arbeit erledigen“, sagte er. Und erkannte an, dass zumindest von israelischer Seite daran wenig Interesse herrscht:

„Wir müssen über eine Lösung sprechen. Doch Israels Regierung ist nicht interessiert.“ Dass die Palästinensische Autonomiebehörde bereit sei, auch in Gaza Verantwortung zu übernehmen, ließ er anklingen: „Die Hamas sollte nicht an der Macht sein. Punkt. Sie hätten den Gazastreifen gar nicht erst übernehmen dürfen.“

Jemens Staatschef froh über Trump

Manch ein Regierungschef im Nahen Osten scheint sich auch über Trump als neuen US-Präsidenten zu freuen. So erklärte Rashad Muhammad al-Alimi, Vorsitzender des Präsidialrates des Jemen und Staatschef im Exil: Er habe ein Problem – die Huthi-Rebellen, die seit Jahren weite Teile des Landes kontrollieren und mit ihren Angriffen auf Schiffe im Roten Meer auch die Weltwirtschaft in Atem halten.

Bisher hat die Trump-Administration die Huthis wieder zur ausländischen Terrorgruppe erklärt, wie sie weiter vorgehen wird, ist unklar. Dennoch – so al-Alimi auf Nachfrage der Moderatorin – sei er froh über Trump im Weißen Haus. Auf dem Podium neben ihm sitzt die EU-Sonderbeauftragte für das Horn von Afrika, das Jemen am Roten Meer gegenüberliegt. Sie kneift die Lippen zusammen.

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4 Kommentare

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  • Medien, die Trumps Pläne oder Euphemismen wie "Umsiedlung" erwähnen müssen diese auch konsequent als Völkerrechtsverbrechen einordnen, das ist einfach der Auftrag der Medien. Ich meine damit keinen langen Kommentar, aber der Hinweis, dass es sich um eine völkerrechtswidrige Vertrebung handeln würde muss da stehen. Ansonsten verharmlost man.

  • "Auf der anderen Seite stehen viele europäische Staaten, die mit Skepsis und Sorge auf Trumps Pläne blicken – aber selbst kaum Gegenvorschläge machen." Und dann ist es ok einen völkerrechtswidrigen Vorschlag von Vertreibung/ethnischer Säuberung anzunehmen bzw. in Erwägung zu ziehen? Der Grad an Entmenschlichung hat sich ja schon in den letzten Monaten gezeigt, aber mit Trumps sog. Plan ist das wirklich noch mal ins Unermeßliche gestiegen. Schon allein das man hier ständig von "Umsiedlung" gesprochen hat und eben nicht von völkerrechtswidriger Vertreibung. Das mit keinem Wort erwähnt wird, das es Pläne gibt wie die arabische Friedensinitiative seit 2002, die 2024 nochmal von allen über 50 arabischen/ muslimischen Staaten in der UN bekräftigt wurde. Eine Initiative die Israel Frieden und Sicherheit anbietet im Tausch für einen souveränen palästinensischen Staat in den völkerrechtlich anerkannten Grenzen. Eine Initiative die sich am bestehenden Völkerrecht orientiert. Mit keinem Wort wird auch das IGH Gutachten erwähnt, das klare rechtl. Vorgaben für alle Staaten gibt und im Grunde alle strittigen Fragen zur 2-Staatenlösung rechtlich geklärt hat. Lösung: endlich Völkerrecht umsetzen!

  • "Auf der anderen Seite stehen viele europäische Staaten, die mit Skepsis und Sorge auf Trumps Pläne blicken – aber selbst kaum Gegenvorschläge machen."

    Jo, seit dem Waffenstillstand ist es plötzlich ruhig... Seit dem Waffenstillstand stellt sich ja die Frage, wer Gaza wieder aufbaut? Israel und die USA denken nicht einmal dran und die Europäer sind im Deadlock. Dass Bibi uns moralbesoffenen Europäern den Gefallen tut und einen Waffenstillstand eingeht ohne die Hamas vorher vernichtet zu haben, damit hat man in den europäischen Hauptstädten halt nicht gerechnet... Bibi pullt einmal: MESA und schon ist Ruhe im Karton!



    Die Europäer haben jetzt ihren Willen und keine Ahnung wie es nun weitergehen könnte.



    Wenn die Geiseln frei und der Zaun wieder aufgebaut ist, was dann? Welche europäische Regierung geht dann mutig voran und zeigt der Welt einmal, wie man mit viel gutem Willen und der richtigen Haltung Gaza wieder aufbaut, ohne dabei von der Hamas vorgeführt zu werden? Berlin? Madrid? Dublin? Man weiß es nicht...



    Man kann es sich jetzt aussuchen, entweder man macht es jetzt selbst, oder Trump macht demnächst einen Badetümpel draus...

  • Zwei Staaten Politik:



    Wenn Du ein totes Pferd reitet, dann steig ab.